Kapitel 9

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Eine Woche später stand ich auf dem Flughafen in Argentinien. In San Juan. Allein.

Ich hatte echt keine Ahnung, was ich jetzt tun sollte. Man hatte mir gesagt, dass jemand kommen würde, um mich vom Flughafen abzuholen. Was ich nett fand. Aber woher sollte ich wissen, wer diese Person war.

Okay, einen Schritt nach dem anderen. Als erstes musst du deinen Koffer abholen, sprach ich mir selbst gut zu.

Sofort machte ich mich auf dem Weg. Als ich mein Gepäck wieder sicher bei mir wusste, checkte ich aus. Und da stand sie. Ein riesiges Schild in der Hand mit dem Namen der Organisation, bei der ich das Auslandsjahr machte. Oh Gott, dass musste sie sein. Zum Glück stand nicht in riesigen Lettern mein Name dort auf dem Schild.

Aufgeregt schwenkte die junge Frau das Schild nach links und rechts und schaute sich dabei nach mir um. Ich nahm mir noch einen Moment sie genauer zu betrachten. Ihr Kleidungsstiel war... außergewöhnlich, um es nett zu sagen. Sie trug ein rosa T-Shirt mit einem riesigen Katzenkopf bedruckt, darüber stand "Power Kitten", dazu eine türkise Hose, die so gar nicht dazu passen wollte. Ihre kurzen Haare hatte sie in zwei Pigtails zusammengebunden, darüber ein gelbes Cappie. Schräg.

Egal, ich musste da jetzt hin.
Vorsichtig trat ich an die Person heran. "Holla", sagte ich lahm. Ich war wirklich fertig und fühlte mich ein wenig geblendet von diesem energetischen Mädchen. Irgendwie erinnerte sie mich an diesen kleinen Mittelblocker von der Karasuno.

Sie begrüßte mich ebenso fröhlich zurück. "Du musst Toru sein!", sagte sie auf Spanisch.

Ich nickte, auch wenn es seltsam war, von einer Person, die ich nicht gut kannte, beim Vornamen genannt zu werden.

Und schon begann sie wild drauf los zu plappern. Auf Spanisch wohl gemerkt, weshalb ich nur einige Fetzen verstand. Ich versuchte, mir das nicht anmerken zu lassen. Sie sollte nicht bereits in den ersten 10 Minuten merken, wie schlecht mein Spanisch war. Ich hatte die letzten zwei Wochen zwar versucht, meine Kenntnisse wieder aufzufrischen, doch nun fühlte es sich so an, als hätte das rein gar nichts gebracht.

"Wie heißt du eigentlich?", fragte ich sie dann und stoppte so den Redefluss des Wirbelwinds. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass sie mir ihren Namen genannt hatte.

Sie entschuldigte sich mehrmals. "Marina", stellte sie sich schließlich vor.

Marina führte mich zur nächsten Bushaltestelle und wir fuhren mit einem ganz normalen Linienbus in Richtung Innenstadt. Ich starrte aus dem Fenster. Die Häuser hier sahen ganz anders aus als zuhause in Japan. Und auch die Pflanzen an den Straßenrändern. Hier gab es Palmen! In der Ferne konnte ich rote Berge sehen. Alles sah geradezu paradiesisch aus und normalerweise hätte ich mich darüber gefreut. Ich liebte den Sommer und fremde Gegenden.

Aber gerade konnte ich mich nicht dafür begeistern. Ich fragte mich einfach nur, was ich mir dabei gedacht hatte. Das ganze nächste Jahr würde ich hier verbringen. Ganz weit weg von allem, was ich kannte. Ich starrte aufs Meer. Wenn ich mich recht erinnere, lag in dieser Richtung, hinter den Bergen irgendwann das Meer. Und auf der anderen Seite des Meers lag Japan. Mit meinen Eltern und Iwaizumi und...

"Du sprichst nicht besonders viel, oder?", riss mich da Marina aus meinen Gedanken.

Ich fuhr zu ihr herum. Ich hoffte, dass ich nicht so schrecklich aussah, wie ich mich fühlte und gab mir Mühe, die Maske wieder aufzusetzen. Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie es sich anfühlte, ein arrogantes Gesicht zu ziehen und hoffte dass es überzeugend wirkte.

"Ich bin halt nicht so nervig wie du, ja", antwortete ich ihr nur.

Marina starrte mich fassungslos an. Bingo. Den Rest der Fahrt redete sie kein Wort mehr mit mir. Als wir aussteigen mussten, fasste sie nur stumm meinen Arm und zog mich nach draußen. Aha, anscheinend wurde sie nicht oft nervig genannt, oder gerade doch?

Coming Home (Oikawa x Iwazumi FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt