ACHT

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Keighley wachte von der blendenden Sonne auf. Sie hatte sowohl vergessen einen Wecker zu stellen, welcher unberührt auf ihrem Nachttisch stand, als auch die Vorhänge zu zuziehen. Doch beides kombiniert erwies sich als gar nicht so schlechte Kombination, denn ohne das Sonnenlicht hätte sie bestimmt verschlafen. Es war erst 8:30 Uhr und doch schien die Sonne schon so hell wie gewöhnlich am Nachmittag. Keighley schwang sich überraschend fit und motiviert aus dem Bett und warf sich den Bademantel über. Handtücher, hatte man ihr gesagt, befänden sich im Duschraum. Sie machte sich auf den Weg dorthin. Der Raum befand sich genau neben den Toiletten, in der Mitte des Schlaftraktes. Sie trat hinein und war erst in einem Raum voller Waschbecken und Spiegeln an denen sich schon um die dutzend Mädchen zu Recht machten. Links war jedoch der Durchgang zu den vielen Duschen, den Keighley gesucht hatte. Gleich nach dem Gang kam ein riesiges Regal voll mit Handtüchern zum Vorschein, gleich daneben ein großer Korb für die benutzten. Keighley betrat eine der freien Duschkabinen. Erst gelangte man in einen kleinen Vorraum, wo sie ihre Schlappen abstellte, welche sie am Vorabend noch in einer Ecke ihres Zimmers entdeckt hatte und Bademantel und Handtücher aufhängte. Danach schob sie den Vorhang der Dusche zur Seite, welche nicht so klein war, wie Keighley erwartet hatte.

Nach einer heißen Dusche und mit geföhnten Haaren stand Keighley wieder vor ihrem Kleiderschrank. Eine neue Kombination zu finden war gar nicht so leicht, bei so einer kleinen Auswahl. Sie zog dieses Mal eine der weißen Blusen und einen der schwarzen Röcke an. Sie blieb aber noch immer bei den Sneakers, welche sie total bequem fand. Heute wollte sie die Haare offen Tragen, da sie sich wundervoll wellten und die Farbe besonders kräftig war. Sie trug dasselbe Make Up auf wie am Abend zuvor vollendete sich mit einem Spritzer des rosa Parfums. Um viertel nach 9 verließ sie ihr Zimmer. Im, trotz der variierbaren Esszeiten, vollen Speisesaal, suchte sie nach dem Tisch, an dem sie gestern zu Abend gegessen hatte. Doch niemand saß dort. Betrübt stellte sie sich zunächst in der Schlange an, die recht kurz war, da alle bereits aßen, und bekam wie beim letzten Mal eine große Auswahl geboten. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass keine Bedienung mehr hinter der Theke stand, dafür aber auf der Theke ein Buffet aufgebaut worden war. Erst als sie den Geruch frischer Brötchen unter ihr bemerkte, realisierte sie dies. Sie nahm sich ein Tablett und sah sich die Auswahl an. Brötchen, Wurst, Käse, verschiedene Aufstriche; Eier, sowohl gekochte als auch Spiegel- und Rührei; die verschiedensten Müsli und Cornflake Sorten und sogar gebratener Speck bot sich zum Essen an; und ganz am Ende standen mehrere Teller voll mit Obst, vom Apfel bis zur Mango. Mit gefülltem Tablett wandte sie sich wieder den Tischen zu und überlegte verzweifelt, wo sie nun hinsollte. „Deine Clique von gestern ist schon am Mutatio, die Füchse haben sich anscheinend schon wieder in den Haaren.", sagte plötzlich eine Stimme so nah an ihrem Ohr, dass Keighley vor Schreck fast das Tablett aus der Hand viel. Sie drehte ihren Kopf ruckartig in die Richtung der Stimme. Jasper schaute sie amüsiert an. „Sorry, wollte dich nicht erschrecken", sagte er und setze eine Unschuldsmiene auf. Eine süße Unschuldsmiene. Keighley errötete. „Mach das nicht nochmal," entgegnete sie mit ironisch scharfem Unterton. „Mach ich nicht. Komm, du kannst dich zu mir an den Tisch setzten." Ob Keighley das wirklich wollte, wusste sie nicht. Aber sie konnte das Angebot ja schlecht ablehnen, vor allem: Wo sollte sie sonst hin? Also folgte Sie Jasper zu einem Tisch mitten zwischen Eingangstür und ihrem gestrigen. An dem Tisch stand ein Tablett ohne Besitzer, auf dem Stuhl gegenüber saß ein Junge mit lockigen braunen Haaren, damit beschäftigt sein Brötchen mit Marmelade zu beschmieren. Als die beiden sich näherten, sah er auf und blickte Keighley mit forschenden grünen Augen an. „Na Jasper, wenn hast du dir denn da schönes geangelt? Die Neue, sie an.", neckte er. Jasper boxte ihm im Vorbeigehen freundschaftlich gegen die Schulter und nahm dann auf dem Stuhl Platz, vor dem das besitzerlose Tablett lag. „Rede nicht so doofes Zeug, ihre Gruppe, in der übrigens auch deine Schwester ist, ist schon fertig mit essen. Soll sie etwa alleine sitzen?" Seine Schwester?, Keighley musterte den Jungen und verglich ihn mit Alyson, Nathalie und Miley. Keine Chance, sie fand es nicht heraus. „Hey ich bin Keighley. Wer ist deine Schwester?", mischte sie sich in das Gespräch ein. Nebenbei bemerkte sie, dass Jasper mit einer Handgeste auf den Stuhl neben ihm wies. Sie setzte sich wortlos neben ihn und wartete auf die Antwort des Jungen, welcher gerade von seinem Brötchen abgebissen hatte. Während er noch den letzten Bissen kaute, antwortete er: „Meine Schwester ist Miley. Ich heiße übrigens Percy. Freut mich dich kennen zu lernen." Und da viel Keighley auf, was die beiden gemeinsam hatten. Absolut die gleichen Augen. Der gleiche Grünton umrandet mit kleinen gelben Punkten. „Ja, mich auch.", erwiderte sie knapp. Still aß jeder für sich sein Essen. Percy begann das nächste Gespräch: „Und, was machst du heute noch so?" Keighley musste ernsthaft überlegen. Sie hatte absolut keine Ahnung. „Ich weiß es nicht, ich würde ja gerne mit den anderen diesem...Mutatenio..." „Mutatio", verbesserte Jasper mit gedämpfter Stimme, scheinbar amüsiert. „...Mutatio...", fuhr Keighley fort „..aber ich kann mich ja noch nicht verwandeln...Also werde ich wahrscheinlich den ganzen Tag in der Bibliothek rumlungern. Und ihr?" Es war Jasper der antwortete: "Soweit ich weiß wird Percy in der Sandgrube üben. Ich werde mich dann daneben in die Wiese legen und ihm zugucken oder mich ausruhen. Auf die Wiese könntest du mitkommen, wenn du magst." Nein ich mag nicht, nein ich mag nicht! Doch ihr Mund redete ohne einen Befehl: „Gerne."

Die drei vereinbarten, sich 20 Minuten nachdem sie den Speisesaal verlassen hatten vor der Eingangstür zu treffen. Oben auf ihrem Zimmer lief Keighley gefühlt eine Stunde nervös hin und her. Sie war total aufgeregt. Wenn Percy trainieren würde, wären sie und Jasper ja allein. Ihr kam der Gedanke, Alyson oder eine der anderen beiden zu fragen, ob sie mitkommen wollen. Aber erstens waren diese immer noch beim Mutatio und zweitens hatte Jasper sie eingeladen, nicht die anderen. Es schien Keighley unhöflich, einfach so noch Freunde mitzubringen. Und dann gab es da noch den wahren Grund. Mit Jasper allein sein.

Überpünktlich machte Keighley sich auf den Weg in den ersten Stock, da sie noch kurz Zeit hatte, betrat sie die Bibliothek, um sie sich einmal von innen anzuschauen. Es war unglaublich. Keighley hatte noch nie so hohe und viele Bücherregale gesehen, geschweige denn in einem Raum. Da der Raum einfach endlos schien, hatte er auch noch genügend Platz für mehrere Sitzecken mit bequemen Sesseln und einigen Tischen. Trotz des schönen Wetters und der Ferien war die Bibliothek nicht wenig gefüllt. An einem Schreibtisch ganz am Rand saß Joshua und tippte etwas in einen PC. Keighley war zunächst überrascht ihn zu sehen, doch dann viel ihr ein, dass er ja der Bibliothekar war. Als hätte er ihren Blick gespürt sah er auf und lächelte sie an. Dafür, dass er sie gestern so einfach stehen gelassen hatte mit so vielen unbeantworteten Fragen im Kopf, schien er ja sehr normal drauf zu sein. Als Keighley schon dachte nun käme nichts mehr, winkte er sie zu sich. „Hallo Keighley, tut mir leid, dass ich gestern so verschlossen und mysteriös und vor allem kein bisschen fürsorglich war. Deine Veränderung hatte mich ziemlich erschreckt. Ich bin da aber gerade an etwas dran," sagte er und deutete auf den PC, dessen Bildschirm Keighley nicht sehen konnte. „...wenn wir Glück haben, habe ich in ein paar Stunden schon Antworten. Kannst du bitte um 16 Uhr wiederkommen? Dann können wir auch noch ein bisschen mehr reden." Keighley nickte. Sofort rechnete sie aus wie viel Zeit ihr mit Jasper bleiben würde. Noch etwas über 5 Stunden, na wenn das nicht genug ist.

Wie verabredet standen die drei nach der ausgemachten Zeit an der Eingangstür der Schule. Jasper hielt für sie die Tür auf und Percy schlug den Weg nach links ein. Schon bald kamen sie zu der Sandgrube. Keighley, die die ganze Zeit in den Wald gestarrt hatte, vielleicht um Blickkontakt zu vermeiden, vielleicht weil dieser so gewaltig und atemberaubend war, riss sich von dessen Anblick los und bekam fast einen Herzinfarkt, als sie in die Grube sah. Eine, für ihre Art zu große, Kobra schlängelte dort umher und zischte gefährlich, als Percy auf sie zuging. Man sah Keighley ihren Schockzustand anscheinend an, denn Jasper näherte sich ihr und griff nach ihrer Hand. Als er sie berührte vergaß sie die Kobra. Er zog sie sanft in seine Richtung, durchbohrte sie dabei mit seinen grauen, wie Eis schimmernden Augen. Sie bemerkte seine kräftige Ausstrahlung, musterte seine gut trainierte Figur. Seine dunkel brauen, fast schon schwarzen Haare fielen ihm an einer Seite in sein perfektes Gesicht. Aus den Augenwinkeln sah Keighley plötzlich eine seltsame Bewegung, die ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Jasper wusste anscheinend, obwohl er mit dem Rücken zum Geschehen stand, was der Grund dafür war. Langsam wandte er sich ab und wollte sie noch mittiger auf die Wiese führen, doch Keighley bewegte sich nicht. Sie starrte immer noch auf das plötzlich erschienenen Totenkopfäffchen am Rande der Grube. Von Percy, der zuvor genau an dieser Stelle stand, keine Spur.

Lamina - Born (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt