Die Reise zu Tarrkhin war erfüllt gewesen von Schmerz und Einsamkeit. Niemand der Tarrkhin hatte anscheinend mit einer solchen Hochzeit gerechnet und ich kam mir wie ein Fremdkörper in einem organischen System vor. Die Bediensteten, die Vorak mir zur Verfügung gestellt hatte, strahlten größtenteils Angst und Feinseligkeit aus, aber verhielten sich sonst vorbildlich. Niemand auf dem Schiff schien mit mir sprechen zu wollen und mit jedem Tag der Reise hatte ich die Wärme der Helia mehr und mehr vermisst. Helia war ein Planet der Gemeinschaft: Alles spielte zusammen zu einem großen Netzwerk, in dem sich mein Volk nahtlos einfügte. Der Kreislauf des Gebens- und Nehmens war zentral in unserer Kultur und obwohl wir technischen Fortschritt errungen hatten, brachten wir ihn in eine Balance mit der natürlichen Umgebung unseres Planeten. So funktionierten wir, wir stützen uns gegenseitig und Hierarchie gab es nur in Form von der königlichen Familie, der ich angehörte. Wobei auch hier das oberste Prinzip war, dass wir unsere Leben für das Wohlergehen unseres Volkes opferten. In meiner Heimat war ich es gewohnt, dass man miteinander sprach, ich hatte Freunde und Bekannte, die nicht dem Adel angehörten und obwohl ich andere Pflichten hatte, war ich dennoch eingebunden in ein soziales Netz. Es war unser oberstes Gut, nur gemeinsam waren wir stark. Die Tarrkhin schienen anders zu sein, oder vielleicht war es auch Kaels Wut zu zuschreiben, dass ich auf der Reise mit fast niemandem gesprochen hatte. Außer abends, wenn ich mit Vorak und Kael zu Abend gegessen hatte und Vorak dabei versucht hatte ein Gespräch in Gang zu bringen. Doch Kael, dessen Wut zwar etwas abgeflaut war, blieb hart und unnahbar. Und so schlossen mich Heimweh und Sehnsucht in ihren unnachgiebigen Griff, lähmten mich und erfüllten die Tage der Reise. Jede Nacht träumte ich von meinen Eltern oder Helia und jeden Morgen war es mir schwerer gefallen das Bett zu verlassen. Als ich nach 14 Nächten aufwachte, stand meine Bedienstete, Resh, bereits in meinen Gemächern. Wie bei allen Tarrkhin war ihre Haut kalkweiß und ihr schwarzes Haar zu einem strengen Zopf frisiert. Sie trug simple schwarze Kleidung bestehend aus einer Hose und einem Hemd. „Guten Morgen, Prinzessin." Ich blinzelte und unterdrückte ein Gähnen. „Guten Morgen Resh." Überraschung blitzte in ihren Augen auf, als ich ihren Namen benutzte, aber sie senkte den Blick gleich wieder. „Wir werden heute Tarrkhin erreichen. Es ist eine weitere Hochzeitszeremonie geplant, um die Kultur des Prinzen zu ehren. Ich habe Euch bereits die Kleider herausgelegt." Die Müdigkeit fiel von meinem Körper schlagartig ab und Nervosität trat an ihre Stelle. Eine weitere Zeremonie? Kaels Gesicht blitzte vor meinem inneren Auge auf, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Idee von ihm stammte. Gedankenversunken verharrte ich einige Sekunden zu lang im Bett und Resh wandte sich zu mir um. „Prinzessin?" Ich schreckte auf, und schwang meine Beine aus dem Bett.
Einige Stunden später befand ich mich neben Kael, der wieder seine schwarze Rüstung mit silber Elementen an Schulter und Kragen trug. Kael war unverändert starr und emotionslos, doch seine Gefühle flossen in einem stetigen Strom aus ihm heraus zu mir. Die Tarrkhin wussten von der Besonderheit der Helia, Emotionen anderer lesen, sowie ihre eigenen verbergen zu können anscheinend nicht. Oder sie hielten es für einen Mythos aus alten Legenden. Trotz allem war Kaels Wut, die immer noch hell brannte, irgendwie beruhigend. Anscheinend war ich schon so weit entfernt von der Wärme meiner Heimat, dass mich Kaels Abneigung beruhigte. Ich unterdrückte einen Seufzer und richtete meinen Blick nach vorn. Die Landesequenz hatte begonnen, wir waren das letzte Shuttle der kleinen Flotte, die auf Tarrkhin landen würde, und wir hatten uns bereits vor dem großen Loch versammelt, welches sich nach der Landung öffnen würde. Resh hatte mir erklärt, dass die Adelsfamilie Draven auf Tarrkhin mit großem Enthusiasmus empfangen werden würde, da Kael durch seinen Ruf hohes Ansehen auf seinem Heimatplaneten genoss. Genau wie Kael trug ich schwarz: Einen Brustpanzer, der erstaunlich bequem und leicht war, und einen schwarzen seidenen Rock, der bis zu meinen Knöcheln herabfloss. Mein Haar war ebenfalls zu einem strengen Dutt frisiert und ich trug ausschließlich schwarzen Schmuck. An mir allerdings, ging der Kontrast auf meiner gebräunten Haut verloren und ich kam mir wie eine verwelkte Blume vor. Ich schielte aus dem Augenwinkel zu Kael herüber, der steif neben mir stand. Bis auf eine knappe Begrüßung vor einigen Minuten hatten wir seit der Zeremonie nicht gesprochen. Auch jetzt erschien er mir, abgesehen von der flammenden Wut, die ihn umgab, wie eine leblose Puppe. Ich spürte einen Stich der Enttäuschung in meinem Herzen. Würden wir beide jemals zusammen glücklich sein können? Das große Tor begann zu brummen und irgendwoher kam ein lautes Zischen. Resh, die hinter mir stand beugte sich leicht vor: „Gleich werdet ihr zum ersten Mal vom Volk gesehen und empfangen. Der erste Eindruck ist wichtig, Mylady." Ich nickte und Nervosität verkrampfte nun meinen Magen. Was wenn mich die Tarrkhin hassten? In diesem Moment öffnete sich das Loch in der Mitte, gedämpftes Licht fiel durch den Spalt und bereits jetzt konnte ich laute Jubelrufe vieler Stimmen vernehmen. Schweiß lief mir den Nacken hinunter, und ich sehnte mich nach der Wärme meiner Mutter, die mir sagte, dass alles gut würde. Und plötzlich war der Spalt offen, und die Treppe auf den Grund von Tarrkhin ausgefahren und die Jubelrufe ohrenbetäubend laut. Sie schwollen an, als Vorak heraustrat und dann waren wir an der Reihe. Resh gab mir einen kleinen Stoß und ich stolperte neben Kael hinaus auf die Treppe und wurde von kühler, frischer Luft und ohrenbetäubendem Geschrei empfangen. Ich taumelte etwas, als mir die geballte Ladung der ungefilterten Emotionen entgegenschlug, und für einen Moment verharrte ich Bewegungs- und Orientierungslos an der obersten Treppenstufe. Das Shuttle war auf einer Art Erhöhung gelandet, vor der sich eine Masse an Tarrkhin versammelt hatten, um ihren König und Prinzen zu empfangen. Wind zerrte an meinen Kleidern und mein Blick schweifte über die Massen, die jubelten und Kaels Namen riefen. Ich war wie gelähmt, es war alles zu viel, mein Herz raste und Panik machte sich in meiner Magengegend breit. Bis ich Kaels Hand an meinem Ellenbogen spürte und er sich im Meer meiner Empfindungen als Insel herauskristallisierte. Ich schwankte und versuchte mich zu konzentrieren, mich auf die Wärme von Kaels Hand zu fokussieren und richtete den Blick auf das Meer an Menschen, die sich alle versammelt hatten und nach wie vor Kaels Namen riefen, vereinzelt hörte ich aber auch meinen. Kael beugte sich zu meinem Ohr. „Geht es jetzt wieder?", sein warmer Atem streifte meine Haut und Wärme floss durch meine Adern, mein Herzschlag beruhigte sich ein wenig. Ich nickte leicht. Kael hob die Hand und winkte zu den Menschen, deren Jubel anschwoll. Ich hob ebenfalls zögerlich den Arm hob und winkte. Über eine Metalltreppe stiegen wir hinab und wurden am Fuße der Treppe von der königlichen Garde empfangen, die uns weg von den Menschenmassen hin zum Palast geleiteten. Ich hatte es verpasst von meiner erhöhten Stellung einen Blick auf das Gebäude zu erhaschen und sah jetzt nur eine Mauer, mit einem riesigen Tor, welches sich für den König, Kael, mich und die Garde einen Spalt öffnete und uns weg vom Jubel der Menschen brachte. Mit jedem Schritt verblassten die Emotionen der Menschen, die ich nicht einmal hatte identifizieren können, weil es so viele gewesen waren. Erst als das Tor wieder geschlossen war und uns die Stille des Vorhofes umgab konnte ich wieder freier atmen. Kaels Hand war nach wie vor an meinem Ellenbogen, er lief dicht neben mir, so als befürchte er, dass ich doch noch umkippte. Meine Wangen färbten sich rot. Wahrscheinlich hatte er Angst, dass ich ihn wieder blamieren würde, und das diesmal in seiner Heimat. Ich senkte den Kopf. Wir durchschritten den Vorhof, der mit Bäumen gesäumt war, die gelbe dicke Blätter trugen und glänzende Stämme hatten. Generell war es recht kühl, windig und als ich einen Blick zum Himmel wagte, bewölkt. „Heute ist ein guter Tag.", Kael der meinem Blick gefolgt war, sah mich nun von der Seite an. Ich sah zu ihm. „Wir haben lange Regenphasen auf Tarrkhin und kalte, harte Winter. Tage wie heute sind selten." Seine Augen suchten über mein Gesicht, als wartete er auf meine Enttäuschung. Auf ein Jammern, von der Sonne und Wärme verwöhnten Prinzessin. Ich straffte die Schultern, denn diese Genugtuung würde ich ihm nicht geben, würde keine Schwäche zeigen. Ich sah einfach weg und konzentrierte mich wieder auf den Weg, den wir durch den Garten nahmen, bis wir wieder ein Tor erreichten, welches ein wenig kleiner war als das erste. Drinnen angekommen, empfingen uns sanfte Stufen und durch die riesigen Fenster trat das trübe Licht ein. Alles war in einem warmen Grauton gehalten und ich nahm an, dass dies die Eingangshalle sein musste. Resh, die hinter uns hereingekommen war, eilte an meine Seite, als wir anhielten. Vorak drehte sich zu uns und die Garde nahm Position am Tor ein. „Heute Abend wird die feierliche Hochzeit in Tradition unseres Volkes stattfinden, daher gibt es nun einige Vorbereitungen für euch beide.", er sah erst zu Kael dann zu mir. „Auch wenn alles etwas holprig verlaufen ist, wir sind froh, dich in die Mitte unserer Familie aufzunehmen, Zara." Seine Augen suchten in meinem Gesicht nach etwas und scheinbar befriedigt wendete er den Blick ab. Ich sah zu Kael, der die Hände zu Fäusten ballte und sich dann zu mir drehte. Er verneigte sich. „Zara, ich freue mich auf heute Abend.", dann richtete er sich auf und durchmaß die Halle in schnellen Schritten und verließ ihn über eine der rechten Türen. Wieder war ich allein mit der Garde und Resh zurückgeblieben, und ich war verwirrt. Warum verhielt sich Kael jetzt anders? Vielleicht war er sich den Pflichten und der Wirkung nach außen nun mehr bewusst und konnte mich nicht mehr ignorieren, wie in den ersten zwei Wochen unserer Ehe. Wieder ein Stich in meinem Herzen. „Mylady.", Resh war neben mich getreten. „Ich zeige Euch eure Gemächer."
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To keep a Promise
RomanceZara, einzige Tochter des Königsfamilie Helias, ist sich immer ihrer Pflichten als Prinzessin ihres Volkes bewusst. Zudem macht sie sich nicht viele Hoffnungen jemals als Thronfolgerin des Kaisers eingesetzt zu werden. Zara will nur ihre Pflichten...