- 01

53 6 0
                                    

Ich renne.

Meine Beine schmerzen und mein Atem ist so laut daß ich befürchte er könnte mich verraten.

Dicht hinter mir, in den Wäldern Burtons sind sie, lauern und warten ab, bis sie mich greifen und zurück in die Tiefen der Hölle zerren können, aus der ich gerade so entkommen bin. Ich will nicht aufgeben, nicht stehen bleiben aber meine Beine versagen mir den Dienst und ich falle.

Tief.

Der Aufprall ist kaum spürbar, hält mich die Angst und Panik doch fest in ihrem Griff. Ich bin verloren und kann nichts dagegen tun...

« Avery? »

Ich reiße die Augen auf. Das helle Licht der Deckenlampe über mir lässt mich blinzeln, ich weiß erst gar nicht wo ich bin. Dann drehe ich den Kopf und starre direkt in Emmett's freundliches Gesicht - die leichten Sorgenfalten graben sich mittlerweile tiefer in sein sonst glattes Gesicht. « Was ist los?! »

« Du bist eingeschlafen. Entschuldige das du auf mich warten musstest, aber ich musste nach den anderen sehen... Wie geht es dir heute? Wieder einen dieser Alpträume? »

Emmett hat sich zu meinem Therapeuten erklärt, als vor rund einem Jahr die Hölle über mein Leben kam. Er hat mich, genauso wie Alaric, nicht nur durch die Genesung begleitet sondern auch dafür gesorgt das letzterer sich bereit erklärt mich nicht in Watte zu packen - obwohl er es so sehr wollte - sondern weiter an meinem Training zu feilen. Es gibt noch etwas, das ich erledigen muss, das mich nicht los lässt. Und ich kann nicht eher ruhen und versuchen all das erlebte zu vergessen, bis auch der letzte der Kuttenträger - allen voran Eve - tot ist.

« Äh... Ja... Das übliche. Sie... Jagen mich. Aber... Mir geht es gut. »

Ich wiegle ab wie es mir wirklich geht, verschließe mich wie ich es seit einem Jahr tue. Die Mauern um mich selbst, um mein Herz und meine Seele, aber auch um meinen Körper und Geist sind so hoch, daß nicht einmal Alaric es schafft sie zu erklimmen. Ich halte ihn absichtlich auf Abstand, kann seine Nähe nur ertragen wenn er mir nicht zunahe kommt. Viel zu tief sitzen die Narben der Verletzungen, die ich erlitten habe.

Emmett scheint mir meine Aussage nicht abzukaufen, was ich deutlich an seinem Blick ablesen kann. Trotzdem nickt er, wirkt gedankenverloren ehe er erneut spricht.

« Ich hab von eurer Trainingseinheit gehört. Du hast es geschafft Ric zu besiegen. Das ist gut. Du machst Fortschritte. Denk aber immer daran auch mal Pausen einzulegen, schließlich bist du keine Maschine. »

Jetzt bin ich es, die eher unglaubwürdig nickt. Er hat ja keine Ahnung wie viel Kraft es mich gekostet hat Alaric zu überlisten, bis ich ihn schließlich auf den Knien direkt vor mir hatte - mit einem Messer an seinem Hals. Der Blick den er mir zugeworfen hat erinnerte mich an die Zeit, in der ich dachte das mein Stalker das schlimmste sei das mir passieren könnte. « Du könntest heute mit Jess einen Spaziergang machen. Das täte euch beiden gut. »

« Klar. Wieso nicht... »

Ich verlasse Emmett's Büro.
Vor der Tür des Bates warten bereits ein paar Männer, die ihre Waffen unter ihren Mänteln versteckt haben um kein Aufsehen zu erregen - allerdings weiß ich sehr genau das sie nicht so harmlos sind wie sie den Anschein machen. Völlig entspannt steige ich in den Wagen, rutsche auf der Rückbank in die Mitte und warte, bis die beiden einsteigen und mich zurück zur Halle bringen, die mittlerweile zu meinem Zuhause geworden ist.

In der Halle angekommen ist Eugene der erste der mir über den Weg läuft. Von der anfänglichen Schüchternheit mir gegenüber ist von seiner Seite aus nichts mehr zu spüren und man könnte sogar sagen das sich zwischen uns so etwas wie Freundschaft entwickelt hat. Neben ihm taucht Jess in ihrem Rollstuhl auf, ein breites Lächeln auf den Lippen. Trotz allem was sie erlebt hat... Besonders dem Verlust ihrer beiden Beine... Hat sie ihren Optimismus nie verloren, was ich ehrlich gesagt bewundere.

DARKER VOL 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt