~ Helena ~
Mercutios Nähe hatte gutgetan, wie schon bei den letzten Malen, als er hier gewesen war. Er war wie ein Silberstreif an meinem dunkelschwarzen Himmel, der viel zu schnell wieder verglühte, wann immer er mich verließ.
Dass er mich hatte reden lassen, dass er zugehört hatte, hatte vielleicht die Schwere nicht aus meinen Gliedern verbannt, aber es war ein kleiner Trost gewesen. Trotzdem ärgerte ich mich über mich selbst, denn er weckte auch andere Gefühle in mir. Ein Sehnen, das ich nicht zulassen wollte, nachdem er mich nach unserer gemeinsamen Dusche vor einigen Tagen so rüde behandelt hatte. Mir jegliche Hoffnungen geraubt hatte, von ihm Hilfe zu erfahren. Mein Verlangen nach Schutz und Rettung war unbefriedigt und er gab mir alle Signale, es ändern zu wollen, und tat es doch nicht. Das war auf ganz andere Art grausam als die anderen beiden Männer.
Als er den Raum verließ, sah ich ihm für einen Moment nach, bevor ich mich wieder hinlegte. Liegen kostete nicht so viel Anstrengung wie sitzen. Seufzend schloss ich die Augen. Ich fühlte mich einsam und allein. Dass Tio nicht mehr hier war, ließ mich die Eiseskälte in meiner Brust nur deutlicher fühlen.
Noch nie zuvor hatte ich mich nach dem Tod gesehnt, aber jetzt würde ich ihn begrüßen, wenn er denn käme. Anfangs hatte ich solche Gedanken noch verdrängt, inzwischen hatte ich keine Kraft mehr, mich gegen sie zu sträuben. Die lebenslustige, fröhliche Helena gab es nicht mehr. Sie war in dem Inferno verbrannt, das Aelfric in mein Leben gebracht hatte.
Alles, was noch übrig war, war ich. Eine leere Hülle ohne Kraft, weiter aufzubegehren.
Ich glaubte nicht daran, dass Mercutio zurückkam. Und selbst wenn, was würde das ändern?
Ich war müde.
Langsam driftete ich in den Schlaf zurück.
Jetzt, da Aelfric mich nicht mehr quälte, wurde Schlaf meine Flucht. Wenn ich schlief, bekam ich nichts um mich herum mit, ich träumte nicht – es war einfach nur dunkel und ruhig.
Erst als die Tür wieder aufging, öffnete ich die Augen, nur um Mercutio vor mir zu sehen.
„Dort unten ist es viel zu kalt für dich", sagte er sanft, nachdem er die Tür geschlossen hatte. „Leg dich aufs Bett, bitte."
"Der Boden ist mir lieber." Trotzdem hievte ich mich auf und ging auf wackligen Beinen hinüber zum Bett. Ich hasste das Teil, aber ich hatte inzwischen gelernt, dass man mich zwingen würde, wenn ich mich wehrte. Also fügte ich mich.
„Zuerst werde ich dir die Infusion legen", informierte mich Mercutio, während er den Tropf neben das Bett schob. „Du bist dehydriert. Das hier ist eine Mischung mit Vitaminen und Mineralien, die dich stabilisieren soll." Er hängte den Beutel mit der klaren Flüssigkeit ein und öffnete dann die Arttasche, um eine sterile Kanüle rauszuholen.
Obwohl ich versucht war, mich gegen die Infusion zu wehren, ließ ich es doch zu. Sie würden mich nicht sterben lassen, egal, wie sehr ich es wollte. Meine Essensverweigerung war ohne Konsequenzen geblieben, weil sie mich jederzeit wieder aufpäppeln konnten.
Abwesend sah ich zu, wie Mercutio mit der ruhigen Geschäftigkeit eines Arztes alles anlegte und, als er fertig war, noch den Puls an meinem Handgelenk prüfte.
„Ein wenig schwach", murmelte er, wie zu sich selbst. „Aber das wird gleich besser."
Er ließ mich los, zog sich Handschuhe über und ging zum Fußende des Bettes.
Panik stieg in mir auf, als er in sachlichem Ton bat: „Sei so gut und öffne deine Beine, damit ich dich untersuchen kann."
Instinktiv verkrampften sich meine Muskeln.
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Herzen der Finsternis - Sie brauchen dich
Loup-garouSpicy Dark Romantasy mit Reverse Harem 🔥🖤 mit Werwolf, Vampir und dunklem Fey 🤐. Wie Twilight - aber sie bekommt beide ... und noch viel mehr. Helenas Geschichte ist Polyamorie mit Why Choose im Süden Italiens. Lass dich von den Männern gefangen...