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~*~

Na du, ich bin Mia, 17 Jahre alt und würde gern eine Art Brieffreundschaft anfangen. Mag jetzt vielleicht komisch klingen, aber ist halt so. Also, ich würde mich freuen wenn du zurückschreibst und wir uns ein bisschen nett unterhalten können. Über Briefe und wenn du willst auch über's Handy.
Ich wohne :

Am Schwalbennest 5
04205 Leipzig

Ich hoffe du schreibst mir

Mia

~*~

Die Wochen vergingen und im Briefkasten herrschte gähnende Leere. Beziehungsweise kamen keine Briefe von diesem gewissen "du". Wer auch immer das werden würde. Wenn denn mal ein Brief kommen würde. Bis jetzt tat es das jeden falls nicht.

Völlig verschwitzt und ausgelaugt kam ich wie immer um 18:30 Uhr vom Training. Als ich mich frisch geduscht hatte, band ich meine Haare in ein Handtuch, zog mir meine Schlafsachen an und ging nach unten. Der Tisch war schon gedeckt und so setzte ich mich gleich neben meine Schwester an den Tisch. Meine Eltern waren anscheinend schon fertig denn sie aßen nichts und schauten nur Lena und mir beim Essen zu. Ich merkte bald das etwas nicht stimmte, kam aber lange nicht darauf was es war. Erst als Mum sich räusperte bemerkte ich die drückende Stille die die ganze Zeit über auf unseren behaglichen Runde gelegen hatte. Aber Mum sagte nichts. Sie räusperte sich wie man es vor langen Reden tut, aber da kam nichts.

Eine Weile lang hörte man nur das Summen des Kühlschranks und das Klappern des Bestecks. Dann hob mein Dad an: "Hast du uns nichts zu sagen, Mia? ". Ich überlegte: Ich hatte letztens eine 3 in Chemie bekommen aber das war ja nun wirklich unrelevant. Meine Eltern hatte schon seit einer Weile aufgehört meine Noten zu kontrollieren und meine Zeugnisse fielen ja auch immer recht gut aus. Hatte ich irgendwas vergessen? Ich kramte im hintersten Winkel meines Gehirns nach. Aber nein da war nichts.

" Irgendwas über einen Brief ?", fragte meine Mum. Ein Brief ?!? Ach DER Brief. " Ah ja ich habe vor ein paar Wochen, einen Brief per Luftballonpost einen Brief verschickt. Wie du damals mit Katrin."

"Ja anscheinend hat jemand deinen Ballon gefunden."

"Echt? Ist ein Brief zurück gekommen?. Das wäre ja toll. Ich habe echt schon die Hoffnung aufgegeben." Ich freute mich wirklich. Ich meine Briefe schreiben war ja nun nicht wirklich modern und der Inhalt von meinem Brief lässt nicht gerade auf eine normale Person schließen.

"Mia, wir möchten nicht das du mit fremden Leuten Briefe schreibst. Da könnte sonst wer hinter stecken"

Bitte was? Das sagt meine Mum die doch selber eine Brieffreundschaft geführt hat. "Aber, Mum du hast doch..."

" Ich weiß selber was ich gemacht habe. Aber damals war das noch nicht so schlimm mit diesen ganzen pädophilen Kinderschändern. Wir möchten nicht das dir etwas zustößt."

"Als ob ich mit meinen 17 Jahren nicht selber auf mich aufpassen kann. Ich kann das einschätzen. Von Treffen war noch gar keine Rede. Vielleicht verstehen wir uns ja gar nicht. Und wer sagt das es unbedingt ein Junge sein muss. Lasst mich bitte mit wer auch immer das ist schreiben."

"Mia, du weißt genau das es alte Männer gibt die sich für sonst wen ausgeben um das Vertrauen von Mädchen wie dir zu erlangen."

Das war doch zum Verzweifeln. Was kann ich denn dafür das ich in dieser Zeit geboren bin. Ich wollte einfach nur einen neuen Freund finden. Egal ob Junge oder Mädchen. Von einem Treffen war nie die Rede gewesen ich will einfach nur Briefe schreiben.

" Doreen, lass die doch erst mal mit diesem jemand schreiben. Wir wissen auch nicht wer dahinter steckt." mischte sich nun auch mein Vater ein.
"Wie bitte? Fällst du mir jetzt in den Rücken. Du siehst doch auch die Nachichten. Erst letztens ist wieder ein Mädchen verschwunden. Wolfgang das kann doch nicht dein Ernst sein. "

"Doch das ist mein Ernst. Lassen wir sie doch erst mal schreiben. Aber Mia ich halte es für vernünftig wenn du uns einmal in der Woche erzählst was ihr so schreibt. Wir möchten wissen mit wem du dich abgibst. Was haltet ihr davon?"

Man sah meiner Mum an das sie nicht ganz zufrieden war, aber sie willigte ein. Auch ich fand die Idee echt gut. Ich hatte nichts zu verlieren. Ich konnte mit dem- oder der-jenigen schreiben und da ich eh keine Geheimnisse vor meinen Eltern hatte, machte es mir nichts aus das ich ab und zu Bericht erstatten sollte.

"Ist in Ordnung." sagte ich. "Darf ich den Brief jetzt mal sehen. ?"

Mum stand auf und ging zu unserer Sammelstelle für Post. Nachdem sie eine Weile gekramt hatte, kam sie mit einem kleinen Brief in der Hand wieder. Im Vorbeigehen warf sie ihn leicht auf meinen leeren Teller. Dan setzte sie sich und beide Elternteile inklusive Lena, die die ganze Zeit über noch kein Sterbenswörtchen gesagt hatte, schauten mich gebannt an.

"Nun mach schon auf" meckerte Lena. Alle schauten mich gespannt an, wären ich nur ausdruckslos auf den Brief starrte. Langsam nahm ich ein Messer und öffnete ihn mit kurzen Schnitten. Heraus fiel ein Brief, geschrieben mit Kugelschreiber auf linierten Papier eines Schulblockes. Ich weiß nicht was ich erwartet hatte. Einen mit Feder und auf altem vergilbten Papier geschrieben Brief ? In feiner Schnörkelschrift geschrieben? Ich weiß es wirklich nicht.

Ich faltete das A4 Blatt auseinander und mich erwartete ein kurzer aber aussagekräftiger Brief.

Hi Mia, DU ist ein Junge aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Farnkfurt am Main. Ich heiße Ethan, bin gerade 18 geworden und wollte schon immer eine Bieffreundschaft führen. Ich stell mir es voll schön vor mit jemanden zu schreiben den man gar nicht kennt. Man kann ihn dann langsam kennenlernen ohne irgendwelchen Druck. So nach dem Motto: Ich muss schnell Freunde finden, sonst spielt niemand mit mir. Ich freue mich dich kennenzulernen und hoffe das du bald zurückschreibst.

Du erreichst mich hier:

Pfortenstraße 1
61138 Niederdorfelden

Ethan


Ich las den Brief einige Male durch, dann steckte ich ihn wortlos zurück in den Brieffumschlag und aß weiter. Ab und zu schielte ich leicht nach oben und sah das meine Mum vor Neugier platzte. Ich musste mir das Lachen echt verkneifen. Auch sie musste schmunzeln. " Nun ließ schon vor Mia" meinte sie belustigt. " Das ist jetzt nicht bei jedem Brief so oder?" Meine Mum verdrehte die Augen. "Nein, und jetzt ließ schon!"

Ganz langsam zog ich den Brief wieder aus dem Umschlag faltete ihn ebenso langsam auseinander und tat noch einen genussvollen Blick in die Gesichter meiner angespannten Familie. Dann laß ich  vor...


(AN: Auch diese Adresse gibt es wirklich. Ich hoffe ihr lasst die armen Menschen in Ruhe ;) )


Eine Sache des VertauensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt