Der Sonntag verlief wie jeder andere. Ich stand früh auf, zog meine alten Jeans und ein schlichtes Shirt an und machte mich auf den Weg zum Tierheim. Als wir hierhergezogen waren, hatte ich sofort nachgefragt, ob ich dort aushelfen konnte, wie ich es früher auch getan hatte. Die Tiere brauchten keine Fragen zu stellen oder Erwartungen zu haben. Sie waren einfach da, und das half mir, meinen Kopf frei zu bekommen. Es war eine willkommene Ablenkung von der Schule und den seltsamen Ereignissen der letzten Tage.
Der Montag begann wie gewohnt. Ich wollte den Tag einfach nur überstehen, ohne große Zwischenfalle. Doch kaum war ich auf dem Schulhof angekommen, tauchten Logan, Elijah und Marc auf. Sie hatten mich sofort entdeckt und kamen grinsend auf mich zu.
„Hey Livia! Wie war dein Sonntag?" fragte Elijah mit diesem verschmitzten Grinsen, das ihm scheinbar nie verging.
„Beschäftigt," antwortete ich knapp und lief weiter, doch sie ließen nicht locker.
„Wir dachten schon, du wärst komplett abgetaucht. Keine Lust mehr auf uns?" fügte Marc mit seiner üblichen Tollpatschigkeit hinzu, worauf Logan ihn nur genervt ansah.
Ich blieb stehen, drehte mich zu ihnen um und sah sie mit eisigem Blick an. „Hört zu," begann ich, meine Stimme kühl und ohne Emotionen. „Nur weil wir am Samstag zusammen gekocht und Filme geschaut haben, bedeutet das nicht, dass wir jetzt Freunde sind."
Elijah lachte, doch ich ließ mich nicht beirren. „Ich brauche keine Freunde," fuhr ich fort. „Also erwartet nichts von mir."
„Keine Sorge, Livia"" sagte Elijah schmunzelnd, „wir drängen dich schon nicht."
Doch sie schienen mich nicht ernst zu nehmen. Ich hatte nicht vor, mich von ihnen einwickeln zu lassen. Also drehte ich mich um und ließ sie stehen.Der Vormittag verging recht ereignislos, bis es zur Mittagspause in die Cafeteria ging. Ich saß allein, wie immer, als Brad plötzlich vor mir auftauchte. Seine hasserfüllte Präsenz ließ meine Nackenhaare aufstellen. Er grinste dieses widerliche Grinsen, das mir sofort die Laune verdarb.
„Na, da ist sie ja. Die kleine Kämpferin," höhnte er, die Worte vor Spott triefend. Ich verdrehte die Augen. „Brad, verschwinde einfach," murmelte ich, ohne ihn anzusehen. Doch bevor ich es realisierte, spürte ich einen harten Schlag in meiner Seite. Der Schmerz war sofort da, scharf und stechend. Mir blieb die Luft weg, und ich sah für einen Moment nur noch schwarz. Es war ein hinterhältiger Schlag, und ich musste mich kurz an der Tischkante festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Als meine Sicht langsam wieder klar wurde, kochte die Wut in mir hoch. Schnell rappelte ich mich auf, packte Brad an seiner Jacke und riss ihn zu mir heran. Ich landete einen Schlag in seine Rippen, doch mein Körper schrie vor Schmerz. Brad versuchte, mich zu Boden zu drücken, doch ich hielt dagegen. Der Schmerz in meiner Seite machte es schwer, mich zu konzentrieren, aber ich ließ ihn nicht gewinnen. Brad griff erneut an, und dieses Mal traf er mich härter, direkt in die Rippen. Der Aufprall war brutal, und für einen Moment dachte ich, ich würde zusammenbrechen.
Die Welt um mich herum verschwamm, meine Knie gaben fast nach. Als ich mich gefasst hatte, setzte ich einen Schlag direkt auf seine gebrochene Nase. Doch bevor ich weiter reagieren konnte, packten mich plötzlich zwei starke Hände an den Schultern und rissen mich weg von Brad.
„Beruhig dich, Piccolina," hörte ich eine ruhige Stimme, die mir einen seltsamen Schauer über den Rücken jagte. Cole. Er hielt mich fest, seine Finger gruben sich in meine Schultern. Seine Stimme war leise, fast sanft, aber es war dieser verdammte Spitzname, der mich verwirrte.
„Piccolina" - „Kleine". Es war italienisch, wieder der selbe Spitzname wie Samstag und obwohl es mir gefallen hätte, auf eine verdrehte Art, wollte ich es ihm nicht zeigen. Ich wollte nicht, dass er dachte, ich würde mich von so etwas beeindrucken lassen.
„Lass mich los," zischte ich, meine Stimme schärfer als beabsichtigt, doch Cole ließ mich nur langsam los, als ob er sicherstellen wollte, dass ich mich nicht sofort wieder auf Brad stürzte. Brad lag keuchend am Boden, aber Cole hielt ihn mit einem eisigen Blick fest. Die anderen Schüler hatten den Kampf längst bemerkt, und einige Lehrer kamen angerannt. Noch bevor ich richtig atmen konnte, wurde ich ins Sekretariat gebracht. Dort wurde ich von der Sekretarin empfangen, welche mich von oben bis unten musterte, als ob sie darüber nachdachte, meinen Vater anzurufen. „Wir müssen deinen Vater informieren," sagte sie schließlich.
„Das ist nicht nötig," entgegnete ich hastig, das Adrenalin noch immer in meinen Adern pulsierend. „Er ist auf einer Arbeitsreise, es würde ihn nur unnötig belasten."
Sie zögerte, und für einen Moment dachte ich, sie würde trotzdem den Anruf tätigen, doch dann legte sie den Hörer langsam wieder zurück. „Na gut. Aber das nächste Mal solltest du dir überlegen, ob Gewalt wirklich die Lösung ist."
Ich nickte stumm, froh darüber, dass sie es auf sich beruhen ließ.
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Sturmherz
ספרות נוערLivia ist gerade 17 und hat schon mehr erlebt, als die meisten in ihrem Alter. Ihr Mut, immer offen ihre Meinung zu sagen, und ihre rebellische Haltung haben ihr einen Ruf eingebracht, der sie schließlich von ihrer alten Schule fliegen ließ. Doch tr...