Die folgenden Wochen und Monate vergingen fast schon wie im Fluge. Unter der Woche behielten sie ihren Rhythmus bei und an den Wochenenden gingen sie Essen, ins Theater oder auch ins Museum. Dinge, die Leute bei Dates nun einmal so taten. Inklusive Händchen halten und küssen. Dass sie eine wichtige Sache dabei nie thematisierten, ignorierten sie beide geflissentlich und genossen ihr bisschen hart erkämpfte Zweisamkeit.
Muriel hatte in der Zwischenzeit endlich ihre Arbeit abschließen können und erhielt sowohl von ihrer Universität als auch von Erziraphael großes Lob für ihre sorgfältigen Ausführungen. Und auch eine passende Gegenleistung für die Hilfe des Blonden war schnell gefunden: Sie half immer mal wieder im Laden aus, damit Erziraphael und Crowley Zeit für sich hatten.
Zudem hatte die Flamingoblume, nachdem sich Crowley davon überzeugt hatte, dass Erziraphael sie wirklich nicht erneut an den Rand des Todes bringen würde, zweifachen Zuwachs bekommen, der sich ebenso bester Gesundheit erfreute, trotz der inzwischen eisigen Dezembertemperaturen.
Unauffällig hatte sich die Vorweihnachtszeit angeschlichen, die erfüllt war von Abenden, die sie in Decken gehüllt am Kamin verbrachten. Oder aber Nachmittagen, an denen der Geruch von frisch gebackenen Keksen die Wohnung erfüllte. Und unter Umständen war insbesondere auf schwarzer Kleidung danach schonmal der ein oder andere Handabdruck an mehr oder minder sittsamen Stellen vorhanden. Doch wer war Crowley, dass er sich darüber beschweren würde.
Beschweren war da eher der Job des Blonden. Wobei ... beschweren war nicht das richtige Wort. Er wunderte sich vielmehr immer mal wieder laut darüber, wo denn die Mistelzweige immer wieder auf wundersame Art und Weise herkamen, die ihnen mit deutlich höherer Frequenz zu begegnen schienen als anderen Menschen. Crowley gab den Unwissenden, konnte jedoch ein schelmisches Grinsen nicht unterdrücken. Und wenn er das Funkeln in Erziraphaels Augen richtig deutete, schien ihn dieses Mysterium auch nicht wirklich zu stören.
An Heilig Abend saßen sie in trauter Zweisamkeit zusammen, bis Crowley irgendwann aufstand, um sich ein Taxi zu rufen.
„Bist du sicher, dass du nicht bleiben willst?", fragte Erziraphael leise, während er ihm seiner Worte zum Trotz des Schals umlegte. Crowley lehnte seine Stirn an die des Blonden.
„Du weißt, dass ich das nicht kann." Erziraphael nickte stumm und Crowley sah, dass er noch etwas hinzufügen wollte. Schnell hinderte er ihn daran, indem er die Lippen des Blonden mit den seinen verschloss.
„Wir sehen uns morgen bei mir." Mit diesen Worten verabschiedete er sich schweren Herzens. Gerne hätte er Erziraphael mit anderen Worten verabschiedet. Mit hoffnungsvolleren. Doch solange er selbst noch nicht sicher war, wollte er ihm keine Hoffnung machen.
*
Den ersten Feiertag verbrachten sie mit Nina und Maggie. Entspannt saßen sie zusammen und spielten Gesellschaftsspiele. Also weitestgehend entspannt. Sah man davon ab, dass das Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Brett irgendwann rein zufällig vom Tisch fiel. Was Crowley nur mit einem „ich bin ein Dämon, ich darf mich ärgern" kommentierte. Oder davon, dass Crowley und Erziraphael während einer Runde Cluedo mehr oder minder ernsthaft darüber stritten, wie letzterer immer wieder die erste Silbe des Wortes „Hinweis" betonte.
Aus absolut unerfindlichen Gründen, die garantiert nichts damit zu tun hatten, dass Erziraphael das Raclette deutlich hörbar genoss rutschte Crowley so lange unruhig auf seinem Stuhl herum, bis er den Blonden mit sich in die Küche zog, um Getränke zu holen. Dass sie Ninas und Maggies Lachen noch bis in diesen Raum hörten ließen sie genauso unkommentiert, wie die beiden die fadenscheinige Ausrede.
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Kintsugi - Goldenes Zusammensetzen
FanfictionEs hatte nur für eine Nacht sein sollen. Ein kleines Abenteuer. Eine Erinnerung, die einem auch Jahre später noch ein Lächeln - oder schamhafte Röte - ins Gesicht zaubern würde. Für diese Entscheidung hatten sowohl Erziraphael als auch Crowley ihre...