VIER

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Als die beiden Mädchen den Speisesaal erreichten, war dieser schon vollgefüllt. Ratlos sah sich Keighley um. Plötzlich bemerkte sie, dass sich alle zu ihr umgedreht und ihre Gespräche abgebrochen hatten. Sie merkte die Röte in ihr aufsteigen und wollte am liebsten umdrehen und auf ihr Zimmer rennen, doch bevor sie dazu die Gelegenheit bekam, rettete Alyson die Situation: „Komm, du kannst bei mir und meiner Clique sitzen!", sagte sie und zog sie mit sich zu einem Tisch weiter hinten. Am Tisch saß bereits ein braunhaariger schlanker Junge, der sich mit einem blonden Mädchen neben ihm über ein Arbeitsblatt gebeugt hatte, bevor Keighley erschienen war, und das Mädchen, das Alyson im Flur an die Uhrzeit erinnert hatte. Alyson setzte sich auf ihren scheinbar festgelegten Platz und bedeutete Keighley, sich auf den freien Platz neben ihr zu setzen. Diese, immer noch mit den Blicken der anderen Schüler im Rücken, setzte sich rasch und blickte nach unten. „Danke, du hast mir eine sehr peinliche Situation erspart." Flüsterte sie Alyson zu. Diese strahlte „Kein Problem! Die neuen Schüler werden immer so angegafft. Aber bei dir ist es noch krasser! Milena hat von dir so geredet, als wärst du was ganz besonderes...Deshalb bist du jetzt noch interessanter!" Keighley starrte sie verwirrt an. „Frag mich nicht", sagte Alyson und zuckte mit den Schultern. In dem Moment kam Milena durch die Tür und die kurz zuvor angefangen Gespräche verstummt wieder. „Bevor ich jetzt das Buffet eröffne, möchte ich euch alle mit eurer neuen Mitschülerin bekannt machen." Alle drehten sich zu Keighley um. Keighley wurde wieder rot aber ermahnte sich, gerade zu sitzen und selbstbewusst zu wirken. „Das ist Keighley McClare, sicherlich habt ihr schon ein bisschen über sie gehört...Sie kommt aus Bedford und ist in Stufe 2. So, bevor ich sie jetzt noch weiter in Verlegenheit bringe würde ich sagen, ihr könnt nun anfangen zu essen." „Was ist ihr Lamina?", eine unbekannte Stimme erhob sich aus der Menge. Dann guckten alle Milena erwartungsvoll an. Sogar Keighley hob ihren Blick und lauschte. „Das werden wir wohl noch ermitteln müssen..." Lautes Gemurmel ging durch die Menge und Keighley versank in ihrem Stuhl. Alyson stieß sie an „Hey, keine Sorge, das ist nichts Schlimmes. Ich bin sicher du musst nur trainieren..." Obwohl Keighley keine Ahnung hatte was das heißen soll, nickte sie. Das Gemurmel verstummte allmählich und die Schüler holten sich ihre Ration an Essen ab. Keighley stellte sich absichtlich ganz hinten in der Schlange an, damit keiner sie dumm angaffen konnte. „Hey", hörte sie hinter sich eine neue Stimme. Als sie sich umdrehte sah sie in glassklare graue Augen. Er lächelte sie an und Keighleys Mund war plötzlich extrem trocken. Sie brauchte ganz dringend etwas zu trinken. Aber sie musste antworten, immerhin kann sie ihn jetzt nicht eiskalt hier stehen lassen. Wenn der mich jetzt auch nach meinem Lamina fragt, geh ich einfach, dachte sich Keighley und öffnete ihren Mund zu einem schüchternen „Hey". „Ich bin Jasper." Cool, und was jetzt? Soll ich jetzt irgendwas darauf erwidern oder ist das Gespräch beendet? Er schien ihre Verlegenheit zu bemerken: „Du bist in der gleichen Stufe wie ich...und wir haben zusammen Mathe und Geschichte, deshalb dachte ich, ich spreche dich einfach mal an." Und dann folgte ein bezauberndes Lächeln. Jetzt, da er sich ihr angenähert hatte, und sie wusste, dass er sie nicht nur ausfragen wollte, sah Keighley sich ihn genauer an. Er war ein gutes Stückchen größer als sie und hatte dunkelbraune Haare. „Ähm ja, äh ... cool, okay...ich bin Alyson. Nein warte, ich bin Keighley! Oh mein Gott...", Keighley sah nach unten und schüttelte den Kopf. So gut hat bestimmt noch nie jemand versagt. „Schon gut, ist bestimmt anstrengend, der erste Tag, da kann man den Namen ja schon mal vergessen." Jasper wollte zwar die Peinlichkeit in Spaß umwandeln, doch er machte es nur noch schlimmer. Wie peinlich! Um nicht doof rüberzukommen zwang sie sich trotzdem dazu, verlegen zu lächeln. „Junges Fräulein, was hätten sie gerne alles?", die Frau hinter der Theke sprach Keighley an, und als diese herumfuhr, zeigte sie auf die verschiedenen Speisen und Beilagen. Es gab verschiedene Salate, eine Hühner- und eine Tomatensuppe und Schnitzel mit Pommes zur Auswahl. „Ähm...eine Tomatensuppe und...den Salat mit dem Mais und der Paprika...bitte." „Kein Fleisch?" „Nein Danke, ich hab gut gefrühstückt.", log Keighley ohne dass es auffiel. Sie hatte so gut wie gar nichts gefrühstückt, lediglich hatte sie einen Kakao getrunken und ein halbes Brötchen in sich hineingezwungen. Doch sie hatte immer noch keinen Appetit. Während die Frau ihr das Gewünschte auf ein Tablett lud, bemerkte Keighley aus den Augenwinkeln, dass Jasper sie immer noch ansah. War das Gespräch noch nicht zu Ende? Erwartet er noch eine Erwiderung, oder einen Abschied? Keighley nahm das Tablett entgegen und drehte sich zu Jasper. „Na dann, ähm...wir sehen uns sicher später...irgendwo.", stotterte sie und er nickte als Antwort und versuchte, ein Schmunzeln zu unterdrücken. Keighley drehte sich schnell weg und lief zu ihrem Tisch zurück. Die anderen vier hatten ihre Mahlzeiten schon zur Hälfte verzehrt, sodass sie sofort anfing, rasch ihre Suppe zu leeren. „Oh nein, Keighley! Ich hab dir ja noch gar nicht die anderen vorgestellt! Das blonde Mädchen da ist Nathalie, sie ist die Vertrauensschülerin und das sind Nick und Miley. Ich bin mit ihnen im gleichen Jahr auf die Schule gekommen und wir waren von Anfang an Freunde. Nur dass ich nicht mit ihnen im gleichen Lamina-Unterricht bin. Die beiden sind im Kleintier, ich ihm Rild, das heißt Raubkatzen und Wildhunde. Dort habe ich dann Nathalie kennen gelernt - sie hat das selbe Lamina wie ich - und darum sind wir jetzt alle eine Clique. Ich hoffe du bist auch in einem der beiden Unterrichte, sonst wärst du ganz alleine! Sonst müsstest du dir ja auch noch eine Kurspartnerin suchen und die würde dann auch noch in die Clique gehören, nicht dass ich da was gegen hätte, aber wenn das immer so weitergeht, dann..." Nathalie, das Mädchen vom Flur, fischte ohne zu zögern eine Gurke aus ihrem Salat und warf Alyson diese gut gezielt ins Gesicht. „Dieses Gebrabbel hält man ja nicht mehr aus Allie!" Nick und Miley fingen sofort an zu lachen und Keighley und Nathalie stimmten mit ein, als Alyson mit undefinierbarer Miene die Gurke von ihrer Wange schleuderte. „Na warte, jetzt gibt's Rache!", knurrte sie mit unüberhörbarer Vorfreude und warf eine ihrer Tomaten nach Nathalie, gefolgt von einem Salatblatt. Nathalie wich beiden geschickt aus und setzte ein siegreiches Lächeln auf. „Tja, ich würd sagen, der bessere Fuchs hat gewonnen." „Niemand hat gewonnen!" gaffte Alyson zurück und stand auf. „Wir treffen uns gleich, am Mutatio, und dann sehen wir wer der bessere Fuchs ist!", sie schob ihren Stuhl an den Tisch und sauste davon. Als ihr hennarotes Haar hinter der großen Tür verschwunden war, fingen alle 4 an zu lachen. Als Keighley schließlich auch fertig gegessen hatte, und mit Nathalie zusammen ihr Tablett wegbrachte, bemerkte sie vom Nachbartisch wieder die ihr schon bekannten grauen Augen von Jasper, die sie bis zur Tür begleiteten.

„Hey! Was war das eigentlich da vorhin mit Jasper?", fragte Nathalie. Sie und Keighley waren gerade auf dem Weg in den zweiten Stock. „Was soll gewesen sein? Er hat sich vorgestellt, mehr nicht!", antwortete Keighley ein bisschen zu hastig, was natürlich nicht unbemerkt blieb. „Pff, na klar! Ich kenne Jasper schon einige Jahre und ich kann dir sagen, bei den ganzen tausend Neuen, die schon hier hergekommen sind, hat er höchstens vier begrüßt, und das waren alles Jungs!" „Keine Ahnung warum er mich anspricht! Jedenfalls ist nichts passiert." „Wie findest du ihn?" „Was? Wie...wie ich ihn finde? Er ist nett...und höfflich...mehr aber auch nicht. Du, lass uns jetzt bitte über was anderes reden, ja? Ich...bitte." „Na klar ich wollte ja nur mal fragen, immerhin bist du..." „Anderes Thema!"-„Okay, ist ja schon gut!", Nathalie fing an zu lachen. „Uuuh Mädels, schaut mal! Da ist die Neue! Keighley-WAD.", eine hohe Stimme empfing die beiden Mädchen am Ende der Treppe, gefolgt von lautem Kichern. „Oh nein. Das sind die drei Schlampen, die einem das Leben zerstören wollen.", stöhnte Nathalie genervt und wollte umdrehen. „Halt, halt! Das war doch nicht so ernst gemeint! Hallo Keighley, ich bin Vivien Misset. Und das sind Brownie Compase und Claire Meguffy." Der Besitzer der Stimme war ein blondes Mädchen, in Begleitung mit noch einer Blondine und einer Lilahaarigen. „Hat sich aber schon ziemlich ernst angehört Misset. WAD sagt man nicht, war nur früher mal ein Trend. Keighley, nur zur Information: das heißt „without a destiny" und ist eigentlich total unnötig, da jeder eine Bestimmung hat. Bitte, lass uns einfach gehen, bevor Compase giftig wird.", Nathalie lachte sarkastisch und wandte sich an die Lilahaarige: "Giftig, du verstehst?" Dann durchquerte sie in schnellem Tempo den zweiten Stock und als sie bei der nächsten Treppe angekommen ist, folgte Keighley ihr, ohne die drei Mädchen noch einmal eines Blickes zu würdigen. Sie hörte nur noch leises Gelächter, als sie ihr Zimmer aufsuchte.

Lamina - Born (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt