Kapitel 17

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Still saß ich neben Emilio. Mein Blick wanderte zwischen ihm und dem imposanten Eisentor des Friedhofs hin und her. Die Sonne stand tief am Himmel, warf lange Schatten über den Kiesweg, der zum Eingang führte. Ich spürte die Schwere des Momentes. Die Luft im Wagen war dick vor unausgesprochenen Worten.

Emilio saß regungslos neben mir. Seine Hände ruhten auf dem Lenkrad, als würde er sich an diesem letzten Stück Normalität festhalten.

Emilio wandte sich zu seiner Tür und öffnete sie. Tief atmete ich durch und tat es ihm gleich. Die Schwere der Tür, glich der Schwere in meinem Herzen.

Als ich aussteigt strömte die frische Abendluft auf mich ein. Kurz warf ich einen Blick zu Emilio. Er lief den Kiesweg voraus. Ich folgte ihm. Wir sprachen nicht miteinander. Die Stille glich der in meinem Kopf, als ich realisierte dass seine Verlobte verstorben war.

Gedämpft und gleichmäßig liefen wir über den Schotter. Als würden wir instinktiv versuchen keinen Lärm zu verursachen.

Emilio blieb plötzlich stehen, als er vor seinem Ziel angekommen war. Fast wäre ich in seinen Rücken gestoßen, doch rechtzeitig konnte ich mich stoppen. Die Gedanken in meinem Kopf fuhren Achterbahn.

Vor uns erhob sich das Grab von Emilios Verlobten. Es war schlicht, aber gepflegt, der weiße Mamor leuchtete sanft im schwindenden Tageslicht. Ein kleiner Blumenstrauß lag darauf. Ich vermutete Emilio hatte ihn da hingelegt.

Emilio stand mit gesenkten Schultern vor dem Grab. Ohne ein Wort zusagen legte ich ihm eine Hand auf den Arm, um ihm Halt zu geben.

Minutenlang standen wir schweigend davor, bis ich die Stille unterbrach.

"Was ist passiert?", fragte ich. Erschrocken presste ich mir die Hand auf den Mund. So eine Frage sollte man nicht stellen.

Emilio drehte sich zu mir. "Komm. Nicht vor ihr." Er nickte in Richtung des Eisentores. Ich lief betrübt hinter ihm her, bis wir beim Wagen ankamen. Wir setzen uns herein. Bedrückende Stille erfüllte den Raum.

Der Wagen startete und wir fuhren los. Die Straßen wirkten an diesem Tag besonders leer, fast schon einsam. Emilio lenkte den Wagen zurück zu der Villa. Dort angekommen fuhr er die Einfahrt entlang, parkte den Audi. Doch keiner von uns beiden stieg aus. Beide saßen wir von Trauer eingenommen da.

"Serafino", begann Emilio schließlich. Bei seinem Namen durchfuhr mich ein Schauer. Dieser Mann war bereits für soviel Leid verantwortlich.

Er fuhr fort, nachdem er einen tiefen Atemzug genommen hatte. Seine Hände zitterten. "Sie hieß Amalia. Ich liebte sie über alles. Wir waren glücklich. Für sie hätte ich das Leben in der Mafia beendet und Leano ohne zu zögern verlassen. Auch wenn es meinen Tod bedeutet hätte. Ich hätte alles für sie getan."

Angespannt blickte ich ihn an. Sein Gesicht war voller Trauer. Es schmerzte ihn, über sie zu reden. Eine Träne bahnte sich aus seinem Augendwinkel. Schnell wischte Emilio sie weg.

"Sie war schwanger. Genau wie du jetzt." Er lachte kurz auf. Mein Herz erblühte als mir in den Sinn kam, dass gerade ein kleines Wesen in mir heranwuchs. Ich hoffte Leano dachte über mich genauso wie Emilio über Amalia - das er für mich alles tun würde.

"Ich konnte mein Glück gar nicht fassen", fuhr Emilio weiter fort. "Alles schien perfekt. Meine eigene kleine Familie. Doch dann waren Leano und ich unterwegs." Er stoppte, seine Stimme bebte voller Traurigkeit.

"Wir waren feiern. Feiern dass ich Vater werden würde und dann...", er unterbrach. Tränen rannen ihm unentwegt über das Gesicht.

"Du musst nicht-", setzte ich an und legte ihm gleichzeitig tröstend eine Hand auf die Schulter. Er ignorierte meinen Einspruch und fuhr stattdessen weiter fort.

Pain of the Mafia BossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt