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»Leider? Gefällt dir die Polizeiarbeit nicht?«, etwas erstaunt über seine Aussage war ich schon, theoretisch, hätte er doch auch einfach was anderes machen können, wenn ihm sein Beruf nicht gefällt. »Nein, so war das nicht gemeint. Es ist halt schon manchmal blöd, wenn man, so wie heute, unterwegs ist und sich alle über irgendwelche Arzt-Themen unterhalten und man selber einfach absolut nicht mitreden kann. Also keine Frage, ich liebe meinen Beruf, aber manchmal wäre es schöner, auch mal mitreden zu können«, die Aussage konnte ich schon irgendwie nachvollziehen. Es ist bestimmt nicht cool, wenn man als einziger Polizist in einer Arztrunde dabei ist. Aber wenigstens kann er das Gesetzbuch auswendig. Dieser Gedanke ließ mich dann doch wieder schmunzeln.

»Warum grinst du jetzt so?«, belustigt werde ich von meinem Gegenüber beobachtet.
»Ach nichts. Mir kam gerade ein Gedanke in den Kopf, aber es ist nichts Wichtiges.«
Die Aussage nickte er jetzt nur lächelnd ab. »Und wie ist es jetzt Schmerz technisch?«, ach stimmt, da war ja etwas.
Augenverdrehend gab ich ihm nun endlich seine Antwort. »Klar tut es weh, aber was erwartet man, wenn man unvorbereitet, mit voller Wucht, auf eine Kante fällt«, das klang mehr nach einer Frage als nach einer Antwort. »Außerdem ist das jetzt vielleicht auch einfach die Kombination mit der Überforderung gewesen. Das geht gleich sicherlich wieder«, für mich war es nicht so schlimm. Ich hatte schon des Öfteren Verletzungen jeglicher Art im Rippenbereich gehabt. Das geht alles von selbst wieder weg und auch blaue Flecken sind vollkommen normal.

Immer wieder nickte der Polizist neben mir mit dem Kopf, während ich so erzählte. »Ja klar, aber wenn es etwas Schlimmeres ist, wäre es schön zu wissen. Nicht, dass nachher aus dem Nichts, was weiß ich, passiert!«
Ich kann ihn ja irgendwie verstehen, das steht außer Frage. Aber bis mein Kopf akzeptiert, das anschauen zu lassen, bin ich schon zweimal weg vom Fenster.

»Na ja, dann will ich dich mal nicht weiter aufhalten. Bleibst du noch kurz draußen?«
Leicht überfordert nickte ich nur mit dem Kopf. Warum muss er jetzt plötzlich wieder so schnell rein? Irgendwie kam es mir komisch vor. Eventuell mache ich mir aber auch einfach nur wieder viel zu viele Gedanken.

Tom war schon seit bestimmt zwei Minuten wieder nach drinnen verschwunden, ertönte plötzlich ein zweites Mal neben mir ein Geräusch. Herzinfarkt lässt grüßen.

Erschrocken stieß ich ein weiteres Mal an diesem Abend von der Wand hinter mir ab und erlebte gleich darauf ein Déjà-vu.
»Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken«, genauso erschrocken über meine Reaktion, stand Phil vor mir. Zumindest kann ich ihn zweifelsfrei identifizieren, mit ihm hatten wir ja schon mehrere Konversationen und Begegnungen an diesem Abend.
Leicht kniff ich meine Augen zusammen. Das hat er jetzt nicht wirklich gemacht, oder?
Entschuldigend hob Tom, welcher hinter Phil im Schatten stand, die Arme.
»Du brauchst ihn gar nicht so unbegeistert anzuschauen, er hat genau das Richtige getan.«
Phil schien es überhaupt nicht zu interessieren, was ich über diese Aktion dachte. Na, danke auch. Ich stieß mich ziemlich unelegant von der Wand ab und wollte wieder nach drinnen verschwinden. Dass mir das nicht gestattet wird, hätte ich mir fast schon denken können. Einen ganzen Schritt konnte ich mich von der Wand entfernen, bis ein Griff an meinem Oberarm mich abhielt, den Weg fortzusetzen. Stocksteif, unfähig mich zu bewegen oder zu drehen, stand ich nun da. »Ich lasse dich sofort wieder los, wenn du mir versprichst, nicht sofort abzuhauen.«

Um die Berührung an meinem Körper loszuwerden, würde ich gerade alles tun, also nickte ich leicht. Die Hand ließ mich los und ich musste kurz meinen Herzschlag wieder unter Kontrolle bringen, bis ich mich wieder zurück an die beiden Männer wenden konnte. Seufzend ließ ich mich wieder an die Wand fallen und wartetet darauf, was Phil jetzt vorhat. »Ich will dich nicht lange ärgern, mich aber wenigstens versichern, dass du nicht doch irgendetwas hast!«
Der bestimmende Ton in seiner Stimme ließ mich darauf schließen, dass ein weiterer Fluchtversuch sich nicht lohnen wird.

Tief durchatmend ließ ich plötzlich einen Satz meinem Mund entweichen, von dem ich es nie erwartet hatte. »Okay, aber wirklich nur eben kurz und dann lasst ihr mich in Ruhe. Abgemacht?«

Tom grinste mich plötzlich freudestrahlend an und nickte. Wenigstens einer, der scheinbar stolz auf mich schien.

»Machen wir so, solange es nichts Ernsteres ist!«
Phil muss wohl immer das letzte Wort haben.
»Aber erzähl erstmal. Schwindel, Kopfschmerzen? Bist du mit dem Kopf aufgekommen? Kannst du noch vernünftig atmen, oder fällt dir das schwer? Und denkt überhaupt nicht erst daran, mich anzulügen. Sonst fahre ich das komplette Programm auf und dann liegst du im Krankenhaus.«

Wie zum Teufel kam er jetzt bitte darauf, dass ich wirklich überlegt hatte, ihm nicht alles zu erzählen? ...

»Möchtest du auch noch wissen, wann ich das letzte Mal duschen war?«, ich kam mir ein bisschen vor, wie in einem Verhör. Ich bin verdammt nochmal gefallen. Ich habe mir nicht fünf Körperteile abgehackt.

Das Böse, was mir jetzt in Phil seinem Blick entgegenflog, ließ mich darauf schließen, dass er es nicht so witzig fand und wirklich bereit war, alles zu tun.

»Ich habe heute einfach wenig gegessen und getrunken. Darauf Alkohol ist keine gute Kombination. Schwindel dadurch, ja. Aber nicht durch den Sturz. Leichte Kopfschmerzen, aber ich bin nicht mit dem Kopf aufgekommen. Da bin ich mir sicher. Schmerzen beim Atmen, ja. Aber die hättest du sicherlich auch, wenn du mit voller Wucht auf deine Rippen knallst.«

Aufmerksam wurde ich beobachtet, während ich erzählte.
»Klingt nach keinem Kollateralschaden, ist schon mal gut. Magst du mir die Rippen einmal eben zeigen? Eventuell kann man ja schon etwas erkennen, wer weiß.«

Ein kurzes Schmunzeln, aufgrund seiner ersten Aussage, kam mir ja dann doch schon über die Lippen. Meinen Pullover zog ich hoch, um Phil einen Blick auf meine Rippengegend zu gewähren. Seit wann war das bitte so Blau?
Erstaunt schaute auch ich jetzt auf die Gegend. Phils tiefer Atemzug, sagte mir schon, dass es gleich noch mehr wehtun wird. Stöhnend schaute ich ihn an. »Nein oder?«

Entschuldigend schaute er mich auch an. »Doch, das werde ich einmal eben abtasten müssen. Sorry«

Scars tells Stories || ASDS / AS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt