The best coincidence

twelve

August, 2044

Nervös wippte Raya von einem Bein auf das andere; von links nach rechts und von rechts nach links.
Sie war aufgeregt und das mehr als nur ein bisschen.
Ihr ganzer Körper wurde von Adrenalin geflutet; vielleicht war es das, was sie so zappelig machte.
Sie versuchte, sich zu beruhigen; das zu beherzigen, was ihr Vater ihr gesagt hatte.
Ruhig atmen, sich auf den eigenen Atem konzentrieren und alles andere um sich herum ausblenden.

Heute war ihr erstes richtiges Profispiel; ihr erstes Spiel für Leverkusen bei den Profis und dazu gleich ihr erstes Spiel von Anfang an.
Sie freute sich keine Frage, aber da war auch eine ordentliche Portion Aufregung.
Nicht zuletzt, weil sie heute vor etwas dreißigtausend Menschen spielen würde, die sie alle ansahen und alle kannten; allein schon wegen ihres Nachnamens. 
Aber auch, weil heute ihre Väter mit im Stadion saßen. Sie wusste, dass sie sie nicht vergleichen würden und immer stolz auf sie sein würden; egal sie sie spielte, aber es kurbelte ihre Aufregung trotzdem an.

Jamal und Flo hatten ihr auch angeboten, nicht ins Stadion zu kommen, damit sie sich nicht mehr unter Druck gesetzt fühlte als sowieso schon, aber Raya hatte das abgelehnt. 
Sie wollte ihren Eltern auch zeigen, was sie konnte und sie stolz machen.
Außerdem waren die beiden heute nicht allein gekommen. 
Erik war extra für sie aus Dortmund hierher gekommen, um ihr zuzusehen.
Schon seit ihrer Kindheit verband die beiden ein enges Band, das sich auch über die Jahre nicht gelockert hatte.
Sie hatten noch immer regelmäßig Kontakt und wenn es etwas Wichtiges gab oder etwas, das Raya bedrückte, war Erik der erste, der davon erfuhr; und andersherum.
So im Nachhinein war Raya ihren und Eriks Eltern echt dankbar, denn ohne sie und ihre Freundschaften zueinander wären Erik und sie niemals auch so gute Freunde geworden.

"Raya, kommst du? Wir müssen raus."
Aufmunternd hatte Lena, ihre Kapitänin, ihr eine Hand auf die Schulter gelegt und zeigte mit einem kurzen Nicken nach draußen auf den Rasen.
Sanft lächelte Raya. 
Auch Lena war sie so unendlich dankbar, denn sie hatte sich gut um sie gekümmert, als sie zu den Profis hochgekommen war.
Lena hatte schon einiges an Erfahrung und nahm sich den Kleinen immer an, damit diese mit ihren Ängsten und ihrer Aufregung nicht allein waren.
Dankbar nickte Raya und atmete nochmal tief durch; so wie ihr Vater es ihr gesagt hatte.
Dann folgte sie ihrem Team nach draußen zum Aufwärmen.
Sie hatte schon ein paar Mal in diesem Stadion trainiert und sich schon relativ gut an dessen Größe, die sie am Anfang etwas eingeschüchtert hatte, gewöhnt. 
Doch jetzt, wo auch die Fans da waren, war alles noch überwältigender, aber sie fühlte sich nicht unwohl.
Vielleicht hatte ihr Vater doch recht gehabt und sie hatte sich viel zu viele Gedanken gemacht, aber wie sollte man das auch nicht, wenn man wusste, dass man am Wochenende in diesem riesigen Stadion mit so vielen Fans und einer unfassbar großen Lautstärke spielen soll?

~~

"Du schaffst das, okay?"
Eindringlich sah Lena Raya an, welcher unsicher nickte.
Zufrieden nickte die Ältere und klopfte ihrem Schützling noch einmal auf die vom roten Trikot bedeckten Schultern.
Als sie aufs Feld ging, glitt ihr Blick wie von allein nach links, dorthin wo ihre Eltern und Erik saßen. Schon beim Aufwärmen hatte sie immer mal einen Blick in diese Richtung geworfen; nur um sich zu versichern, dass sie wirklich noch da waren, und jedes Mal meinte Raya, vor allem in Eriks Gesicht eine kleine Regung zu erkennen; ein kleines, aufmunterndes und liebevolles Lächeln, das nur ihr galt.
All ihre Sorgen und Gedanken, die sie vor dem Spiel gehegt hatte; ob sie das alles schaffen würde oder ob sie sich bei den Fans gleich blamieren würde; rückten sofort in den Hintergrund, als sie auf ihrer Position stand und der Schiedsrichter das Spiel anpfiff.
Ihr Kopf stellte sich aus und sie musste nicht mal etwas dafür tun; es passierte einfach, ganz automatisch.
Genauso wie ihr Vater es ihr vorher prophezeit hatte.
Sie konzentrierte sich voll und ganz auf das Spiel.
Den Rest schaffte sie komplett auszublenden.