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Miguel hier zu wissen - mit Alaric in unmittelbarer Nähe macht mich furchtbar nervös und anfällig, ständig auf meiner Lippe herum zu kauen. Ich habe ihn darum gebeten ihn nicht zu töten, aber ich habe den Blick gesehen den er für einen Wimpernschlag gezeigt hat... Und der hat mir alles verraten. Er wird ihn nicht leben lassen. Nicht nachdem er mich entführt und verschleppt hat. Nicht nachdem er mir weh getan hat. Alaric ist es egal ob ich nur durch Miguel's Hilfe überlebt habe - er wird ihn töten. Also ist es an mir alles daran zu setzen damit das nicht passiert.

Die Männer verbringen außergewöhnlich viel Zeit im abgelegenen Teil der Halle und als ich mich auf den Weg dorthin mache kann ich ein paar der Männer sehen, die für Alaric arbeiten. Keiner von ihnen lächelt und jedesmal wenn ich auch nur in ihre Nähe komme beginnt mein Herz unkontrolliert zu rasen, was mich in die Flucht schlägt - aber ich muss die Zähne zusammen beißen und weiter laufen um zu erfahren was sie treiben. Kaum habe ich einen der Männer hinter mir gelassen nuschelt er was, was ich nicht verstehe und prompt taucht Alaric vor mir auf. Er sieht weder verletzt noch Blut beschmiert aus - was mich nur noch nervöser macht.

« Alles okay? »

Er wirkt ruhig und überhaupt nicht gestresst. Nichts an seinem äußeren, nichts an seinem Verhalten deutet auf irgendwas hin. « Das wollte ich dich fragen. Was macht ihr zwei? »

Mit verschränkten Armen und einem ernsten Ausdruck im Gesicht starrt er mich an, rührt sich nicht mal ansatzweise... Und die Art wie er mich ansieht lässt mich leicht frösteln. Ich kenne ihn, weiß das er etwas verheimlicht, nur weiß ich noch nicht was es ist - oder wie schlimm. Als schließlich Miguel zu uns stößt und ebenfalls unbeschadet aussieht beginne ich an meinem Verstand zu zweifeln. Würde ich es nicht besser wissen könnte man denken sie verstehen sich gut. « Wir klären nur ein paar Dinge die Lucia und Eve betreffen. »

Alaric nickt als Miguel sich erklärt. Ich werde nicht mehr erfahren, weshalb ich gar nicht erst versuche zu bohren... Aber trotzdem beschleicht mich das ungute Gefühl, das sie etwas verbergen. « Ich komme nachher noch kurz zu dir, wenn das in Ordnung ist. »

« Ja... Klar. »

Die beiden Männer verschwinden und ich bleibe zurück mit unheimlich vielen Fragezeichen, die meine Gedanken völlig auf den Kopf stellen.

Ich liege bereits im Bett als es leise klopft. Ich weiß wer auf der anderen Seite um Einlass bittet, allerdings weiß ich nicht ob ich bereit dazu bin. Seit Stunden habe ich mich in diesen vier Wänden zurück gezogen und nur an die Wand vor mir gestarrt, versucht, alles Neue irgendwie zu verarbeiten - obwohl ich noch nicht mal ansatzweise das verarbeiten konnte, was passiert ist. Es ist wie eine Lawine die auf mich zu rollt und der ich nicht ausweichen kann, die mich mit sich zerrt und verschlingt... Tiefer und tiefer, sodass ich noch mehr Mühen investieren muss, um mich heraus zu kämpfen.

Als es wieder klopft reißt mich das aus meinen wirren Gedanken und ich schlucke, ehe ich es schaffe auf das klopfen zu antworten. « Ja? »

An dem Ort an dem ich war hat sich niemand die Mühe gemacht anzuklopfen. Man war jederzeit zugänglich, ob man dazu bereit war oder nicht. Es ist schwer diese Erinnerungen jetzt irgendwie zu unterdrücken, wo doch mein Kopf mir immer wieder Streiche spielt. « Ich dachte du schläfst vielleicht schon. »

Alarics Gesicht taucht vor mir auf, ersetzt das von Antonio und Dan. Meine Haut kribbelt als würden hunderte Ameisen auf Wanderschaft gehen. « Bist du es nicht leid? Irgendwie... »

« Was meinst du? »

Ich zögere. Die Worte liegen mir auf der Zunge, wollen meinen Mund jedoch nicht verlassen. « Wenn du dich damit meinst... Vergiss es. Es gibt nichts was du sagen oder tun kannst um daran etwas zu ändern wie ich dich sehe, Avery. »

Es sind Worte die jede Frau vermutlich gerne hören würde, doch bei mir lösen sie Zweifel aus. Ich bin nicht mehr die selbe Frau wie vor der Hölle und irgendwann wird er es auch so sehen. « Sieh mich an. » flüstert er und ich hebe den Kopf. Er wirkt nicht wie jemand der Mitleid mit jemandem hat, aber genauso sieht er mich seit dem Tag an, an dem er mich aus der Hölle geholt hat... « Du wirst immer mein Vögelchen bleiben. »

Bevor er mich allein lässt macht er Anstalten auf mich zu zu kommen, was ich sofort abblocke. Egal wie mutig ich bereits gewesen bin, jetzt falle ich einfach in mich zusammen... Will alleine sein, mich in meinem Elend baden.

Ich schrecke auf und schreie, spüre die Hand des Fremden an meinen Brüsten. Sie brennen und ich will mich los reißen, kann die Starre allerdings nicht besiegen in der ich feststecke. Ich schreie voller Panik aus vollem Hals, versinke in den Tiefen meines Traumas, umgeben von dunklen Gestalten die mich mit ihren scharfen Krallen weiter in die Tiefe reißen wollen.

Und dann höre ich sie... Eine Stimme, leise und dumpf, als wäre sie schrecklich weit weg. Sie wird lauter, eindringlicher und schließlich öffne ich die Augen. Das helle Licht der Lampe über mir lässt mich erst gar nichts erkennen, doch dann sehe ich Alaric's Gesicht, das mich besorgt ansieht. Er trägt nichts weiter als eine Jogginghose, seine Haare sind von mehrmaligem durchfahren total verwuschelt. Sobald ich ihn vollständig erkenne verschwinden die Gestalten und die Dunkelheit, wenngleich ich sie auch trotzdem noch spüre. Ich schaue an mir herab und sehe das Laken in das ich eingewickelt bin - mein Bein hat sich verheddert.

« Es ist alles okay... Ich bin da. » flüstert er und hält meine Hand als wäre es das normalste auf der Welt - was es irgendwie auch ist. Nur ich bin nicht mehr normal...

Ich kann nicht richtig atmen weil die Panik mir noch immer in den Knochen hängt und ich beginne zu weinen, obwohl ich es nicht möchte. Der Schmerz und die Wut verzehren mich vollständig, lassen nichts mehr von mir übrig... Und Alaric bekommt alles ab, weil ich mir nicht mehr zu helfen weiß. « Fass mich nicht an. »

Ich sage es und im selben Moment tut es mir leid. Mir tut es leid, daß er so behandelt wird... Obwohl er nichts getan hat. Er hat mir diesen Schaden nicht zugefügt aber er ist es, der alles ausbaden muss. Sein starrer Gesichtsausdruck brennt sich in meine Erinnerung genauso wie das Gift das mich zu einem Wrack werden lässt.

Und dann lässt er meine Hand los. Wortlos verlässt er den Raum ohne sich noch einmal zu mir zu drehen und in diesem Moment weiß ich einfach sicher, daß ich ihn verliere. Das ich das was wir haben oder hatten mehr und mehr verlieren werde. Ich will etwas sagen, ihn aufhalten, aber ich kann nicht. Die Dunkelheit lässt mich nicht, hüllt mich erneut ein.

In dieser Nacht finde ich keinen Schlaf mehr. In dieser Nacht ist es das Geräusch eines gebrochenen Herzens, das ich ganz deutlich vernehmen kann. Und ich weine heiße Tränen.

DARKER VOL 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt