PROLOG

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Seth war bereits nass bis auf die Knochen, als er endlich sein Auto erreichte und regelrecht hinein hechtete.

Seinen Freitagabend hatte er sich definitiv anders vorgestellt. Da er für den neuen Job jedoch direkt vollen Einsatz zeigen wollte, war er nach Feierabend noch zu einem seiner gerade erst übernommenen Mandanten gefahren.

Das CROSS, die Gaststätte des gutaussehenden Kilian Silver, befand sich, von einem kleinen Wäldchen umgeben, am anderen Ende der Stadt.

Wirklich idyllisch.

Zu Anfang zumindest.

Jetzt saß der blonde Buchhalter jedoch triefend nass in seinem Wagen, den er am Rande des Schotterparkplatzes abgestellt hatte. Als er das Lokal bei Anbruch der Dunkelheit verließ, hielt sich der Regen noch in Grenzen, daher wagte er den Gang nach draußen.

Ab der Hälfte des Weges brach es jedoch sintflutartig über ihn herein. In diesem Moment bereute er es, dass er das Auto so weit weg abgestellt hatte. Bei diesen plötzlichen Regenmassen hatte er keine Chance noch einigermaßen trocken zu bleiben. Da es zudem bereits Mitte September war kühlte ihn das Wasser in Kombination mit dem frischen Wind direkt aus.

Er zitterte.

Um seine vermeintliche Pechsträhne auch noch zu steigern, sprang sein alter Fiat mal wieder nicht an. Diese Macke trat in letzter Zeit leider häufiger auf. Als ihm nach dem siebten Versuch bereits die Tränen in den Augen standen schreckte ihn ein penetrantes Klopfen aus seiner aufkommenden Verzweiflung auf.

Der junge Mann wischte sich schnell die Augenwinkel trocken und öffnete die Fahrertür. Wie nicht anders zu erwarten stand Herr Silver nun vor ihm. Der attraktive, gut gebaute Mann lehnte sich lässig zu ihm herunter.

»So wie ich das sehe, wird der Wagen heute wohl nicht mehr anspringen. Wollen Sie nicht nochmal mit reinkommen und sich vielleicht ein Taxi rufen Herr Hall? Wenn ich geahnt hätte, wie unbeständig das Wetter heute noch wird, hätte ich Sie davor gewarnt hier raus zu fahren. Die alten, kaputten Straßen können hier draußen unberechenbar sein. Die Unterlagen wären per Post auch noch rechtzeitig bei Ihnen angekommen.«

Seufzend wischte sich Seth daraufhin eine nasse, blonde Strähne aus der Stirn und sah auf.

»Machen Sie sich bitte keine Vorwürfe. Ich war einfach etwas zu enthusiastisch und wollte die Unterlagen so bald wie möglich bearbeiten. Naja was solls.«, er zuckte gleichgültig mit der Schulter.

»Aber dürfte ich mich auf dem Weg nach drinnen dann vielleicht bei Ihnen unterzustellen? Ich habe keinen Schirm dabei.«

Dabei deutete er auf den großen schwarzen Regenschirm unter dem sich der braunhaarige Mann befand. Lachend zog ihn der Hüne mit einem Ruck aus dem fast schon winzigen, silbernen Auto.

»Na das sehe ich. Wir beeilen uns lieber, bevor es noch stürmischer wird.«

Wie auf Kommando ließ eine aufkommende Windböe den Schirm in Kilians Hand erzittern.

Um eine weitere kalte Dusche zu vermeiden, griff Seth nach seiner Tasche, die er beim Einsteigen auf den Beifahrersitz befördert hatte, und drückte sich mit unter den großen Schirm. 

Der Ruf des violetten Vollmonds - Part 1: Das ErwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt