Ich erwachte als Sonnenstrahlen auf das Bett fielen und blinzelte gegen das Licht des Morgens. Meine Schultern und Arme schmerzten von meiner zusammengekauerten Haltung, in der ich geschlafen hatte und meine Augen fühlten sich trocken und angeschwollen an, von den Tränen, die ich gestern vergossen hatte. Draußen brach die Sonne durch die sonst dicht erscheinende Wolkendecke und das Land entblößte seine raue Schönheit. Die gestrigen Ereignisse liefen wieder vor meinem Inneren Auge ab, doch statt verletzt zu sein fühlte ich mich seltsam distanziert. Ich saß einige Minuten auf dem Bett und blinzelte ins seltene Sonnenlicht, bis die Wolken sich wieder vor die Sonne schoben. Wieder spürte ich in mich hinein, aber statt Trauer fand ich nur Wut. Wut auf Kael, der mich missverstand, aber auch Wut auf den Kaiser, der mich so inszeniert hatte. Vielleicht sogar absichtlich? Doch was war sein Gewinn, wenn Kael mich hasste? Instabilität? Misstrauen? Vielleicht erhoffe er sich, dass Kael und ich so leichter zu kontrollieren sein würden. Vielleicht ... ich konnte es nicht wissen. Der Kaiser war nicht umsonst Kaiser, er war Meister der Manipulation und ich bloß dreizehnte Thronfolgerin. Nichts Besonderes. Ich rieb mir mein Gesicht und schwang meine Beine über die Bettkante, als es klopfte. „Herein.", meine Stimme war noch etwas rau vom Schlaf, aber die Tür öffnete sich dennoch einen Spalt. Ein junger Bediensteter trat ein, den ich noch nie gesehen hatte. Er trug, ähnlich wie Resh, schwarze Hose und Hemd. „Entschuldigt die Störung, Mylady.", er verneigte sich. „Ich soll Euch von Prinz Kael einladen, er wird Euch heute die Ländereien zeigen." Ich wollte gerade den Mund öffnen und die Einladung ablehnen, da hatte er sich schon umgewandt und die Tür hinter sich geschlossen. Ich starrte einige Sekunden verdutzt auf den Fleck, wo er gestanden hatte, als sich die Tür wieder öffnete und Resh hereintrat. „Ihr seid ja schon wach, Mylady." Ihre Augen fuhren forschend über mein Gesicht, und ich spürte ihr Mitleid. Ich musste schrecklich verquollen aussehen von meinen Tränen gestern Abend. „Resh ...", ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. „Mylady.", ich hörte das Schloss der Tür und ihre eiligen Schritte durch den Raum. Ich hob den Blick wieder. „Kael hat mich auf eine Führung über die Ländereien eingeladen." Resh blinzelte überrascht. Ich nickte. „Das dachte ich mir auch ...", ich schüttelte den Kopf. Sicher hatte sein Vater seine Finger im Spiel mit dieser Einladung, und sie abzulehnen würde ein Eingeständnis darstellen. Und ich würde mir lieber nicht die Blöße vor Kael geben, dass er mich verletzt hatte. Andererseits hieß das wiederum, dass ich Zeit mit ihm verbringen musste. Was so ziemlich das Letzte war, was ich heute wollte.
Es war ein wenig kühler als gestern und ich war froh um die dicht gewebte Jacke, die mir Resh herausgelegt hatte. Ich wartete in einem Raum, der mir Ausblick auf den Innenhof des Palastes gab. Er war grün und ebenfalls mit gelben Bäumen gesäumt, ein schlichter Brunnen in der Mitte des Quadrats rundete ihn ab. Ich knetete meine Hände nervös. Ich war von dem Bediensteten abgeholt worden und hierhergebracht worden und ich nahm an, dass Kael und sein Vater gleich hereinkommen würden. Es fiel mir noch schwer, mich an alles zu gewöhnen sogar die Architektur erschien mir fremd. Ich schloss einen Moment die Augen, ich durfte keine Schwäche zeigen. Angst ist nur ein Zeichen von Kontrollverlust. Angst gibt dir keine Kontrolle zurück.
Ich spürte Kaels Gefühle, ehe ich ihn hereinkommen hörte und wandte mich zu ihm um. Zu meiner Überraschung war er allein gekommen und ich konnte seine Stimmung nicht ganz lesen. Er war nicht erfreut ... aber auch nicht wütend. Aber ich wusste ja mittlerweile, dass er seine Gefühle maskieren konnte. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und zum ersten Mal waren wir allein in einem Raum. Seine dunkelblauen Augen fuhren forschend über mein Gesicht, als erwarte er irgendetwas darin zu finden. Er runzelte leicht die Stirn, riss seine Augen los und holte Luft. „Prinzessin. Zara.", er verneigte sich förmlich. Ich senkte den Blick. „Kael." Einen Moment herrschte angespannte Stille, ich knetete wieder meine Hände, betrachtete die Zeichen unserer Ehe auf meinem Handrücken. Er räusperte sich. „Wollen wir?", er bot mir seinen Arm an. Ich machte die letzten Schritte auf ihn zu hakte mich bei ihm ein. Die Wärme seines Körpers strömte durch die Berührung zu mir, doch ich konnte seine Gefühle immer noch nicht besser lesen. Mein Herz klopfte in meiner Brust, und meine eigenen Empfindungen überlagerten meine Wahrnehmung. Kael führte mich aus dem Raum heraus, und wir liefen einige Minuten schweigend nebeneinander. Ich versuchte die Hoffnung, die eigentlich keinen Platz mehr in meinem Herzen haben sollte, zu unterdrücken. Es gelang mir nur beinah.
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To keep a Promise
RomanceZara, einzige Tochter des Königsfamilie Helias, ist sich immer ihrer Pflichten als Prinzessin ihres Volkes bewusst. Zudem macht sie sich nicht viele Hoffnungen jemals als Thronfolgerin des Kaisers eingesetzt zu werden. Zara will nur ihre Pflichten...