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Der Tag zog sich quälend langsam dahin, jede Stunde schien sich endlos in die nächste zu schleppen. Die Arbeit an der Akte erschien wie ein ständiger Kampf gegen eine Mauer. Es erinnerte mich alles an einen zähen Kaugummi. Jedes Mal, wenn ich einen Fortschritt machte, stolperte ich über neue Hindernisse und unbeantwortete Fragen, und die Verwirrung verdichtete sich mit jedem Detail. Dieser Fall war brutal.

Um die Mittagszeit stieg meine Frustration spürbar an. Die Akte Volkov war vollgepackt mit Informationen, bot jedoch keine neuen Anhaltspunkte. Der Fall war ein Gewirr aus Lügen und Intrigen, in dem jede gefundene Antwort nur weitere Fragen aufwarf. Mein Antrieb, Licht ins Dunkel zu bringen, hielt mich am Ball, doch die wiederholten Rückschläge ließen mich fast verzagen. In mir breitete sich die Frage aus, ob ich gegenüber Adrian richtig gehandelt hatte .

Als ich gerade die nächste Seite entwirren wollte, klopfte es an meiner Bürotür. Ich hob den Blick und sah Lukas, der mit einem Ausdruck aus Neugier und Sorge im Türrahmen stand.

„Hast du einen Moment?", fragte er, ehe ich antworten konnte.

„Natürlich", erwiderte ich, obwohl ich mich lieber weiter auf die Akte konzentriert hätte. „Was gibt es?"

Er trat ein und schloss die Tür einwenig zaghaft hinter sich. „Ich wollte nur sehen, wie es vorangeht. Und, wie du mit Adrian zurechtkommst. Ihr scheint nicht gerade auf einer Wellenlänge zu sein. Er sitzt draußen vor der Pinnwand und wirkt offensichtlich frustriert. Hier drin sieht es wohl nicht gerade besser aus."

„Das ist noch milde ausgedrückt", murmelte ich und bemühte mich, die Frustration aus meiner Stimme zu verbannen. „Adrian hütet seine Geheimnisse und ist nicht bereit, sie preiszugeben. Das macht alles nur noch komplizierter." Der Mann machte mich wirklich sauer mit seiner geheimnisvollen Art. Dieses Verhalten war nicht die Art Zusammenarbeit, die ich erhofft hatte.

Lukas nickte verständnisvoll. „Das habe ich bemerkt. Aber vielleicht lohnt es sich, die Sache aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Oft übersieht man die Lösung, weil man zu sehr auf einen bestimmten Aspekt fixiert ist."

„Und was schlägst du vor?", fragte ich skeptisch.

„Ich weiß, es ist ein Risiko", begann er vorsichtig, „aber vielleicht solltest du versuchen, ihn besser zu verstehen. Es könnte einen Grund für sein Verhalten geben, den du noch nicht siehst."

Ich warf einen kurzen Blick auf die Uhr und seufzte. „Das klingt, als würde ich genau den Fehler machen, den ich um keinen Umständen machen wollte: Vertrauen schenken, ohne die ganze Wahrheit zu kennen."

„Vielleicht", stimmte Lukas zu, „aber manchmal ist Vertrauen der einzige Weg vorwärts. Und oft muss man selbst den ersten Schritt tun."

Lukas war mir ein Rätsel. Erst war er gegen Adrian und hatte Misstrauen in mir gesät, und jetzt schien er das gewisse Risiko als gut zu befinden. Vielleicht hatte er nur Sympathie für Adrian entwickelt oder ist auf den Kopf gefallen.
Bevor ich widersprechen konnte, klingelte mein Handy. „Unbekannte Nummer" stand auf dem Display. Mit einem kurzen Blick auf Lukas nahm ich das Gespräch an.

„Hallo?", sagte ich, während ich versuchte, meine Aufregung zu verbergen.

„Viktoria?", erklang eine fremde, doch autoritäre Stimme. Sie war verzerrt, aber dennoch offensichtlich weiblich. „Ich hoffe, ich störe nicht."

„Wer sind Sie?", fragte ich misstrauisch.

„Das ist jetzt nicht wichtig. Was zählt, ist, dass du und dein Partner vorsichtig sein müsst. Volkov versteckt sich nicht nur im Schatten, sondern auch im Licht. Glaub mir, das Spiel ist komplizierter, als ihr denkt."

GiftkussWo Geschichten leben. Entdecke jetzt