Kapitel 35

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Die Tränen stiegen mir in die Augen, bevor ich überhaupt richtig wach war. Doch kaum spürte ich die Schmerzen in meinem Körper und erinnerte mich daran, was passiert war, konnte ich nicht mehr an mich halten und liess den Tränen freien lauf.

Es war mir egal, dass ich nicht im Krankenhaus lag, sondern bei Brody in meinem Schlafzimmer. Es interessierte mich auch nicht, dass ich mehrere Stimmen hörte und wohl jeden Moment getötet werden könnte, weil ich ihnen auch nicht sagte, wo sich der Stick befand. Gerade jetzt, wo ich versuchte mit all den einprasselnden Gefühlen klarzukommen, war mir mein Umfeld völlig egal.

„Faye.“ „Fass mich nicht an.“ ohne Nathalie anzusehen, schlug ich ihre Hand weg. „Wir wollen nur für dich da sein.“ ich konnte gut auf ihre Anwesenheit verzichten. Ich brauchte keine Menschen in meinem Leben, die so taten, als würde ich ihnen am Herzen lagen. Sie wollte doch auch nur diesen verdammten Stick haben und war jetzt darum hier.

„Ich sagte, dass du mich nicht anfassen sollst!“ wütend sah ich Nathalie an und schlug einmal mehr ihre Hand von mir. „Verschwinde und lass mich in Ruhe!“ „Faye!“ erschrocken sah mich KC an, die neben der Schlafzimmertür stand. „Na kommt.“ Morgan, die ich bis jetzt noch nicht gesehen hatte, trat in mein Blickfeld und schob Nathalie an ihrer Schulter aus dem Zimmer. Keine Sekunde später ging auch KC raus und zog die Tür hinter sich zu.

Ich wollte hier weg. Aus diesem Haus verschwinden und soviel Abstand zwischen dieser Familie und mir bringen, wie nur möglich. Aber ich konnte mich nur zur Seite drehen, meine Beine an die Brust ziehen und dabei so bitterlich vor mich hin weinen, dass ich dachte, ich würde keine Luft mehr bekommen.

Mein Bein schmerzte wie verrückt, genau so wie mein Bauch und Schulter, aber trotzdem blieb ich in dieser Position liegen. Ich hatte die Hoffnung, dass mich diese Schmerzen von einem grösseren Schmerz ablenkten, der sich tief in mein Herz festgesetzt hatte. Nur wusste ich, dass es nicht möglich war, solange ich hier lag und meinem Körper somit die Möglichkeit gab, sich an die körperlichen Schmerzen zu gewöhnen.

Mit meiner linken Hand stützte ich mich auf dem Bett ab und richtete mich Stück für Stück auf, bis ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich sass. Der Schmerz war schier unerträglich, als ich meinen Körper dazu zwang mich zur Seite zu drehen, aber genau dieser Schmerz kam mir mehr als gelegen.
Nur langsam rutschte ich zur Bettkannte, bis meine Füsse endlich den Boden berührten.

Wie nicht anders zu erwarten, gewöhnte ich mich zu schnell an die Schmerzen und so blieb mir nichts anderes übrig als mich erneut auf der Matratze unter mir abzustützen und langsam aufzustehen.
Sofort verhundertfachte sich der Schmerz in meinem Bein und Bauch, der mir wieder die Tränen in die Augen trieb. Am liebsten hätte ich mich einfach hingelegt, weil ich wusste, dass ich es nicht lange in dieser Position aushalten würde, aber trotzdem setzte ich meinen gesunden Fuss nach vorne.

Es dauerte mehrere Minuten, bis ich endlich die Tür öffnen konnte und raus auf den Flur trat. Schlagartig wurden die Stimmen, die ich die ganze Zeit schon hörte, noch lauter. Dabei konnte ich eine ganz klar Brody zuordnen, den er klang nicht nur wütend, sondern gleichzeitig auf verdammt verzweifelt.

„Ich möchte doch einfach nur zu ihr.“ „Sie möchte aber niemanden sehen.“ darauf bedacht nicht jeden Moment umzukippen, stütze ich mich mit der Hand an der Wand ab und ging so langsam den Flur nach hinten. „Ihr seid daran selbst schuld. Hättet ihr Faye nichts vorgemacht, wäre das niemals passiert!“ es war das erste Mal, dass ich Nathalie so wütend erlebte.

„Es geht mir aber schon lange nicht mehr um diesen Stick.“ rief Brody verzweifelt. „Ändert nichts daran, dass sie dir nicht mehr vertraut.“ Morgan hatte nicht ganz unrecht. Doch auch wenn ich ihm nicht mehr vertraute, hatte ich ihn angerufen, als ich in Schwierigkeiten steckte und nicht die Polizei. Ein kleiner Teil in mir vertraute Brody immer noch blind und ich hasste mich selbst dafür.

Faye - Kampf und ErlösungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt