„Sehr gut! Und jetzt spring", kommandierte Flugpfote. Eulenpfote verlagerte ihr Gewicht von einem auf das andere Hinterbein und drückte sich dann vom Boden ab. Ihren kraftvollen Sprung, versuchte sie genau auf einen Punkt zu bündeln: Flugpfotes Rücken. Doch dann verfehlte die HimmelClanschülerin ihr Ziel leicht und streifte den Kater nur ein wenig an der Seite, womit sie ihn aber nicht aus dem Gleichgewicht bringen konnte und nur selbst auf dem staubigen Boden landete.
„Mäusedung!", fluchte sie und wollte sich gerade wieder aufrappeln, da stürzte der Schüler auf sie und hielt sie mit seinen kräftigen Beinen am Boden fest. Wohl darauf bedacht, die Krallen nicht auszufahren und die HimmelClanschülerin nicht zu verletzen. Diese wandte sich unter Flugpfotes Griff, doch dieser ließ nicht locker. Beinahe hätte Eulenpfote in ihrer Hilflosigkeit schon die Krallen ausgefahren, da dachte sie nach.
Ihr fiel wieder ein Trick ein, den ihr der MoorClanschüler erst vor kurzem gezeigt hatte: Sie drehte sich so, dass ihre verwundbare Bauchseite dem Kater da geboten wurde. Während Flugpfotes Augen aufblitzten und er andeutete, wie er Eulenpfote mit seinen scharfen Krallen über die Bauchseite fuhr, holte diese Blitzschnell mit einer ihrer Vorderpfoten aus und verpasste Flugpfote einen Klaps aufs Ohr, natürlich nur sachte und mit eingefahrenen Krallen.
Dann stach sie schnell wie eine Schlange die andere Vorderpfote unter dem Körper des Katers durch und schoss unter ihm hervor. Zufrieden leckte sich Eulenpfote über ihre Pfoten und schnurrte stolz, da ihr der Trick so gut gelungen war.
Vier Nächte war es nun her, dass Flugpfote der HimmelClanschülerin das Angebot mit dem nächtlichen Training gemacht hatte und Eulenpfotes Kopf brummte von den vielen Kampftricks, die nachts noch zu den ganzen Kräutern kamen, die sie tagsüber lernte. Aber immerhin fühlte sie sich trotz des nächtlichen Trainings nicht müde und konnte immer mit ihrer vollen Konzentration bei Olivenschweif sein, wenn er sie ein paar der unzähligen Kräuter lehrte.
„Gut gemacht", riss der MoorClanschüler Eulenpfote aus ihren Gedanken und schenkte ihr einen anerkennenden Blick. „Für heute reicht das. Schlaf nun noch ein bisschen", fügte er mit sanfter Stimme hinzu und sofort fühlte sich die Schülerin wie in weiche Federn und wohliges Moos gehüllt und die Landschaft um sie herum verblasste, sodass die Schülerin ohne von irgendwelchen Träumen gestört zu werden, in Ruhe bis zum Morgen schlafen konnte.
Das ganze Lager war schon in Aufruhr, als Eulenpfote erwachte und sich den Schlaf aus den Augen blinzelte. Olivenschweif war nicht im Bau und als die Schülerin ihren Blick der Lagerlichtung zuwandte, fiel ihr auf, dass fast alle Katzen ihre Baue schon verlassen hatten und aufgeregt tuschelten.
Eulenpfote fragte sich, ob wohl etwas vorgefallen war, als unwillkürlich Heidensterns Ruf vom Hochstein erklang: „Alle Katzen, die alt genug sind, ihre Beute selbst zu machen, mögen sich hier, unter dem Hochstein, zu einem Clantreffen versammeln."
Eulenpfotes Clanmitglieder waren zwar bereits fast alle auf der Lichtung, aber nach Heidensterns Ruf kehrte erst so langsam Ruhe ein und die Katzen versammelten sich im Halbkreis um den Hochstein, auf dem Heidensterns stolze Gestalt saß, die ihren Blick über die Katzen ihres Clans schweifen ließ und schließlich bei Eulenpfote haften blieb, die ihren Kopf aus dem Heilerbau gestreckt hatte.
Einen Moment ließ die Anführerin den Blick auf der Schülerin ruhen und in ihren Augen flammte ein Leuchten auf, wie Eulenpfote mit ihren scharfen Augen erkennen konnte. Doch was in diesem Moment durch Heidensterns Kopf ging, wusste nur der SternenClan und vielleicht auch Olivenschweif, der am Rand der versammelten Katzen saß und zu seiner Anführerin aufschaute.
Nach einer kurzen Zeit, in der Eulenpfotes Pfoten vor Unbehagen unter Heidensterns Blick prickelten, wurde der Ausdruck im Gesicht der Anführerin freundlich und sie winkte die Schülerin einladend mit ihrem Schwanz herbei. Froh, endlich wieder als richtiger Teil des Clans anerkannt zu werden, humpelte die Schülerin so schnell sie konnte am Frischbeutehaufen entlang und zu den versammelten Katzen, wo sie sich neben Falterpfote und Karottenpfote niederließ.
Die Anführerin wartete geduldig, bis es sich auch die letzte Katze bequem gemacht hatte, ehe sie begann: „Die Morgenpatrouille ist heute Morgen wieder mal zur MoorClangrenze aufgebrochen. Doch heute war es nicht wie sonst friedlich, sondern eine kampfeslustige Stimmung lag in der Luft.
Der MoorClan hat die Grenze ein gutes Stück in unser Territorium hinein verschoben und sie kräftig markiert. Außerdem hat er eine starke Kampfpatrouille von mindestens zehn kampferfahrenen Kriegern an der frischen Markierung postiert, doch es könnten sich noch mehr im Gebüsch verstecken.
Natürlich hatte unsere Morgenpatrouille von vier Katzen keine Chance gegen die MoorClankrieger. Daher sind sie auf direktem Weg zurück geeilt, ohne dass die Krieger des MoorClans sie bemerken konnten."
Als die Anführerin mit ihrem Bericht geendet hatte, ging ein Raunen durch die Menge, aus dem sich schließlich einige Wörter heraushören ließen, wie: „Angriff!"; „...Pelz zerfetzten!"; „...Blut vom MoorClan!";... Eulenpfote fiel auf, dass die Katzen ihres Clans alle nur eins wollten: den MoorClan angreifen und die Grenze zurückerobern. Das Geschrei auf der Lichtung war sogar so laut, dass sie ihre eigenen Pfotenschritte nicht mehr hören konnte, die sie zurück zum Heilerbau trugen.
Benommen ließ sich die Schülerin in ihr Nest sinken und schloss die Augen. *Ich muss Flugpfote warnen!*, dachte sie sich verzweifelt, doch dann schlug sie die Augen wieder auf und hätte sich am liebsten selbst einen Klaps aufs Ohr gegeben.
*Dämlicher Fellball!*, schimpfte sich die Schülerin selbst. *Erstens, ist der MoorClan selbst schuld, wenn er angegriffen wird, denn er provoziert ja einen Angriff und zweitens, sollte ich keinem feindlichen Krieger etwas von den Absichten meines Clans sagen! Unter keinen Umständen! Das ist doch Verrat!*
Entsetzt über sich selbst starrte die Schülerin an die Höhlendecke des Heilerbaus und atmete tief durch. *Aber ich verrate doch auch Flugpfote, wenn ich ihm den Angriff verschweige, obwohl er mich trainiert!* Verzweiflung machte sich in Eulenpfote breit, bis sie schließlich eine Entscheidung traf: *Mein Clan geht stets vor jede andere Katze und auch wenn mich Flugpfote trainiert und er ein unschuldiger und gutherziger Kater ist, könnte er mir dennoch keinen Verrat vorschreiben, solange ich es wegen dem Gesetz der Krieger tue.*
Die Schülerin wusste, dass sie richtig entschieden hatte. Das würde auch der Wille des SternenClans sein, aber trotzdem konnte sie sich der Kampfbereitschaft ihrer Clangefährten noch nicht so ganz anschließen und trotz alledem konnte sie auch ihr ungutes Gefühl nicht los werden. *Was ist, wenn sich Flugpfote verletzt, oder sogar stirbt?*, fragte sie sich. *Das würde ich mir nie verzeihen!*
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Warrior Cats - Eulenpfotes Geschichte1 ~Zeichen der Wolken~
Fanfic»Die Eule, sie wird über den Wald gleiten und den Stolz einer Anführerin auf ihren Flügeln tragen. Doch der Weg, er ist voller Felsen und Berge, die ihn versperren und er ist lang und gefährlich...« Drei Clans bevölkern den großen Wald: HimmelClan...