Ein neuer Kunde und der Glaskasten

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Was machte eine Tänzerin Schrägstrich Stripperin, einen ganzen freien Tag, wenn sie nicht arbeiten musste? Ich kannte niemanden in der Stadt, nur die Mädchen aus dem Golden Rivera. Da ich nachts arbeitete und tagsüber für gewöhnlich schlief, wusste ich nichts mit meinem Tag anzufangen. Ich hatte gefrühstückt, mir eine Dokumentation angeschaut und irgendwann gegen Abend beschlossen, ins Golden Rivera zu fahren. Nur weil ich einen Tag freihatte, hieß es ja nicht, dass ich nicht zum Vergnügen dahin durfte.

Schon am Eingang winkte Winny, unser Türsteher, mich durch. Er sprach etwas in sein Mikro, welches er um den Hals hängen hatte, während ich an ihm vorbeilief. Ich lief durch den schmalen Flur, der mit einem weißen Linoleumboden bestückt war, in den großen impulsiven Raum hinein, in dem sich alles abspielte.

Das Golden Rivera war bis auf den letzten Platz voll und das lag daran, dass Amanda, eine der besten Tänzerinnen, sich in einem sexy Outfit kopfüber von einem diamantenbesetzten Vorhang hinuntergleiten ließ. Sie war atemberaubend und jeder Mann in diesem Raum war verrückt nach ihr. Die Art ihres Tanzes war Verführung pur, es war nicht nur einfach strippen, es war mehr als das. Eleganz, Präzision und harte Arbeit steckten dahinter. Einmal die Woche, kam ein Choreograf vorbei, der uns neue Tanzeinlagen zeigte, die jeder so mit in seine Show einbaute, wie er es wollte. Amanda war eine Göttin und soweit ich wusste, arbeitete sie schon einige Jahre für Mister Suerra.

Ich setzte mich an die Bar und es dauerte nicht lange, bis eine vertraute Stimme mich ansprach. »Frau, was machst du hier? Du hast doch frei!«

Grinsend riss ich mich von Amandas Anblick los und erfasste unseren Chef Barkeeper Texas. Keine Ahnung, ob er wirklich so hieß, aber er wurde von allen so genannt. Schulterzuckend gestand ich: »Ich kann nicht aus meiner Haut.«

Texas lachte und Fältchen bildeten sich um seine mandelförmigen Augen. Er hatte immer einen Zahnstocher im Mund - noch nie hatte ich ihn ohne gesehen. Er trug Kajal auf den Augenlidern und war genauso wie alle anderen Barkeeper und Bedienungen in Schwarz und Rot gekleidet. Seine Statur war die eines Bären und sein schwarzes Haar, war voll und immer durcheinander gewirbelt, so als würde er sich permanent mit den Händen hindurchfahren. Lässig stützte er die Arme auf den Tresen und schob den Zahnstocher von einem Mundwinkel in den anderen.

»Sieht immer noch übel aus, hab gehört, was passiert ist.«

Sein Kopf nickte in Richtung meiner Wange. Natürlich hatte ich versucht es zu überschminken, doch war kläglich gescheitert. Da ich heute generell nicht wie sonst aussah, wunderte ich mich doch schwer, dass ich überhaupt erkannt wurde. Meine Haare trug ich nicht wie sonst offen, sondern hatte sie zu einem hohen Dutt gebunden. Trug ich sonst ein sexy Outfit, mussten heute eine Blue Jeans und ein schlichtes weißes Shirt herhalten.

»Der andere sieht schlimmer aus«, behauptete ich.

»Na, das glaube ich sofort«, sagte er, während er sich erhob, um weiterzuarbeiten.

Texas machte mir einen Wodka Soda und während ich wartete, ließ ich den Blick erneut schweifen. Der Club sah sehr edel aus, obwohl er Golden Rivera hieß, war hier drin nichts aus Gold. Ganz im Gegenteil, es war eher eine Mischung aus Atlantis und Antarktis. Im Raum standen verteilt Eisskulpturen, die Göttinnen darstellten. Die Deckenbeleuchtung war ein warmes weiß, das unauffällig leuchtete, und verteilt unter den Decken hingen mehrere Eiskristallleuchter. Neben der Bühne, befanden sich rechts uns links zwei Wasserfälle, deren Wasser mündete unterhalb der Bühne. Die Ledersessel, in denen die Kunden saßen, bestanden jeweils aus den Farben schwarz und weiß. Jedes Mal, wenn ich den Laden betrat, verschlug es mir die Sprache. Es hatte nichts, von den Schuppen, in denen ich sonst getanzt hatte.

»Bitteschön!«, hörte ich Texas sagen und nahm meinen Drink entgegen. Texas steckte mir immer einen Strohhalm ins Glas. Ich nippte an dem Drink und sah Amanda weiter bei ihrer Vorführung zu. Sie war eine der begehrtesten Tänzerinnen und wurde oft für ein Separee gebucht, in dem ich gestern das zweite Mal tanzen war. Ihre Show sowie die, die sie jetzt aufführte, war der Wahnsinn. Genau genommen sollten sich manch andere davon eine Scheibe abschneiden, sie machte die Männer verrückt und viele der Mädchen bewunderten sie. Ich lächelte als sie sich wie eine Göttin an der Stange drehte, als ich meinen Blick abermals auf die begierige Menge der Männer und auch Frauen richtete, blieb ich an zwei Augenpaaren hängen. Grüne Smaragde, betrachteten mich gefährlich.

Beauty in the Hidden 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt