12 - Der Besuch geht wieder

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Haselpfote überlegte einen Moment. Sie mochte die Idee, dass Wunschrose glücklich sein könnte und neue Geschwister zu haben klang auch nicht schlecht. Aber sie konnte Plätscherpfotes Bedenken verstehen. Ginsterkralle war oft abwesend und kümmerte sich wenig um seine Jungen. Sie wollte nicht, dass neue Junge unter ähnlichen Umständen aufwachsen mussten, aber er war immer noch ihr Vater...

"Ja, welchen denn?" entgegnete Plätscherpfote. "Ist doch keiner da."

"Doch, Aalschweif zum Beispiel!" schlug Frostpfote vor.

"Ist der nicht zu jung?" wandte Hellpfote ein. 

"Vielleicht findet Wunschrose ja einen anderen Krieger, der bereit ist, die Verantwortung zu übernehmen" fuhr Frostpfote eifrig fort. "Es wäre bestimmt schön, neue Geschwister zu haben, aber sie sollten eben auch einen liebevollen Vater haben, der sich um sie kümmert."

"Also nicht Grünnase." meinte Hellpfote amüsiert. Frostpfote fuhr herum. "Ach ja, das hab ich ja ganz vergessen! Er ist jetzt Gelbkralles Gefährte, das hat sie gestern ganz glücklich verkündet" erzählte er.

"Schön für sie, die armen Jungen, die sie später haben werden. Können wir beim Thema bleiben?" meinte Plätscherpfote mürrisch.

"Wie wäre es mit Donnerecho?" überlegte Frostpfote weiter. "Oder Wolkenschleier?"

"Wolkenschleier geht nicht." antworteten Plätscherpfote und Haselpfote gleichzeitig. Haselpfote führte aus: "Er ist jünger als sie, weil, als Vater und Mama schon Krieger waren, war er noch Schüler."

"Woher weißt du denn das?" wollte Hellfpote wissen.

"Von Kleintatze!" erwiderte Haselpfote stolz.

"Wisst ihr was? Wir sollten das Thema erstmal beiseite...tun und Haselpfote erzählen, was sonst noch so los ist." meinte Plätscherpfote, und die anderen nickten schließlich. Erleichtert leckte sich Haselpfote über das Brustfell. Sie wollte nicht, dass ein anderer Kater an Wunschroses Seite trat, egal, wie schlecht sich Ginsterkralle auch benahm.

"Wir haben Kleintatze vorhin getroffen." erzählte Frostpfote. "Sie hat uns nach unserer Nachtpatroullie gefragt, du weißt schon, die, wo wir dann den Fuchs gesehen haben." Haselpfote nickte, und er fuhr fort. "Sie hat gefragt, ob wir eine Geschichte über das Lügen hören wollen, als sie von Orkanpfote gehört hat." Haselpfote erinnerte sich, dass der sturmfarbene Kater immer behauptet hatte, im Wald wäre ein Fuchs, und da war keiner. 

"Ich hab natürlich ja gesagt, und dann hat sie mir und Plätscherpfote eine kurze Geschichte erzählt über ein Junges aus dem SchattenClan im Norden, genannt Fetzenjunges, das aus Spaß immer ganz viel gelogen hat. Und als es später immer die Wahrheit gesagt hat, wollte ihr niemand mehr glauben."

Haselpfote nickte. Sie kannte die Geschichte gut. "Und ist sonst noch etwas los?" wollte sie wissen.

"Also, Frostpfote jagt inzwischen wie ein echter Krieger, und ich habe mit Wolkenschleier viel das Kämpfen trainiert." berichtete Plätscherpfote schwärmend.

"Das ist super! Ihr werdet bestimmt bald Krieger!" antwortete Haselpfote begeistert, sie freute sich für ihre Geschwister aus vollem Herzen, als sie an ihre eigenen, lächerlichen Jagd- und Kampfversuche dachte.

"Na, so bald nun auch wieder nicht." Plätscherpfotes Augen leuchteten stolz. "Aber rate mal, wer bald aus unserem Bau auszieht: Orkanpfote, Humpelpfote, Fliederpfote und Tupfenpfote!" Sie schnurrte vorfreudig, und Frostpfote stimmte ein. 

Auch Haselpfote musste zugeben, dass es erstens ziemlich eng war, und zweitens konnte sie mit Orkanpfote und Tupfenpfote nichts anfangen, Humpelpfote war fies und Fliederpfote eitel. Und eine Petze. Sie beschloss, sobald sie wieder aus dem Heilerbau raus war, ihren Plan zu verfolgen, um sich an der Kätzin zu rächen. Doch ein rasselnder Hustenanfall holte sie rasch in die Gegenwart zurück.

"Und sonst so?" japste sie, nachdem der Husten sich verzogen hatte.

"Also, heute ist Halbmond, ich werde mit Efeusturm heute Nacht zu den Mondfelsen reisen." fiel Hellpfote ein. Haselpfote fuhr zu ihr herum. "Das sagst du erst jetzt?" miaute sie. "Du musst mir dann unbedingt alles erzählen!"

"Das geht nicht." stellte Hellpfote klar. "Das ist geheim." Haselpfote schnaubte gekränkt, aber dann meinte Frostpfote: "Dafür ist bald Vollmond, und dann ist die Große Versammlung. Bestimmt dürfen wir alle mitkommen!"

"Ja, wenn ich bis dahin gesund bin." antwortete Haselpfote bitter.

"Bestimmt, wenn heute erst Halbmond ist..." munterte Frostpfote sie auf.  "He, Hellpfote, musst du nicht bald los? Die Sonne ist doch schon untergegangen..."

"Au verflixt!" Hellpfote sprang auf. "Bis morgen!" Sie rannte um die nächste Biegung und verschwand im hinterem Bau.

Frostpfote gähnte. "Ich glaube, wir sollten jetzt auch mal gehen. Schlaf gut, Haselpfote!" Der leuchtend weiße Kater stand auf und ging in Richtung Bauausgang. Plätscherpfote verabschiedete sich und ging ebenfalls.

Haselpfote blieb allein im Bau zurück. Sie schaute auf ihre Pfoten und dachte über die Gespräche nach. Sie war froh, dass ihre Geschwister so gut zurechtkamen und stolz auf ihre Fortschritte. Doch sie machte sich auch ein bisschen Sorgen um Wunschrose und ihre möglichen Jungen. 

Einerseits wollte sie, dass sie glücklich war, andererseits wollte sie nicht, dass sie noch einmal Probleme damit hatte, dass der Vater ihrer Jungen sich nicht um sie kümmerte. Aber sie glaubte auch, dass niemand es verdiente, dass ein anderer Kater an seine Stelle trat. Vor allem nicht ihr Vater - wenigstens hatten sie einen, und etwas böses gesagt hatte er auch noch nie.

Sie beschloss, am nächsten Tag mit ihrem Vater zu sprechen und ihm ihre Bedenken mitzuteilen. Vielleicht konnte er ihr versichern, dass er sich ändern würde und sich mehr um seine Jungen kümmern würde? Oder vielleicht könnte sie sogar mit Wunschrose reden und ihr Ratschläge geben, wie sie einen geeigneten Krieger als Vater für ihre Jungen wählen könnte? Aber ob ihre Eltern, beide erfahrene Krieger, auf sie hören würden? 

Hirngespinste!

Vielleicht sollte sie mit Kleintatze sprechen?

Doch nun war erstmal Zeit für Ruhe. Haselpfote  rollte sich in ihrem Nest zusammen, um zu schlafen. Die Gedanken an ihre Familie beruhigten sie und ließen sie sanft in den Schlaf gleiten.


Schneefall - Neugier | Band IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt