10. Kapitel Noch 5 Tage

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„...und du bist diese Prinzessin." Endet Miles seine Erzählung. Seit fast einer Stunde redet er nun schon von Dämonen und Krieg. Von verschiedenen Dimensionen und dem Gleichgewicht. Ich kann ihm ansehen, dass er tatsächlich an all das glaubt. Und auch seine Freundin. Amy, die mich irgendwie an seine Mutter erinnert. Ich kann das alles nicht glauben. Das ist doch irrsinnig. Das kann einfach nicht stimmen. „Sagen wir mal, du sagst die Wahrheit – was natürlich völlig unmöglich ist - dann würde das ja bedeuten, dass du mich mein ganzes Leben lang belogen hast. Und nicht nur du. Dad auch. Wobei... er ist ja gar nicht mein Vater. Das ist ja irgendein Erzengel. Und ich bin ein Nephilim. Und ach ja... dann wurden wir auch noch von Dämonen angegriffen. Und du erwartest ernsthaft von mir, dass ich dir das alles glaube?"„Ich..." beginnt Miles zu reden, doch ich hebe die Hände und auf einmal sind da Wörter in meinem Kopf, die ich daraufhin laut ausspreche. Miles und Amy sind erstarrt. Ich traue meinen Augen nicht. Habe ich das etwa gemacht? Das muss ein Scherz sein. Ich gehe zu Miles und fuchtele mit meinen Händen vor seinen Augen. Doch er bewegt sich nicht. Keine von beiden bewegt sich. Als auf einmal die Türglocke klingelt zucke ich zusammen. Ich gucke auf meine Uhr. Das muss Shane sein. Sofort laufe ich zur Tür, reiße sie auf und renne die Treppen herunter. Ein verdutzer Shane steht dort. „Wo ist dein Motorroller?" frage ich ihn.„Ich bin mit dem Auto gekommen." Er nimmt meine Hand und zieht mich in ein kleines schwarzes Auto. Wir schnallen uns an und er fährt in einem Affenzahn los.„Jamie. Was ist hier los?" „Ich muss ganz schnell hier weg." Sage ich nur. Shane nickt und tritt weiter aufs Gas. Ganz kurz schicke ich ein Stoßgebet an Gott, da ich aus irgendeinen Grund noch Schuhe trage. Dann muss ich an Miles denken und was er mir gerade erzählt hat und nehme alles wieder zurück. Eines muss ich Shane lassen. Er stellt keine Fragen, sondern fährt einfach nur. Nach 3 Stunden ohne zu halten oder zu reden hält er an einem Motel. Wir steigen aus und Shane bucht ein Zimmer. Es ist ein altes Motel und hier stinkt es ganz fürchterlich. Wenn ich mir die Möbel und die Wände angucke, weiß ich auch woher dieser Geruch kommt. Die Möbel sind sehr alt und könnten ruhig mal etwas Wasser vertragen. Genauso wie der Boden. Ich traue mich gar nicht, mich aufs Bett zu setzten. Geschweige denn, es auch nur anzufassen. „Wo sind wir hier eigentlich?", breche ich das Schweigen.„Ich weiß nicht genau. Aber hier werden wir unsere Ruhe haben. Hier wird uns niemand finden. Das wolltest du doch, oder?" Schweigend beobachte ich ihn, wie er sich auf dem alten, blauen Sofa nieder lässt. Er sieht Müde aus. „Ja, das stimmt...." Ich traue mich nicht weiter zu reden, stattdessen merke ich, wie mir tränen über die Wangen laufen. Als ich dann Shanes Mitleidigen Blick sehe, bricht es aus mir heraus. Ich fange fürchterlich an zu weinen und es dauert eine Weile, bis ich mich wieder beruhigt habe. Ich weine um Emilia. Ich weine um Miles und um mein Leben. Ich weine, weil ich einfach nicht weiß, was ich jetzt machen soll. Wenn das Stimmt, was Miles gesagt hat, muss ich Kämpfen lernen und töten. Dann wird sich einfach alles ändern. Denn ganz tief in mir wusste ich es schon immer. Das ich anders bin. Dass mit Dad etwas nicht stimmt. Ich war noch nie in seinem Hotel. Und auch, dass mit Miles etwas nicht stimmt, habe ich eigentlich schon immer gewusst. Ich habe es nur einfach ignoriert. Weil ich die Wahrheit nicht wahr haben wollte. Weil ich mein Leben mag. Und egal, was ich jetzt mache, ich kann nicht mehr zurück in mein altes Leben. „Du machst mich wahnsinnig. Bitte, hör endlich auf zu weinen." versucht Shane mich zu trösten. Ich schaue in seine wundervollen Augen. Obwohl wir uns noch gar nicht so lange kennen, geben sie mir halt. Es fühlt sich an, als würde uns etwas verbinden. Und doch frage ich mich, ob ich Shane alles erzählen kann. Immerhin kennen wir uns noch nicht lange und da ist etwas an ihm, dass mich stutzen lässt. Doch ich ignoriere das Gefühl. „Heute ist einfach nicht mein Tag. Können wir vielleicht einfach nur was essen und dann schlafen gehen. Geht das?", frage ich ihn. Er nickt, nimmt meine Hand und führt mich aus dem Zimmer. Wir gehen den Gang entlang in Richtung des Speiseraums. Vor Jahren hat jemand mal versucht, dieses Motel ein wenig hübscher zu machen. Doch die ehemals schönen Bilder sind ganz ein gestaubt und vergilbt. Und wie schon im Zimmer hat auch dieser Flur-Teppich schon bessere Tage gesehen. Ich hoffe, dass sie die Ersparnisse für die Putzfrau an anderen Stellen benutzen. Wie dem Buffet zum Beispiel. Ich hoffe so sehr, dass der Speiseraum nicht ganz so dreckig ist, wie der Rest des Hauses.Als wir den Speiseraum betreten ist mein erster Gedanke, dass es sich hier am ehesten Aushalten lässt. Es ist schön groß und die Tische scheinen Tatsächlich sauber zu sein. Auch das Buffet ist gut ausgestattet.„Warum guckst du so komisch?", Shane sieht mich fragend an.„Ich gucke, ob es hier irgendwo Krabbeltiere gibt. Ich mag meinen Salat nicht so gerne mit Fleischeinlage, weißt du." Während ich also den Salat und die Restlichen Speisen auf ungebetene Gäste untersuche, packt Shane sich den Teller voll und steuert einen der vielen leeren Tische an. Beeindruckt von der Menge an Essen, die er sich vorgenommen hat, nehme auch ich mir einen Teller. Beim untersuchen habe ich Gulasch und Nudeln gefunden. Genau das brauche ich jetzt. In eine Schüssel mache ich mir noch etwas Salat und gehe zu Shane, der bereits die Hälfte gegessen hat. Beeindruckt setzte ich mich neben ihn und schaue ihn an.Ob er wohl immer so viel isst? Und wenn ja, wie kann er dann sein Gewicht halten? Shane, der meinen Fragenden Blick bemerkt guckt seinerseits auf meinen Teller.„Und davon willst du satt werden?", neckt er mich.„Definitiv. Nicht jeder hier hat einen Stoffwechsel wie du."„Ich mache einfach nur viel Sport. Deshalb muss ich auch viel essen." Lautet seine Antwort während eine weitere Gabel Käse Maccaroni in seinem Mund landet. Mein Magen brummelt also fange auch ich an zu essen. Doch dann wird mir bewusst, dass meine Letzte Mahlzeit Emilias Spaghetti waren und plötzlich habe ich keinen Hunger mehr.„Was ist los?"„Nichts. Ich habe einfach nur keinen Hunger."„Aber dein Magen knurrt. Du solltest wirklich was zu dir nehmen. Du siehst aus, als würdest du jeden Moment umkippen." Besorgt schaut er mich an. „Ich mache mir wirklich sorgen um dich."Ich nehme eine Gabel mit Nudeln und schiebe sie mir in den Mund. Lustlos kaue ich darauf rum. Nachdem Shane auch noch den Rest meiner Nudeln gegessen hat, gehen wir wieder zurück in unser Zimmer und obwohl ich angst habe, mir hier eine Krankheit einzufangen, ziehe ich mich aus und lege mich zu Shane ins Bett. Wiedererwartens falle ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Nephilim - Die PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt