ℳit schnellen Schritten folge ich dem Trampelpfad, der immer tiefer in den dicht bewachsenen Wald führt. Der Weg ist schmal und an manchen Stellen kaum zu erkennen, doch ich lasse mich nicht davon abbringen. Die Luft ist kühl und klar, und der süßliche Duft von Moos, nassem Holz und feuchter Erde erfüllt meine Lungen. Es ist eine Art von Reinheit, die den Wald umgibt, als wäre die Zeit hier stehen geblieben. Nur das gelegentliche Zwitschern der Vögel und das Rascheln der Blätter im Wind durchbrechen die Stille. Manchmal höre ich ein leises Knacken von Ästen unter meinen Füßen, was mich jedes Mal zusammenzucken lässt, als ob die Ruhe des Waldes zerbrechlich wäre.
Der Weg zieht sich endlos durch das Gelände, gesäumt von Hügeln und kleinen Tälern, die sich wie Wellen im Boden erheben und wieder absenken. Die Bäume über mir sind hoch und majestätisch, ihre dichten Kronen lassen kaum Licht hindurch. Nur hin und wieder schimmert die Sonne durch die Äste und wirft tanzende Lichtflecken auf den moosbedeckten Boden. Es ist, als würde der Wald mit mir spielen, mich herausfordern, weiterzugehen, obwohl jeder Schritt mich tiefer in das Unbekannte führt.
Nebelschwaden beginnen, sich in den schattigen Ecken zu sammeln. Sie wirken wie ein atmendes Wesen, das sich langsam und unaufhaltsam ausbreitet, die Luft schwerer und geheimnisvoller macht. Der Nebel verschluckt die Sicht, und die Schatten scheinen länger zu werden. Es ist, als ob der Wald selbst ein lebendiges Wesen ist, das mich beobachtet, jeden meiner Schritte wahrnimmt und mich prüft. Ich spüre eine Spannung in der Luft, die mich nervös macht, obwohl ich versuche, sie zu ignorieren. Die Bäume scheinen dichter zusammenzurücken, ihre Äste wie Arme, die sich nach mir ausstrecken.
Mit jedem Schritt, den ich mache, wird das Gefühl der Unruhe stärker. Ich bin jetzt 18 Jahre alt, zumindest nach menschlichen Maßstäben. Eigentlich sollte ich mich sicher fühlen, bereit, meinen Platz in der Welt einzunehmen. Aber je tiefer ich in diesen Wald eindringe, desto mehr fühle ich mich wie ein Fremder – sowohl hier als auch in meiner eigenen Haut. Die Zweifel nagen an mir. Bin ich bereit, ein richtiger Engel zu werden?
Plötzlich ändert sich die Landschaft. Der dichte Wald öffnet sich unerwartet, und eine weite Lichtung erstreckt sich vor mir. Mein Atem stockt, als ich das majestätische Schloss erblicke, das in der Mitte dieser Lichtung steht. Es ragt hoch auf, als wäre es aus der Erde selbst emporgewachsen, ein Monument aus Kristallen und schwarzem Obsidian. Der Kontrast zwischen dem glänzenden, durchscheinenden Kristall und dem dunklen, matten Obsidian ist atemberaubend. Es ist, als würde das Schloss die Balance zwischen Licht und Dunkelheit symbolisieren – genau wie die Schule, zu der ich gehöre.
Ich bleibe für einen Moment stehen und lasse den Anblick auf mich wirken. Die Aetherium Academy, meine neue Heimat. Der Gedanke ist sowohl beängstigend als auch faszinierend. Mein Herz schlägt schneller, und ein Gefühl der Ehrfurcht durchströmt mich. Gleichzeitig spüre ich eine Kälte in meinem Magen – Angst, Unsicherheit. Ich weiß nicht, was mich hier erwartet.
Ich nehme noch einmal tief Luft, bevor ich meinen Weg fortsetze. Meine Schritte sind nun langsamer, bedächtiger, als ich mich den prächtigen Marmortreppen des Schlosses nähere. Jede Stufe, die ich betrete, fühlt sich glatt und kühl an. Mein Blick bleibt fest auf das mit Blumen verzierte Geländer gerichtet, und ich versuche, meine Bewegungen so präzise und elegant wie möglich zu gestalten. Es ist fast so, als würde ich über die Stufen schweben, meine Füße kaum den Boden berühren.
Doch gerade als ich mich in diesem Moment der Ruhe und Schönheit verliere, wird die Stille durch ein schrilles Lachen durchbrochen. Ich zucke zusammen und halte inne. Aus den Schatten treten drei Gestalten, ihre Augen glühen in einem unheimlichen Rot. Es sind Dämonen – schlanke, anmutige Wesen mit schimmernder Haut, die in dunklen Tönen leuchtet. Ihre Hörner ragen gefährlich aus ihren Köpfen, und sie wirken, als würden sie die Dunkelheit selbst kontrollieren.
„Nun, was haben wir denn hier?" höhnt die erste der Dämonen, ihre Stimme ist wie das Zischen einer Schlange. Sie tritt näher, ihre Bewegungen geschmeidig und bedrohlich zugleich. Ich spüre, wie mein Herz in meiner Brust hämmert.
„Schau dir nur diesen feinen Aufstieg an," fügt die zweite Dämonin hinzu, während sie ihre scharfen Krallen über das Geländer gleiten lässt. Das Geräusch ist unangenehm, und ich zucke erneut zusammen. Ihre Stimme ist rau und schneidend, wie Schleifpapier, das über Stein kratzt.
„Das ist unsere Seite der Schule," schreit die dritte mit einem schadenfrohen Funkeln in den Augen. Sie kommt mit langsamen, anmutigen Schritten näher und strahlt dabei eine Eleganz aus, die zugleich furchteinflößend ist.
Ich senke den Blick, unsicher, wie ich reagieren soll. „Tut mir leid, ich dachte, es sei egal, welche Treppe ich benutze. Sie führen doch alle zum selben Eingang," sage ich leise und zögernd. Meine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern, und ich hoffe, dass sie meine Unsicherheit nicht bemerken.
Die dritte Dämonin lacht höhnisch. „Die andere Treppenseite ist für deinesgleichen. Also zisch ab!" Ihr Tonfall ist hart und unnachgiebig.
Ich zwinge mich zu einem schwachen Lächeln, murmele eine Entschuldigung und drehe mich um. In mir brodelt ein Mix aus Scham und Wut, aber am ersten Tag will ich auf keinen Fall Ärger mit anderen Schülern haben, schon gar nicht mit Dämonen. Wir Engel und auch die Dämonen entwickeln unsere Fähigkeiten erst nach und nach hier an der Akademie. Im Moment sehe ich äußerlich wie ein Mensch aus, doch in meinen Adern fließt das Blut eines Engels.
Ich seufze leise, als ich die Treppe hinuntersteige und zur anderen, rechts von mir gelegenen Treppe gehe. Der Blick der drei Dämonen brennt in meinem Rücken, und ich fühle mich wie ein Eindringling, der hier nichts zu suchen hat.
Ist die Schule wirklich so strikt getrennt? Wird es einen eigenen Bereich nur für Engel geben? Oder werde ich immer wieder mit solchen Begegnungen konfrontiert sein? Diese Gedanken machen mich nervös, doch ich halte meinen Gang ruhig und gelassen. Mein Blick ist fest auf mein Ziel gerichtet, und die Bemerkungen der Dämonen ignoriere ich.
Mit jedem Schritt bewahre ich die Kontrolle, lasse mich nicht aus der Ruhe bringen. Ich bin entschlossen, die Herausforderungen zu meistern, die hinter dieser großen Tür auf mich warten. Was auch immer auf mich zukommt, ich werde es schaffen. Ich muss.
Als ich schließlich vor der massiven Eingangstür stehe, spüre ich, wie sich der Knoten in meinem Magen noch fester zusammenzieht. In meinem Inneren tobt ein Sturm aus Unsicherheit und Fragen. Was ist, wenn die Schule nicht so ist, wie ich es mir vorgestellt habe? Was ist, wenn ich keine Freunde finde? Die Angst, nicht akzeptiert zu werden, nagt an mir.
Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als hier nicht nur als Engel, sondern als *ich* akzeptiert zu werden. Vielleicht, denke ich hoffnungsvoll, könnte sogar ein Dämon diese Person sein, die mich versteht. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht bei diesem Gedanken. Vielleicht sind nicht alle Dämonen so, wie man es sagt. Man hört immer, sie seien mächtig, gefährlich und unberechenbar, doch tief in mir flackert die Hoffnung, dass es auch andere gibt.
Mit dieser leisen Hoffnung im Herzen drücke ich die Tür auf und trete hinein.
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𝒜ℯ𝓉𝒽ℯ𝓇𝒾𝓊𝓂 𝒜𝒸𝒶𝒹ℯ𝓂𝓎
Lãng mạnSeraphina ist endlich alt genug, um in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten und ihre Bestimmung als Engel anzunehmen. Dafür besucht sie die Aetherium Academy, eine Akademie, in der sie alles erlernen soll, was ein Engel wissen muss - und gleichzeit...