Kapitel 6

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Das klärende Gespräch

„Jonas," begann Julian erneut und sah ihn direkt an, „findest du nicht, dass du mich in letzter Zeit... naja, sagen wir mal, ein bisschen zu sehr verwöhnst? Ich meine, schau mich doch an!" Er klopfte sich leicht auf seinen Bauch, der unter dem Stoff seines Shirts deutlich sichtbar war. „Ich habe über 60 Kilo zugenommen, seit wir hier zusammenwohnen. Das kann doch kein Zufall sein."

Jonas hielt kurz inne, dann lächelte er leicht. „Julian, ich verwöhne dich, weil ich es mag, dir etwas Gutes zu tun. Du genießt es doch auch, oder?"

„Ja, klar," antwortete Julian, „aber manchmal habe ich das Gefühl, dass du das absichtlich machst. Als ob du willst, dass ich immer mehr esse und... naja, immer mehr zunehme."

Jonas sah ihn für einen Moment nachdenklich an, bevor er mit einem leichten Seufzen nickte. „Okay, Julian, ich gebe zu, dass ich es genieße, dich glücklich zu sehen, wenn du isst. Und ja, ich mag es, wie du dich verändert hast. Aber ich habe dich nie zu etwas gezwungen. Ich wollte nur, dass du dich wohlfühlst, dass wir eine gute Zeit haben."

Julian runzelte die Stirn, doch in seinen Augen lag keine Wut, sondern eher Verwirrung. „Also... du findest es gut, dass ich so viel zugenommen habe?"

Jonas nickte erneut und lehnte sich entspannt zurück. „Ja, Julian. Ich finde, du siehst gut aus. Zufrieden, entspannt. Das ist doch das Wichtigste, oder? Wie fühlst du dich denn?"

Julian dachte einen Moment nach. Er spürte die Last seines Körpers, das zusätzliche Gewicht, das ihn bei jedem Schritt begleitete. Aber er dachte auch an die gemütlichen Abende, die köstlichen Mahlzeiten und die Wärme, die er in Jonas' Gegenwart empfand. Schließlich zuckte er mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Einerseits fühle ich mich träge, andererseits... ja, ich mag die Zeit mit dir, das Essen, die Entspannung. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich so weitermachen sollte."

Jonas lächelte sanft. „Julian, du musst gar nichts entscheiden. Ich bin hier, egal, was du willst. Aber jetzt," er griff nach einem Teller auf dem Couchtisch, auf dem ein frisches Eclair lag, „wie wäre es, wenn du dir mal eine Pause von den Gedanken gönnst?"

Jonas setzte sich dicht neben Julian auf das Sofa und hielt das Eclair direkt vor dessen Gesicht. „Hier, probiere mal. Ich hab's extra für dich geholt."

Julian sah das Eclair an, das mit dicker Schokolade überzogen und mit Vanillecreme gefüllt war. Er spürte Jonas' Nähe, wie dieser ihn mit einem fast schelmischen Lächeln ansah. „Jonas, ich weiß nicht, ob das jetzt so eine gute Idee ist..."

„Komm schon," unterbrach Jonas ihn sanft, „nur ein kleiner Bissen. Für mich?" Er schob das Eclair näher an Julians Lippen.

Julian zögerte kurz, bevor er den Mund öffnete und vorsichtig hineinbiss. Die süße Creme und die weiche Glasur schmolzen auf seiner Zunge, und ein leises Seufzen entfuhr ihm. „Verdammt, das ist wirklich gut," murmelte er, noch bevor er den Bissen geschluckt hatte.

Jonas grinste zufrieden. „Siehst du? Ich wusste, dass es dir schmecken würde." Er nahm einen weiteren Bissen ab und hielt das Eclair wieder vor Julians Mund. Julian öffnete erneut den Mund, diesmal ohne Zögern, und ließ sich von Jonas füttern.

Während Jonas das Eclair Stück für Stück fütterte, fühlte er eine seltsame Zufriedenheit. Es war nicht nur das Vergnügen, Julian glücklich zu sehen, sondern auch die Nähe, die sie in diesem Moment teilten. Die Art, wie Julian das Essen genoss, ließen Jonas spüren, dass er ihm etwas Besonderes gab – einen Moment des puren Genusses und der Leichtigkeit.

Julian hingegen schwankte zwischen Genuss und Unsicherheit. Das Essen schmeckte fantastisch, und er fühlte sich geborgen in Jonas' Nähe, doch gleichzeitig dachte er an die Worte, die sie zuvor gewechselt hatten. Er fragte sich, wie viel Kontrolle er wirklich noch hatte – oder ob er sie schon längst abgegeben hatte. Trotzdem konnte er sich nicht davon abhalten, einen weiteren Bissen zu nehmen, als Jonas das Eclair erneut an seine Lippen hielt.

„Du bist wirklich unmöglich," sagte Julian schließlich und lachte, nachdem das Eclair bis auf den letzten Krümel aufgegessen war.

„Unmöglich gut," korrigierte Jonas mit einem Zwinkern. Er lehnte sich zurück, seine Hand ruhte auf Julians Schulter. „Also, wie fühlst du dich jetzt?"

„Voll," antwortete Julian ehrlich, legte eine Hand auf seinen Bauch und seufzte. „Aber auch irgendwie... zufrieden. Verdammt, Jonas, du bist echt gut darin, mich immer wieder rumzukriegen."

„Es ist kein ‚Rumkriegen', Julian. Ich will einfach, dass du glücklich bist. Dass wir beide glücklich sind," sagte Jonas und sah Julian direkt in die Augen. „Aber ich will auch, dass du weißt, dass ich dich so mag, wie du bist. Egal, ob du zulegst oder nicht. Es geht darum, was dir guttut."

Julian spürte die Ehrlichkeit in Jonas' Worten, doch es machte die Situation nicht weniger kompliziert. „Ich weiß das zu schätzen, Jonas. Aber ich glaube, ich muss erstmal rausfinden, wie ich mich selbst dabei fühle. Es ist viel... anders als früher, weißt du?"

Jonas nickte. „Das verstehe ich. Aber du musst das nicht allein herausfinden. Ich bin hier, okay? Wir machen das zusammen."

Julian lächelte, wenn auch ein wenig unsicher. „Danke, Jonas. Ich... ich glaube, ich brauche einfach Zeit, um das alles zu verarbeiten."

Die beiden saßen eine Weile schweigend nebeneinander, die leeren Teller auf dem Couchtisch vor ihnen. Es war ein Moment des Nachdenkens, aber auch der Nähe. Schließlich lehnte sich Julian zurück, ließ seinen Kopf auf Jonas' Schulter sinken und murmelte leise: „Du bist echt ein verdammt guter Freund."

Jonas legte einen Arm um Julian und lächelte. „Und du bist verdammt gut darin, meine Kochkünste zu genießen."


Jonas und JulianWo Geschichten leben. Entdecke jetzt