5. Gründe & Namen

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Nachdem der Unterricht vorbei war, hatten Akari und Nori nur ein paar Minuten, um sich zu unterhalten, bevor Nori zu ihrer Bahn laufen musste.

"Willst du morgen wieder zur Bäckerei?", fragte sie ernst und Akari zuckte mit den Schultern.

Es gab noch keinen Beweis, dass Sasaki wirklich mit den beiden Schülern in Verbindung stand. Vielleicht war es auch etwas ganz anderes. Aber die Vorstellung, dass er die beiden so zugerichtet hatte, machte Akari Angst.

"Wir sehen morgen in der Schule, ob er es war", schlug Nori vor, die merkte, was in Akari vorging.
"Geh bitte morgen erstmal nicht hin, okay?"
Ihre Freundin nickte.

"Ich muss dann los, bis morgen!"
Nori rannte davon und Akari lief langsam in die entgegengesetzte Richtung.

Sasaki war doch so entspannt, was brachte ihn dazu, so etwas zu tun? In was für Konflikte war er verwickelt, dass er andere verletzte?

Während sie mit der Bahn fuhr und dann zum Spielplatz lief, auf dem sie sich immer die Zeit vertrieb oder ihre Hausaufgaben machte, kam ihr keine Antwort darauf.

Sie verstand es nicht. Warum Menschen andere verletzten. Warum sie einander anschrien. Warum sie keine friedliche Lösung finden konnten.

War ihnen nicht klar, was sie mit anderen taten? Wie schmerzhaft das war, auch für Außenstehende?

Akari stellte ihre Schultasche zur Seite und setzte sich auf eine Schaukel. Gedankenverloren wippte sie vor und zurück, ohne ihre Füße vom Boden zu nehmen.

In ihrem Kopf summte eine unruhige Melodie, wie ein Insekt, das an ihren Nerven zehrte. Sie versuchte, sich auf ein Lied zu konzentrieren, aber das Summen war zu laut.

"Oh, hey! Kuroi-san! Was machst du denn hier?"

Akari schrak zusammen, als sie Sasakis Stimme hörte. Der Orangehaarige lief auf sie zu und hob kurz die Hand.

Als er bei ihr ankam, ließ er sich auf die Schaukel neben ihr fallen und lächelte sie an, woraufhin er direkt das Gesicht verzog. Seine Lippe war aufgeplatzt und unter seinem Auge klebte ein Pflaster.

Er war es tatsächlich gewesen. Er hatte sich mit den beiden Schülern geprügelt und sie so zugerichtet.

Akaris Atem beschleunigte sich und sie wollte Abstand gewinnen, wusste aber nicht, was sie tun sollte. Sie konnte jetzt nicht aufstehen und gehen. Ihr blieb nichts anderes übrig als ruhig sitzen zu bleiben, während das Summen zu einem Tosen anschwoll. Streichinstrumente, die gleichzeitig sehr hoch und tief spielten. Immer schneller, als wollten sie das Rasen ihres Herzens veranschaulichen.

"Ist alles okay?" Sasaki musterte sie neugierig.

Seine braun-grauen Augen blickten sie genauso klar und offen an wie immer. Alles an ihm war wie immer, wenn man von den beiden Verletzungen absah. An ihm hing sogar der Geruch von Teig, wahrscheinlich war er gerade eben noch in der Bäckerei gewesen und hatte sich dort ein Pflaster geholt.

"Du ..." Akari brach ab. Was sollte sie überhaupt fragen?
"Warum ... hast du ... Dich mit den anderen geprügelt?"

Akari wurde diesmal nicht rot, obwohl sie schon wieder keinen ganzen Satz herausbrachte. Ihr Kopf war erfüllt von Angst vor Sasakis Reaktion. Sie senkte ihren Blick auf den Boden und drehte sich weg.

Eigentlich wusste sie, dass sie so etwas nicht fragen sollte.

Immer, wenn sie ihren Vater fragte, warum er sich mit ihrer Mutter gestritten hatte, schrie er wieder herum. Wenn sie ihre Mutter fragte, erklärte sie ihr mit eisiger Stimme, warum ihr Vater es verdient hatte.
Solche Fragen machten alles nur schlimmer, letztendlich würde sich diese Wut gegen sie richten.

Sasaki & AkariWo Geschichten leben. Entdecke jetzt