"Hayden?" Liv's Stimme war zaghaft. Fast schon ängstlich. Ich vergrub meinen kopf tiefer in meine Arme. Es waren schon Stunden seit Liv's 'Offenbarung' vergangen. Ich hatte verständnislos zugehört und die ganze Zeit den Kopf geschüttelt. Als Liv dann anfing genauer auf das Thema (Tod, Stadt, Ermordung,) einzugehen, war ich aufgesprungen und in den erstbesten Raum gerannt in den ich mich einschließen konnte. In diesem Fall eine Art Abstellkammer.
Ich hatte geschrien, Sachen herumgeschmissen, geflucht, geweint. Alles um mich von dem absurden Gedanken abzulenken, dass das vielleicht doch wahr sein könnte. Jetzt hockte ich in einer Ecke des dunklen, kleinen, demolierten Raumes und wahr in eine art Betäubung gefallen. Alles um mich herum wahr dumpf. Alles.
"Hayden komm bitte da raus. Bitte." Liv's Stimme drang flehend an mein Ohr doch ich ignorierte sie.
"Ich bin nicht tot", flüsterte ich so leise, dass ich mich wunderte dass Liv mir antwortete. Ebenso leise. Doch gut hörbar.
"Es ist wirklich schwer zu glauben. Ich meine, du schaust in den Spiegel und siehst dein Spieglbild. Du siehst dich. Du bist da. Du kannst Sachen berühren und spühren. Du kannst rennen, springen, tanzen, lachen, weinen. Es fühlt sich alles so verdammt echt und lebendig an."
Ich hörte wie Liv versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken.
"Doch das ist es nicht. Das bist du nicht. Und du wirst es auch nie wieder so sein. Du bist tot Hayden."
ich blickte auf. Die Taubheit wich und zum ersten mal wurde mir klar, dass auch Liv tot sein musste.
Wie zur Bestätigung meinte meine Freundin: "Du bist tot. Du bist es und ich bin es auch. Ebenso Mr. Steven und verdammt nochmal jeder andere hier in dieser beschissenen Stadt."
Liv klang frustriert und zutiefst verzweifelt.
Ich wischte mir mit dem Handrücken übers Gesicht. Tot. Aber warum? Warum war ich hier? Warum konnte ich mich benehmen als wäre ich (ganz eindeutig) noch lebendig? ich stand schwankend auf und ging zur Tür. Liv war zu Boden gesunken. Sie schaute nicht auf als ich die Tür öffnete. Ich gab Liv zeit sich die Tränen weg zu wischen und sich wieder zu fassen. Liv war kein sentimentaler Typ. Sie ging eher auf Abstand und konnte eher schroff als herzlich bezeichnet werden. Dass hatte ich in den paar Tagen hier schon über meine Mitbewohnerin herausgefunden. Und ich wusste auch, dass Liv es mir übel nahm, dass sie sich so gehen lassen musste.
"Hätte auch schneller gehen können.", mormelte Liv betont unhöflich. Als sie auf die Beine kam, sah ich sie ausdruckslos an. Ganz einfach aus dem Grund, weil ich nicht wusste welcher Ausdruck angemessen war. ich war Wütend, verständnislos, benommen, mitleidig und schuldbewusst zugleich.
"Tut mir leid" murmelte ich und zeigte hinter mich auf das Chaos, dass ich in der kammer angerichtet hatte. Liv, die sich wieder gefasst hatte, stöhnte und seufzte gleichzeitig.
Ich fuhr ernst fort.
"Ich habe fragen."
"Und ich habe vermutlich zum größten Teil antworten." Wieder ein seufzen von Liv. Sie deutete auf ihr größes Sofa und ich setzte mich. Sie flätze sich auf einen Sessel mir gegenüber.
"Also." Auffordernt sah sie mich an.
Ich ließ mir all meine fragen durch den kopf gehen und stellte die (meiner Meinung nach) offensichtlichste frage.
"Woher weißt du, dass ic- dass wir tot sind?"
Liv schnaubte und drehte sich in ihrem Sessel.
"Na is doch klar oder?" Sie sah mich spöttisch an. Eine kleine Rache für den gefühlsausbruch den ich ihr verschafft hatte. Ich nahm es nicht persönlich. Dennoch begriff ich nichts. Und so sah ich anscheinend auch aus.
Liv sprach weiter.
"Alle die hier in dieser Stadt sind, sind ermordet worden. Oder zumindest zu früh aus dem Leben gerissen worden."
Ich schüttelte den Kopf.
"Woher weißt du-"
"Die letzte Erinnerung du blödi! Hast du die etwa vergessen?"
Mir überkam ein frösteln. Der Mann, der mehrfach auf mich einstach. Wieder und wieder und wieder... wie könnte ich dass vergessen?
Liv sprach nun nicht mehr ganz so zünisch weiter.
"Nun jeder hat das als letzte Erinnerung. Also seinen Tod. Und dann... naja das grenzenlose gefühl keinen körper zu besitzen und hier wieder aufzuwachen." Hayden nickte. Sie konnte sich noch genau daran erinnern wie es wat nur ein Gedanke zu sein. Zu sein ohne zu Exsestieren.
"Viele haben versucht zurück zu gehen. Aber die Stadt hat Grenzen. Unsichtbare Mauern oder so. Wir sind gefangen. Aber..."
Ihre Stimme verlor sich und sie schaute Gedanken verloren aus dem Fenster.
"Aber?" Wollte ich weiter wissen.
Liv ließ sich zeit.
"Aber es gibt einen Ausweg. Eine Erlösung."
"Erlösung" wiederholte ich leise das Wort. Ich war kein religiöser Mensch und ich hatte Liv auch für keinen gehalten.
"Naja. So nennen es jedenfalls die meisten. Ich nenne es eher Ausgang. Kling zwar weniger dramatisch aber ich war glaube ich noch nie ein Fan von zu hochgesteckten Wörtern. Jede Woche öffnet sich dieser Ausgang auf dem Marktplatz. Und die, die bereit für ihre ach so tolle Erlösung sind gehen hindurch."
Ich verstand das alles einfach nicht. Das war mir alles zu übernatürlich.
"Was passiert wenn man durchgeht?" Fragte ich langsam.
Liv sah mich wieder an.
"Hayden. Wir sind zu früh gegangen. Aus der echten welt. Mörder oder andere Umstände haben uns unser Leben genommen. Das war so nich vorgesehen. Das war nicht gut. Also gibt es diesen Ort. Wir haben hier unendlich viel zeit um das geschehene zu verarbeiten, sich auf die Erlösung vorzubereiten und vielleicht noch ein bisschen weiter zu leben. Dann können wir gehen. Wohin weiß ich nicht. einige meinen der Ausgang führt zu Gott. Dass wir Engel werden und ihm dienen werden oder so ein Schwachsinn halt. Die Wahrheit ist wir verschwinden. Das wars. Das Ende wartet auf uns. Man löst sich auf und ist fort. Nichts mystisches oder so. Der Tod. Nochmal. Aber freiwillig und, ich denke zumindest, angenehm. Auch wenn ich mir gerne vorstelle dass eine horde halbnackter männlicher superstars auf mich wartet um mir die gefolgschaft zu schwören." Sie seufzte sehlig und ließ die arme baumeln. Ich lachte bei der Vorstellung, vergaß aber nicht ihre worte davor.
Der Tod wartet auf uns. Noch einmal.
Nur dieses mal, muss man ihn freiwillig wählen.
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Das vergessene Leben
FantasyHayden wacht ohne jegliche Erinnerungen in einer seltsamen Stadt auf. Schnell stellt sich heraus das Hayden auf bestimmte Gegenstände oder Momente mit Erinnerung aus Ihrem früheren Leben reagiert. Mit jeder neuen Erinnerung wird klar, irgendetwas i...