Mehr als tausend Worte

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Note: Wir befinden uns nach Noahs Gespräch mit Karl. Er erinnert sich an die vielen Fotos, die er aus dem letzten Schuljahr noch immer hat und macht eine kleine Reise in die Erinnerungen.


POV Noah

Noah sah Karl dabei zu, wie er den Raum verließ. Irgendwie war der Betrieb in dem kleinen Zimmer in letzter Zeit eindeutig zu geschäftig geworden. Gut, Nicht-Colin wohnte eben hier, da war nichts dran zu rütteln, aber auch so generell war er oft konfrontiert damit, dass die Ruhe durch Andere gestört wurde. Ava war das Eine, über ihre Besuche freute Noah sich, denn er hatte das Gefühl in ihr eine Vertrauensperson zu haben. Vermutlich waren sie sogar Freunde, wenn er so drüber nachdachte. Aber auf den Rest hätte er durchaus verzichten können und er war damit nicht allein.

Es war so schlimm, dass Joel begonnen hatte, teilweise den ganzen Tag, zu verschwinden. Noah wusste nicht mal wo er sich aufhielt. Dabei machte er sich die ganze Arbeit für die Pastinade-Werbung und konnte nur hoffen, dass sein Zimmernachbar nicht am Ende noch 100 weitere Ideen und Änderungswünsche hatte, natürlich sobald Alles weggeräumt war.

Er setzte sich auf den Stuhl und machte sicherheitshalber noch ein paar Aufnahmen von dem Zombiegesicht und der Flasche, aber gedanklich steckte er noch im vorherigen Gespräch mit Karl. „Hab seit letzten Sommer meine Kamera nicht groß in der Hand gehabt", das waren seine eigenen Worte gewesen. Mit einem Seufzen sank er im Stuhl zurück und rieb sich über das Gesicht. „Tja, woran liegt das wohl Noah?", murmelte er zu sich selbst.

„Woran liegt was?", kam dann eine Stimme von hinter ihm und Noah zuckte zusammen. Joel tauchte links hinter ihm auf und betrachtete die blutige Szenerie auf dem Schreibtisch.
„Hast du Probleme mit der Werbung? Brauchst du noch mehr Flaschen? Soll ich doch Model stehen?", fragte der Brillenträger ihn. Aber Noah schüttelte nur den Kopf „Nee, lass mal. Ich hab alle Aufnahmen, die ich brauche. Und ich glaube das Zombie-Gesicht verkauft mehr als deins".
- „Ouch, das ist eine gemeine Unterstellung"

Als Noah nicht noch Etwas erwiderte, betrachtete Joel ihn skeptisch. Er starrte ins Nirgendwo und schien in Gedanken versunken, deshalb setzte Joel sich auf den anderen Stuhl und musterte den Blonden. „Alles gut bei dir?", fragte er nach einigen Momenten Stille schließlich, doch Noah seufzte nur. „Muss ja", meinte er mit einem Schulterzucken und machte sich daran, die Spuren des Pastinade-Blutbads auf dem Tisch zu beseitigen. Mittlerweile hatte Joel gemerkt, dass man ihn nicht wirklich zum Reden kriegen konnte, wenn er es nicht wollte, daher half er ihm nur und nach einer Weile unterhielten sie sich über das Werbeplakat und bastelten sogar gemeinsam an dem Design, bis es Zeit war ins Bett zu gehen.

Joel lag bereits im Bett und schlief, wie jeden Abend, fast sofort ein. Auch Nicht-Colin war zurückgekehrt von ihrer Schnitzeljagd oder was sie da betrieben und hatte sich sofort hingelegt und zur Wand gedreht. Nur Noah war noch wach. Er saß, mit dem Tablet an die Beine gelehnt in seinem Bett und grübelte.

Wie von allein navigierte er auf die SD-Karte, welche er aus der Kamera gezogen hatte. Die Ordner der Tage vom letzten Schuljahr waren noch alle da. Ganz am Anfang das Bild von Freddy, welches er als Alibi noch bei seinen Eltern geschossen hatte, um es glaubhaft erscheinen zu lassen, dass er sich von seinem Vierbeiner verabschiedet hatte. Wenn man den Hund zumindest ein Bisschen kannte, dann sah man schon auf dem Foto, dass er nicht traurig war. Er hätte es gespürt, wenn Noah ihn wirklich verlassen hätte, war aber seelenruhig gewesen. Allerdings hatte Noahs Mutter sich nie ausreichend mit dem Tier beschäftigt und so sämtliche Signale übersehen.

Darauf folgten einige Aufnahmen aus dem Wald, die Noah zu verschiedenen Tageszeigten gemacht hatte, wann immer er sich dort aufhielt. Sie waren weder besonders künstlerisch, noch kreativ. Er hatte manchmal einfach eine hübsche Szene gesehen, ein umgekippter Baum, an dem Moos wucherte oder durch das Blätterdach brechende Sonnenstrahlen, die ein besonderes Licht auf die Umgebung warfen. Auch hier war Freddy teilweise von der Partie, der ihn natürlich immer begleitet hatte, der aber oft eigene Dinge zu tun hatte. So im Nachhinein betrachtet war es eine echt blöde Idee diese Beweise fotografiert zu haben, als noch keiner von seinem Geheimnis gewusst hatte.

Reys Nolin OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt