Im Käfig

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Ich behaupte, dass das Leben mir zu schaffen macht. Woran es wirklich liegt, das kann ich nicht beantworten. Ob ich es bin, der der Rationalität aus dem Weg geht, ob ich zu rational bin, ob es die anderen sind, die mir Lasten aufbinden, die ich nie tragen könnte oder ob es wirklich einfach der pure Druck, der durch meine bloße Existenz auf mir liegt, ist, das weiß ich wirklich nicht. Dieser Käfig um mich herum wird durch all die sich wiederholenden Abläufe meines Lebens stetig weitergeschmiedet. Wieder ein neuer Schwarm, wieder eine Abweisung. Wieder ein neues Interesse, wieder ein erschütterndes Eingeständnis, dass das doch nichts für mich ist. Diese vorherrschenden Muster lassen einen nicht mehr frei denken. Drum der Käfig.

Früher

Ein paar meiner Freunde waren schon gegangen, doch eine Person blieb noch eine kleine Weile bei mir, bevor sie sich schließlich auch auf dem Heimweg machte. Hauptsächlich unterhielten wir uns respektlos über diejenigen, die schon fort waren, doch irgendetwas an dieser Situation hinterließ eine Impression bei mir, ein Gefühl der Wärme, des Daheimseins und vielleicht sogar der bitteren Erkenntnis, dass eben genau dieses Gefühl bald nicht mehr sein wird. Ein Gefühl, das auf seiner Abwesenheit beruht und daher keinen Namen hat. Wir entschieden uns erneut hier zu treffen, sobald sie aus ihrem Urlaub zurückgekehrt war.

Die Begegnungen häuften sich immer weiter an, mal unter Gesellschaft, doch oft nur zu zweit. Immer ging ich danach mit einem Klingeln im Kopf zu Bett, als ob jemand gegen eine Metallstange schlug und diese schrille Geräuschquelle zwischen meinen Ohren lag, doch glücklicherweise machte mir das nichts aus, denn es war nicht laut. Ehrlich gesagt hatte es, auf eine bestimmte Art und Weise, eine meditative Wirkung.

Irgendwann fingen die Leute an zu spekulieren. Ein Junge und ein Mädchen, vertraut, immer sah man sie zusammen. Schnell machte sie mir deutlich, dass sie kein solches Interesse an mir hatte. Übel nahm ich ihr das nicht, immerhin hatte sie es schonend verpackt und ich war sowas auch schon gewohnt. Vielleicht hatte ich es sogar erwartet. An diesem Abend spürte ich das Gefühl zum letzten Mal.

Wir lebten uns schließlich auseinander.

Jahre nach dieser Zeit denke ich immer noch an dich. Du warst anders, du warst besonders.

Du warst der Schlüssel meines Käfigs. Doch es bedurfte eines Jemand, der ihn nimmt und aufschließt.

Ich war zu benebelt um zu erkennen, dass das meine Rolle war.

U. Forsthain Collection - Lyrik und LiteraturWo Geschichten leben. Entdecke jetzt