Kapitel 3 Die verwöhnte Göre

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Kapitel 3 Die verwöhnte Göre

„Fourth, wir wollen gleich die Wanderung beginnen. Die verwöhnte Göre müsste doch inzwischen wieder fit sein", schüttelte Mark den Kopf, „du bist der einzige, der mit ihm reden kann. Es geht nicht, dass er an keiner Gruppenaktivität teilnimmt. Kannst du ihn bitte überzeugen!", konnte Fourth seinen fordernden Blick nicht halten.

Seit sechs Tagen war Gems Fuß unverändert schmerzhaft. Zumindest verzog er das Gesicht gequält, wenn Fourth versuchte, ihn ohne Stütze stehen zu lassen. Die Verstauchung schien nicht zu heilen und Gem verlangte den Sohn der 'Butterblume' persönlich an der Seite, um zu genesen.

Er war so weit weg von seiner Mutter und sehnte sich nach der liebevollen Fürsorge, die ihm schon immer zuteil war.

Fourth erschien ihm als ein perfekter Ersatz.

Er war so freundlich, stark und auch zärtlich sanft.

Gem genoss die Pflege, die er von ihm bekam, in vollen Zügen.

„Dir ist doch wohl klar, dass dieser grimmige Typ nur simuliert, um weiter von dir verwöhnt zu werden!", wiederholte Mark das, was Satang zuerst und Perth als nächstes bereits gesagt hatten.

Seit dem Unfall im Wald war Gem nicht bereit, seine Hütte für die Gruppentreffen zu verlassen. Die Pädagogen waren mehrfach bei ihm, um seinen Zustand einzuschätzen. Fourth war jedes mal erstaunt darüber, wie Gem wieder sofort zu dem wütenden Jungen mutierte, wenn andere da waren. Er war grimmig, genervt und kurz angebunden.

„Ihr werdet auf mich verzichten müssen. Mein Fuß tut noch weh. Morgen geht es bestimmt besser!", drehte er sich im Bett einfach um und verlangte seine Ruhe.

Keiner wollte sich ihm nähern.

Fourth war der einzige, der ihn besuchen durfte.

Er brachte ihm das Essen, half ihm beim Aufstehen und seine kleinen Hände durften diesen so schlimm verletzten Fuß sanft massieren.

„Ich denke, wir sollten dich zum Arzt bringen. Warum geht es dir nicht besser?", sorgte sich Fourth bereits am zweiten Tag.

Doch Gems Antwort löste unaufhörliches Kichern in Fourth aus.

„Nein! Ich will nicht zum Arzt!", schmollten seine Lippen kindlich, „Solange du dich um mich kümmerst, geht es mir täglich besser!", lächelte er beseelt, „Bei dir habe ich gute Laune. Die anderen nerven nur und ich kann nicht heilen!", erklärte er Fourth seinen Entschluss.

Und er sah Fourth mit großen, fordernden Augen an.

„Hehehehehe!", kicherte Fourth und fühlte sich geehrt.

Der wütende Junge war immerhin handzahm und freundlich in seinen Händen.

Auch, wenn Fourth genau wusste, dass Gem ihn für seine Zwecke nutzte, fühlte er sich dazu bereit, ihn mit seiner Fürsorge zu verwöhnen.

„Fourth, bleibst du bei mir?", fragte Gem, während er das Kichern des Kleineren offensichtlich genoss, „Bitte!", kullerten seine Augen lieblich.

Und, was hätte Fourth denn anderes antworten können?

Er fühlte sich so wohl an Gems Seite. Sie lachten, redeten und hörten einander zu, wenn sie Geschichten ihres Lebens erzählten.

Eine Freundschaft entstand, die so tiefe Wurzeln schlug.

Beide spürten die Kraft, die ihre Verbundenheit bezeugte und Fourth erlaubte sich erstmals in seinem Leben, nicht die Konsequenzen seines Fernbleibens zu bedenken.

„Mark, er ist keine verwöhnte Göre!", antwortete Fourth zögerlich, „Ich kümmere mich schon um ihn. Geht ihr ruhig wandern!", klopfte er ihm auf die Schulter.

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