~ Nero ~
Ich stand Helena so nah, dass ich beinahe ihren Herzschlag spürte – und in jedem Fall ihr verführerisches Blut roch. Außerdem den Geruch, den der Werwolf auf und in ihr hinterlassen hatte. Durch ihre weiße Haut konnte ich das Blut durch die blauen Adern fließen sehen.
Inzwischen wusste ich sehr genau, wie sie schmeckte. Ihr Geschmack hatte mich von Anfang an betört. Sie war Lunas Nachfahrin, denn ihr Lebenselixier war berauschender als alles, was ich je gekostet hatte. Süßer. Sinnlicher. Schwer, wie süßer Wein und Nektar. Ich wollte mehr. Ich wollte sie beißen und aussaugen!
Meine Fangzähne juckten. Sie wollten sich ausfahren. Heute hatte ich mich bisher zurückgehalten. Nero konnte mir nicht gefährlich werden, aber ich wollte ihn auch nicht unnötig reizen, indem ich seinen ärztlichen Rat ignorierte.
Doch wenn sie mir so nah war ...
Nein, Mercutio hatte recht. Ich durfte sie nicht zu sehr überanstrengen, nachdem Aelfric sie so lange auf Trapp gehalten hatte. Ich hatte die Geräusche seines Treibens im ganzen Schloss gehört. ‚Schaurig' und ‚geschmacklos' waren wohl Adjektive, die ich dafür finden wollte. Und das sollte etwas heißen, war ich doch schließlich selbst um keine gute Perversion verlegen.
Für Helena hatte ich kein Mitleid übrig, ganz egal, wie oft sie an mein Herz appellierte.
Ich hatte mich früh daran gewöhnen müssen, Menschen für mein Überleben Leid zuzufügen oder sie umzubringen. Das hatte mich ordentlich abgestumpft.
Zudem begriff ich nicht, wieso Tio so nett zu ihr war.
Hatte er denn vergessen, was Luna uns angetan hatte? Was sie uns auch jetzt antat? Sie verspottete uns in einer Tour, setzte uns eine Hoffnung vor, die dann durch Unfruchtbarkeit zerstört wurde, und wir sollten zu ihrer Nachfahrin auch noch freundlich sein? Aelfric verloren zu haben, hatte mir eine große Chance geraubt. Luna verspottete mich. Ich hatte keinen Grund, Rücksicht oder Empathie für ihre Urenkelin in sechshundertster Generation zu empfinden.
Diese stand nun bebend vor mir und schüttelte eilig den Kopf.
"Ich will deine Geduld nicht strapazieren, ich ..." Sie griff beherzter nach Tios Hand, als dieser zurücktrat.
Es war eine kleine, unscheinbare Bewegung, doch aus irgendeinem Grund machte sie mich wütend.
Wütender als sie sollte.
Noch mehr, als Tio mich bittend ansah und verlangte: „Versprich mir, dass du sie heute wieder zurückbringst."
Ich rollte mit den Augen. „Wirklich?"
„Und dass du sie nicht verletzen wirst."
Seine Unterstellungen und ihre Angst waren nicht nur unnötig, auch beleidigend.
„Ich sagte dir vorhin schon", erwiderte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen, „dass ich mir deinen Rat zu Herzen genommen habe. Von ihr habe ich kein Vertrauen zu erwarten, aber von dir, Bruder."
Tio sah mich an, doch er antwortete nicht, als würde er auf das Versprechen warten.
Ich seufzte schwer. „Schön", blaffte ich. „Ich verspreche es, zum Teufel. Zufrieden?"
Tio nickte. Sanft, aber bestimmt löste er die Finger aus Helenas Griff.
Das gefiel Helena offensichtlich nicht. Sie schluckte hart, ballte die Hand zur Faust und schloss mit bitterer Miene die Augen, als hätte es sie verletzt, dass er sich distanzierte.
Seit wann verband die beiden ein so festes Band? Seit dem Sex oder schon davor? Ich hatte wohl unterschätzt, was seine Zeit in ihrem Zimmer ausgelöst hatte.
![](https://img.wattpad.com/cover/372010119-288-k733834.jpg)
DU LIEST GERADE
Herzen der Finsternis - Sie brauchen dich
Loup-garouSpicy Dark Romantasy mit Reverse Harem 🔥🖤 mit Werwolf, Vampir und dunklem Fey 🤐. Wie Twilight - aber sie bekommt beide ... und noch viel mehr. Helenas Geschichte ist Polyamorie mit Why Choose im Süden Italiens. Lass dich von den Männern gefangen...