Kapitel 7

16 1 0
                                    

Als ich nach der letzten Stunde zu meinen drei Freunden stieß, war Hanamaki bereits dabei Matsu mit irgendeiner alten Geschichte aufzuziehen. Es ging wohl um einen Vortrag, den die beiden mal zusammen gehalten hatten und bei dem sich Matsu vor der ganzen Klasse blamiert hatte. Ich war nicht dabei gewesen und konnte mit der Geschichte recht wenig anfangen. Normalerweise hätte ich nach Einzelheiten gefragt, um ebenfalls über meinen Kumpel lachen zu können. Diesmal stand mir nicht der Sinn danach.

Ich stellte mich einfach nur daneben und schaute den beiden bei ihrer Kampelei zu. Dabei versuchte ich, den Blick von Iwaizumi zu ignorieren. “Du bist einfach kein guter Redner, Matsukawa. Deswegen bin ja auch ich Kapitän geworden”, zog ich meinen Freund in betont lockeren Ton auf. Innerlich jedoch schmerzten mich meine eigenen Worte. Ich wollte nicht an Volleyball denken. Wollte nicht daran denken, dass ich Kapitän gewesen bin und dass ich versagt hatte. Dass ich vor meinen Kameraden damit prahlte war eher ein alter Reflex. Früher war ich tatsächlich ehrlich stolz gewesen. Volleyball war das einzige gewesen, worauf ich irgendwie stolz sein konnte. Jetzt war dem nicht mehr so.

Mein Blick traf den von Iwaizumi, der mich immer noch eindringlich anstarrte. Stumm fragte ich ihn mit meinen Augen: “Was ist?”

Iwaizumi schüttelte den Kopf. Normalerweise konnten wir uns ohne Worte verstehen, aber diesmal wollte ich das gar nicht so richtig. Denn ich wusste, was er mir sagen wollte und das gefiel mir ganz und gar nicht.

Er machte sich Sorgen um mich und wollte mir stumm sagen, dass ich aufhören sollte so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Aber ich hörte nicht auf ihn.

Wenig später machten wir uns auf zum Kino. Je länger wir Zeit zusammen verbrachten, desto mehr merkte ich, wie gut es mir tat, wieder bei meinen Jungs zu sein. Durch die Prüfungen und besonders seit dem Streit mit Iwaizumi hatte ich sie kaum noch gesehen. Doch jetzt war es fast so, als wäre ich nie weg gewesen.

Auf den Kinostart des Films hatten wir schon länger hingefiebert. Es war ein klassischer Actionfilm, so wie wir es alle mochten. Durch die Prüfungen hatte ich das allerdings schon wieder vollkommen vergessen. Jetzt jubelten wir, als die Musik endlich startete.

In den ersten Minuten fiel es mir leicht, mich von der Story mitreißen zu lassen. Ein junger Held, der einen Schicksalsschlag erleiden musste, am Boden lag und dann wieder aufstehen musste, um gegen das Böse anzukämpfen. Doch plötzlich konnte ich nicht mehr nur die Story des Helden sehen, sondern auch mein eigenes Leben wurde mir wieder bewusst. Ich wollte genauso gerne wie der Protagonist aus der Asche auferstehen und für das kämpfen, was mir wichtig war. Etwas erreichen. Doch ich wusste nicht, ob mir das jemals wieder gelingen würde.

Was, wenn ich es nicht nach Argentinien schaffte? Ich hatte keinen Plan B. Und was war, wenn ich zwar nach Argentinien ging, mich das aber auch nicht weiter brachte? Wenn ich immer noch unglücklich blieb? Schließlich hatte ich gar keine Ahnung, was ich überhaupt im Leben wollte!

Panik stieg in mir auf. Ich versuchte mich zu beruhigen, mich auf den Film und auf meine Freunde zu konzentrieren. Doch es gelang mir einfach nicht.

Verdammt, Toru, reiß dich doch mal zusammen.

“Ich muss kurz zur Toilette”, murmelte ich in Iwas Richtung, ohne dass ich es wirklich geplant hatte. Und dann rannte ich auch schon in Richtung Ausgang.

Ja, die Toilette war wenigstens ein Ort, an dem ich mich verstecken konnte. An dem keiner sah, wie ich mich fühlte und an dem ich meine Mauern wieder aufbauen konnte.

Also rannte ich, als hätte ich Durchfall. Es war mir egal, wer mich dabei sah. Erst als die Tür der Kabine zufiel, konnte ich meine Tränen freien Lauf lassen. Und jetzt wo ich damit angefangen hatte, konnte ich gar nicht mehr aufhören zu heulen.

Coming Home (Oikawa x Iwazumi FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt