Kapitel 28

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Völlig in meinen Gedanken vertieft, sass ich auf dem Bett und starrte aus dem Fenster, wobei ich in der Dunkelheit nicht viel sehen konnte. Brody lag neben mir, hatte seinen Arm um meine Beine gelegt und schlief tief und fest.
Ich wollte einfach nur schlafen, denn mittlerweile war es bereits vier Uhr morgens, aber meine Gedanken liessen mich einfach nicht in Ruhe.

Mum dachte die letzten zwei Jahre, dass ich entführt wurde, obwohl mich mein eigener Vater an Richard verkauft hatte um seine Schulden loszuwerden. Aber scheinbar ging es nie um die Schulden, sondern um das, was mir mein Vater angeblich gegeben hatte. Egal wie lange ich darüber nachdachte, ich kam einfach nicht darauf, was es hätte sein sollen.

Das einzige was ich von ihm bekam, war ein 'alles gute zum Geburtstag' und mehr nicht. Einzig Mum schenkte mir jedes Jahr etwas. Also was hätte er mir geben sollen? Vielleicht hatte er etwas in meiner Wohnung versteckt, aber auch das konnte nicht sein. Ich war ein relativ ordentlicher Mensch und merkte es, wenn irgendetwas fehlte oder dort stand, wo es nicht hingehörte, also kam das auch nicht in Frage.

Frustriert stiess ich die Luft aus und legte meine Hand auf Brodys Arm. Aber was, wenn sich Edgar und Richard geirrt hatten? Was, wenn nicht Dad mir etwas gegeben hatte, sondern Mum? Wenn sie es, was auch immer es war, in einem meiner Geburtstagsgeschenke versteckt hatte?
So musste es doch sein. Eine andere Erklärung gab es überhaupt nicht.

Nur kurz sah ich den schlafenden Brody neben mir an, ehe ich vorsichtig seinen Arm festhielt und ihn etwas in die Luft hielt, damit ich zur Seite rutschen konnte. Ich wusste, dass ich Brody wecken musste, aber genau so wusste ich auch, dass er mich von dem Plan abbringen wollte, der sich langsam in meinem Kopf formte.

Langsam legte ich seinen Arm auf das Bett und wartete einen Moment. Erst als ich sicher war, dass er auch wirklich schlief, nahm ich mein Handy vom Nachttisch und schlich leise aus dem Zimmer. Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, ging ich in mein Schlafzimmer und schaltete das Licht ein.

F: Bist du wach?

Die Nachricht schickte ich an Jonas, während ich zum Ankleidezimmer ging. Ich wusste, dass Jonas um diese Zeit noch schlief, aber die Hoffnung blieb trotzdem, dass er mit mir mitkommen würde.

Kaum hatte ich mir eine schwarze Jeans und einen schwarzen Hoodie angezogen, leuchtete mein Handy auf. Sofort entsperrte ich es und las mir die Nachricht durch, die ich von Jonas bekommen hatte.

J: Was denkst du denn. Ich bin ein Frühaufsteher. Wieso bist du wach?
F: Kannst du mich abholen?
J: Wo bist du und wo ist Brody?
F: Ich bin bei Brody. Kannst du mich bitte abholen?

Abwartend sah ich auf mein Handy. Jonas war online und hatte meine Nachricht gelesen, aber er gab mir keine Antwort.
Je länger er mir nicht antwortete, desto nervöser wurde ich. Er sollte keine Fragen stellen, sondern mich einfach abholen.

J: Zehn Minuten.
F: Danke!

Erleichtert steckte ich mein Handy in meine hintere Hosentasche und verliess das Schlafzimmer. Kurz sah ich zur Schlafzimmertür von Brody und lauschte. Als ich sicher war, dass ich keine Schritte hörte, lief ich den Flur nach hinten und schliesslich die Treppe nach unten, wo ich die Alarmanlage ausschaltete und raus an die frische Luft trat.

Damit Brody nicht doch noch aufwachte, weil Jonas' Auto so einen Lärm machte, lief ich die Auffahrt nach unten und wartete bei der Strasse auf ihn. Ich wusste genau, dass ich einen Mords Ärger bekommen würde, wenn ich zurückkommen würde, aber dieses Risiko ging ich ein. Brody wäre mit meinem Plan niemals einverstanden, also musste ich es hinter seinem Rücken machen.

Es waren deutlich mehr als zehn Minuten, als Jonas endlich mit seinem Wagen vor mir zum Stehen kam. Ich wollte die Tür öffnen und einsteigen, aber sie war abgeschlossen. Irritiert sah ich Jonas dabei zu, wie er aus seinem Wagen stieg und zu mir kam. „Wir müssen los.“ sagte ich leise, damit Brody nichts davon mitbekam. Es konnte gut möglich sein, dass ich paranoid war, aber Brody hatte verdammt gute Ohren.

Faye - Kampf und ErlösungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt