Ausdauerkampf

173 21 0
                                    

Hazel
12:07 Uhr

David winkt mich zu sich herüber, als ich zur Mittagszeit die Kantine betrete. Ich habe mich selber auf dem Gelände umgesehen, um mich wenigstens etwas besser zurecht zu finden. 

"Du hast noch keine Sportsachen.", stellt Connor fest.

"Ja, die kommen erst übermorgen. Und im Lager war ich noch nicht.", erkläre ich ihm. 

"Ich kann Sie gleich mitnehmen, Miss Miller. Ich muss selber noch etwas holen.", spricht mich jemand vom Tisch hinter mir an. 
Ein Pilot sitzt mit den Ausbildern und anderen Piloten am Tisch. Ich hatte ihn bei meinem Rundgang schon kurz kennengelernt und feststellen müssen, dass eigentlich alle ganz okay sind. 

"Ich mache das."

Ich erkenne die Stimme. 

"Ich muss Miss Miller sowieso noch herumführen.", ergänzt er und trinkt einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse. 

"Ich habe mich schon selber mit Hilfe des Plans umgeschaut. Sie haben schließlich viel zu tun, Sir."
Meine Stimme versagt am Ende, weil mir die Aufmerksamkeit unangenehm ist. 

"Sie haben nicht das Recht alleine auf dem Gelände herumzuschnüffeln.", bricht er das Gespräch ab und steht auf.
"Kommen Sie."

"Ich habe noch nicht gegessen.", teile ich ihm mit, dass mein Magen leer ist.

"Ich auch nicht.", brummt er und geht an mir vorbei. Er signalisiert mir störrisch, dass ich ihm folgen soll. 
Und natürlich tue ich das. 

Es spielt keine Rolle, ob mein Kreislauf versagt. Schließlich gibt es ja eine Krankenstation.

Wir laufen den Gang entlang und schließlich drei Treppen hinunter in den Keller. Hier ist es staubig und dreckig und urplötzlich kalt. Die dicken Mauern scheinen einiges an Mittagshitze fernzuhalten. 

"Wir haben keine Damenkleidung. Du musst dir die kleinste Größe bei den Männern aussuchen. Im hinteren Regal sind Shirts, davor liegen kurze und langen Hosen. Sportschuhe sind hier vorne.", deutet er auf die Regale, nachdem er das große Licht angemacht hat. 

Dutzen wir uns jetzt? Habe ich was verpasst?

"Du hast mir nicht gesagt, dass es nur Herrenkleidung gibt."

"Sie."

"Was?"

"Sie haben mir nicht gesagt, dass es nur Herrenkleidung gibt.", korrigiert er mich. 

Während ich durch die Gänge laufe, bleibt er vorne an der Tür stehen. Stumm durchsuche ich die Größe der Kleidung, während er mich hetzt.
"Beeil dich. Wir müssen pünktlich mit dem Training anfangen."

Schließlich greife ich einfach nach irgendeinem Shirt und nehme die kleinste Hose mit, die ich finden konnte. Mit schnellen Schritte laufe ich zur Tür, weil er bereits das Licht ausgemacht hat und wartend an der Tür steht. 

"Vor dem Kraftraum sind Umkleiden, es gibt keine getrennten. Ziehen Sie sich um, Miller, und dann kommen Sie in den Kraftraum.", ordnet er an, während er die schwere Stahltür zweimal abschließt.

"Wenn Sie sich beeilen, sind ihre Kommilitonen noch nicht da.", deutet er auf seine große Uhr und nickt dann zur Treppe. 
Schnell gehe ich zur Umkleide. 


Joshua Wilson

"Wir teilen Sie nun in zwei Gruppen auf. Gruppe eins beginnt mit dem Krafttraining bei Lieutenant Clark und Gruppe zwei beginnt mit dem Ausdauertraining bei mir. Miss Miller, Sie gehören zur zweiten Gruppen und beginnen mit dem Ausdauertraining. Lieutenant Clark wird Ihnen beim Krafttraining alles weitere erklären. Gruppe zwei, Sie suchen sich ein Laufband auf und stellen es bitte auf 5 kmh. Ich werde Ihnen dann Anweisungen geben.", erkläre ich den Anfänger vor mir. 

Es kotzt mich an, dass ich mich um die Neulinge kümmern muss. 

Mit Händen an der Hose geht das braunhaarige Mädchen, das hier so völlig fehl am Platz ist, auf eines der Laufbänder. Die Sportkleidung ist ihr viel zu groß. 

Sie wird hier untergehen. Zwei Tage, maximal. Dann zieht sie die Reißleine. Ich habe ihre Akte gelesen. 1,69cm. 50 Kg. Viel zu klein. Viel zu schmal. Keine Muskeln. Sie hätte ihren Job bei den Sesselpupsern von Boeing behalten sollen.

Und ausgerechnet ich muss mich damit rumschlagen. Frauen gehören hier nicht hin.

"Miss Miller, laufen Sie vernünftig und nehmen Sie ihre Hände von der Sporthose.", rufe ich. 

"Sie ist zu groß.", erwidert sie verzweifelt.

Gott. Das ist mir sowas von egal.

"7 kmh.", ignoriere ich ihre Aussage und geben stattdessen Anweisungen. Nach einer Weile schafft sie es die Hose enger zu schnüren, sodass sie endlich vernünftig laufen kann. Die Abschlussprüfung wird sie trotzdem nicht schaffen. 

Und ich verliere meine Wette. 

Sie läuft wie ein kleines Kind. Keine Technik, gar nichts. Sie läuft einfach. Sie teilt sich ihre Kraft nicht ein. Kraft, die sie eigentlich gar nicht hat. Bereits nach 20 Minuten wird sie langsamer und kann nicht mehr mithalten. Es wird nicht lange dauern, bis sie umkippt. 

Irgendwann hält sie sich am Laufband fest und stellt sich auf die Ränder, um Pause zu machen. 

"Miller, ich habe nicht gesagt, dass Sie aufhören sollen."

"Mir ist schwindelig. Ich habe nicht gegessen und nicht getrunken, Sir.", erwidert sie zittrig. 

"Es ist nicht meine Aufgabe, sie ans Essen uns Trinken zu erinnern. Jetzt sind sie beim Ausdauertraining also laufen sie."

"Ich kippe gleich um, Sir."
Erschöpft schließt sie die Augen. 

"Ich schmeiße Sie raus, wenn Sie von diesem Laufband runter gehen."

Hazel atmet tief durch, dann beginnt sie weiter zu laufen. Und sie läuft tatsächlich bis zum Ende. 

"Die 5 Minuten, die Sie Pause gemacht haben, holen Sie heute Abend nach.", merke ich an, während ich an ihr vorbeigehe. Zu ihrem Vorteil erwidert sie diesmal nichts. 

Zugegeben ist sie nicht die einzige, die nicht für die Army gemacht ist. Die Typen, die sie uns dieses Mal geschickt haben, sind schwach. 

Es ist Jungs, keine Männer. 

Das Leuchten Der WüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt