Die Zeremonie glich eher einem Fest und war wesentlich lebhafter als das, was auf dem Schiff des Kaisers geschehen war. Nachdem ein Priester eine kurze Rede gehalten hatte, hatte Kael mir eine Kette überreicht mit einem blauen Diamanten, die sich nun eng an meinen Hals schmiegte. Es hatte nicht lang gedauert, und mit dem Ende der Zeremonie hatten Bedienstete Essen hereingebracht, Musiker waren eingetreten und jetzt herrschte eine ausgelassene Stimmung. Die Tarrkhin aßen, unterhielten sich und tanzten. Vorak hatte eine kurze Rede gehalten, in der er mich gelobt, und dem Kaiser für seine weise Entscheidung gedankt hatte. Nun stand ich inmitten der Tarrkhin, die allesamt gemeinsam feierten und hielt ein Glas mit einer Art Wein in der Hand. Und fühlte mich so verloren wie noch nie zuvor, in den Emotionen der Tarrkhin, die mit dem Fortschreiten des Abends leichter und leichter zu lesen waren. Kael stand neben mir und unterhielt sich mit einer Frau, die einen silbernen Brustpanzer trug und schwarze Seide. Die beiden wirkten sehr vertraut, und ich bereute es nun nicht aufgepasst zu haben. Als sich ihr stechender Blick aus dunklen Augen auf mich richtete. „Wie fühlt ihr Euch Prinzessin, nun da ihr endlich auf Tarrkhin angekommen seid?" Ihr Haar war lang und sie hatte es mit einem silbernen Kamm aus dem Gesicht frisiert, es zogen sich leichte Falten um ihre Augen und ich schätzte sie etwa auf Voraks Alter. „Ich ... ich bin froh, dass die Reise nun vorbei ist.", ich schluckte. Ich war noch nie eine gute Lügnerin gewesen. Die Frau lachte auf und mich beschlich das Gefühl, dass sie mich durchschaut hatte. „Eine sehr diplomatische Antwort! Wie zu erwarten von einer echten Helia." Kael warf der Frau einen warnenden Blick zu und ich versuchte, mein Unwohlsein zu unterdrücken und rang mir stattdessen ein Lächeln ab. „Habt ihr schon viele Helia getroffen, ...?" Ihre Augen blitzten. „Kat. Ich bin die Schwester des Königs. Zu Euren Diensten, Prinzessin." Kat verneigte sich kurz. „Kat.", Kaels Stimme schien eine Warnung zu sein und Kat warf ihm einen Blick zu. „Ich habe zahlreiche Helia getroffen, meist auf den Blutfrieden. Ich kenne eure Eltern zumindest oberflächlich. Euer Vater ist ein guter Mann, Prinzessin." Kats Augen funkelten, als wollte sie noch mehr sagen, aber dann wandte sie sich Kael zu. „Ich lasse Euch nun allein mit Eurer Braut, Prinz. Ich denke, sie verdient Eure Aufmerksamkeit heute Abend." Sie wendete sich mir zu. „Herzlichen Glückwunsch, Prinzessin." Dann verneigte sie sich und verschwand in der Menge. Ich blickte Kat noch einige Momente verblüfft nach. Anscheinend waren die Tarrkhin doch nicht so förmlich, wie ich zuerst angenommen hatte. Kat musste hohen Status genießen als Schwester der Königin und dennoch ... Und ich hatte ihre Gefühle nicht lesen können, was bedeutete, dass Kat um die Besonderheiten der Helia wusste. Kael räusperte sich. „Meine Tante kann etwas ... speziell sein. Nehmt es nicht übel, sie meint es immer gut.", Kael riss mich aus meinen Überlegungen und ich richtete meinen Blick auf ihn. Mir fiel auf, dass seine Augen aus der Nähe dunkelblau waren, und er hatte leichte Schatten unter seinen Augen. Hatte er schlecht geschlafen? Hatte so ein ... grausamer Krieger, wie er eine schlaflose Nacht verbracht? Bevor ich meinen Gedanken weiter nach gehen konnte, fuhr Kael fort. „Ich schulde Euch einen Tanz, Prinzessin." Ich starrte überrascht in seine Augen, dann auf die Hand, die er ausgestreckt hatte und zögerte wohl eine Sekunde zu lang, denn seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Schnell hob ich meine Hand und legte sie in seine. Wärme floss von ihm zu mir und ich spürte Nervosität, Neugierde. Ich war verwirrter denn je – Kaels Wut war fort. Er führte mich hinab vom Podest, in die Mitte des Raumes in der schon einige andere Paare tanzten und legte seine Hand an meine Taille. Langsam wiegten wir uns zu der Musik. Sein Gesicht nah bei meinem Ohr, meine Hand immer noch in seiner. Ich war verwirrt von der plötzlichen Nähe, seine Gefühle strömten aus ihm heraus, aber ich wurde nicht schlau aus ihnen. Er war mir zu nah, um mich zu konzentrieren. „Warum weiß?", raunte er in mein Ohr und Gänsehaut wanderte meinen Nacken hinab, mein Magen verkrampfte sich und mein Herzschlag beschleunigte sich. Kael verwirrte mich. „Ich – ich vermisse es.", antwortete ich unbeholfen. „Ihr vermisst es?", wieder raunte er in mein Ohr. Dann wirbelte er mich ohne Vorwarnung herum und fing mich wieder auf. Mein Herz klopfte schnell, als er mich wieder zu sich zog. Ich räusperte mich. „Schwarz ist mir fremd, auf Helia tragen wir nie schwarz. Es ist die Farbe der Trauer. Ich wollte weiß tragen, wenn mir schon alle anderen Farben verboten sind." Kael führte mich gekonnt durch eine weitere Drehung, und ich landete in seinen Armen. „Verboten? Wer hat Euch das erzählt?", er drehte mich wieder zurück. „ich ...." , ich hatte es einfach angenommen. Er senkte seinen Kopf wieder zu mir. „Ich hatte angenommen, dass ihr gerne herausstecht." Blut schoss automatisch in meine Wangen und ich hob leicht den Blick, um in seine dunkelblauen Iriden zu blicken. „Ihr habt was?" Sein Mundwinkel zuckte und wieder drehte er mich und fing mich knapp über dem Boden auf. „Euer Verhalten ... ihr inszeniert Euch geschickt, das muss man Euch lassen. Der Kaiser hat eine weise Entscheidung getroffen, ansonsten wärt ihr vielleicht sogar eine Gefahr für seinen Thron geworden." Sein Blick war hart und mein Magen verkrampfte sich als er mich wieder zu sich hinaufzog. Wovon redete er? „Verzeihung?", meine Stimme war beinah nur ein Hauen und ich ärgerte mich, immer dann verließ sie mich, wenn ich sie am meisten brauchte. „Hört auf mit dem Spielchen, Prinzessin. Ich habe Euch durchschaut und muss Euch leider enttäuschen. Mit mir als Gemahl landet ihr auf dreizehntem Platz in der Thronfolge." Die Musik endete abrupt und Applaus ertönte von den feiernden Tarrkhin um uns herum, die ich beinah vergessen hatte. Kael strömte nun doch wieder Wut aus, anscheinend hatte sein Vater ihm von meiner Fähigkeit erzählt und er ... hatte mich manipuliert. Ich schluckte hart und trat einen Schritt zurück von ihm und verneigte mich. Mein Herz stach in meiner Brust und meine Augen brannten, aber ich verbat mir jede Träne. „Verzeiht, Prinz. Ich werde mich für heute Abend bereits zurückziehen, ich wünsche Euch einen schönen Abend." Ich wandte mich ab, ohne auf seine Reaktion zu warten und verließ den Raum hastig, ich wollte nur so schnell wie möglich weg von ihm. Ich stieß das Tor auf und lief einige Schritte, meine Augen brannten und das Stechen in meiner Brust nahm zu. „Mylady.", eine Hand an meinem Ellenbogen ließ mich herumwirbeln. Resh. Sie hatte mich anscheinend den Raum verlassen sehen und sah mich mit großen Augen an. „Alles in Ordnung?", ein großer Kloß bildetet sich in meinem Hals und meine Augen brannten noch stärker. „Ich will auf mein Zimmer.", presste ich heraus. Resh nickte und ließ sich nichts anmerken, sondern geleitete mich durch die endlosen Gänge, bis wir vor meiner Tür angekommen waren. „Mylady ...", begann sie und knetete ihre Hände. „Gute Nacht, Resh.", presste ich hervor. Erst als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, erlaubte ich den Tränen, zu fallen. Schluchzer schüttelten meinen Körper, und meine Brust schmerzte. Ich wünschte mir in diesem Moment so sehr, bei meinen Eltern, meinen Freunden auf Helia zu sein. Ich war direkt vor der Tür zusammengesunken und schaffte es erst nach einigen Minuten, mich zum Bett zu schleppen. Dort angekommen rollte ich mich zusammen. So sah mich also Kael. Als machtgeile Manipulatorin, die sich eine Chance auf den Thron des Kaisers erhofft hatte. Ich fühlte mich so einsam wie noch nie in meinem Leben. Kael würde mich nie akzeptieren. Frische Tränen versiegten im Stoff der Decke und ich wickelte mich fester ein. Ich war hoffnungslos einsam.
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To keep a Promise
RomansaZara, einzige Tochter des Königsfamilie Helias, ist sich immer ihrer Pflichten als Prinzessin ihres Volkes bewusst. Zudem macht sie sich nicht viele Hoffnungen jemals als Thronfolgerin des Kaisers eingesetzt zu werden. Zara will nur ihre Pflichten...