8. Nur realistisch

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Am Samstag hatte Louis endlich mal wieder frei und konnte ausschlafen. Endlich musste er weder zur Schule noch musste er heute Liam ertragen. Als seine Mutter jedoch um kurz nach neun an seiner Zimmertür klopfte, konnte Louis sich ein lautes Seufzen nicht verkneifen. „Das ist doch nicht dein Ernst!", rief Louis genervt, doch in dem Moment öffnete Jay auch schon die Tür und ging auf Louis zu. „Du hast einen Gast, Lou. Bitte sei nicht unhöflich und steh auf", erklärte Jay. „Wer ist denn dumm genug, mich um so eine Uhrzeit zu besuchen?", fragte Louis eher sich selbst als seine Mutter, da diese vor mehreren Minuten auch schon das Zimmer verlassen hatte. Widerwillig stand Louis auf und zog sich eine dunkelgraue Jogginghose und einen marineblauen Pullover an und schnappte sich noch eine Beanie, die er auf seinem Kopf platzierte, um das Chaos seiner Haare zu verbergen. Gähnend lief er die Treppe hinunter, bevor er sah wer unten vor der Eingangstür stand. „Woher weißt du, wo ich wohne?", fragte Louis verwirrt, während er die letzten Schritte der Treppe hinunterlief und sein Blick auf den Lockenkopf fiel, der eine hellbraune Tasche um seine Schulter gelegt hatte.

„Ähm... Liam hat es mir gesagt", brachte Harry nervös hervor. Louis wusste nicht warum, aber Harry schien ständig nervös zu sein. Erneut konnte er beobachten wie Harry sich auf die Unterlippe biss und unsicher mit seinen Händen spielte. „Ok und was willst du dann hier?", wollte Louis wissen als er vor Harry stehen blieb. „Ich...wollte dir deinen Schal vorbeibringen", murmelte Harry, bevor er in seine Tasche griff und Louis' Schal behutsam hervorkramte. Harry hielt den Schal so vorsichtig, dass es so aussah als wäre es der teuerste Gegenstand, der je in Harrys Händen gelegen hatte. Vermutlich war er das auch. Achtlos riss Louis Harry den Schal aus den Händen und der Jüngere starrte mit großen Augen auf Louis' Hände. Er konnte nicht verstehen warum Louis so unvorsichtig mit dem Kleidungsstück umging.

„Sonst noch was?", fragte Louis und Harrys Blick senkte sich automatisch auf den Boden. „Nein, ich...", begann Harry, bevor Jay die beiden unterbrach. „Louis, jetzt sei doch nicht so unhöflich zu deinem Gast. Biete ihm doch wenigstens eine Tasse Tee an", mischte Jay sich ein, während sie Harry auf die Schulter klopfte. „Du bist ja ganz kalt. Bist du etwa nur in dieser dünnen Jacke hergekommen?", wollte sie wissen. Beschämt musterte Harry weiterhin den Boden, während er nickte. „Wenn mein Sohn zu unhöflich ist, werde ich dir einfach Tee machen. Setz dich doch in das Wohnzimmer", meinte Jay, während sie mit ihrer Hand in Richtung des Wohnzimmers deutete. Seufzend nahm Louis Harry an seinem Ellenbogen und zog den Jüngeren hinter sich her. „Zieh deine Schuhe und Jacke aus, bevor du ins Wohnzimmer kommst", befahl Louis und deutete auf die durch gelatschten Cuban Heel Boots.

Harry tat das was Louis von ihm verlangt hatte, bevor er sich in das Wohnzimmer begab. Er wollte sich am liebsten neben Louis setzen, doch er wusste nicht, ob ihm das erlaubt war. Die Ledercouch sah so aus als wäre sie einiges wert und Harry wollte sie nicht auf irgendeine Art beschädigen. „Oh Gott, worauf wartest du denn noch? Setz dich hin!", maulte Louis. Louis verstand einfach nicht, was mit Harry los war. Louis hatte Harry als jemanden kennengelernt, der auf Menschen zuging und zugegebenermaßen war er auch relativ charmant gewesen, als er Louis die kleinen Geschenke gemacht hatte. Der Harry, der jetzt neben ihm auf der Couch saß, konnte ja kaum den Mund öffnen. Also was genau war mit Harry los? „Hier ist dein Tee, Harry", sagte Jay und kündigte somit ihre Ankunft an. „Vielen Dank, das ist mehr als nett von ihnen", bedankte sich der Lockenkopf, während er die warme Tasse in seine Hände nahm.

„Bitte nenn mich doch Jay", erklärte Louis' Mutter und Harry schenkte ihr ein kleines Lächeln. „Wenn ihr euch so gut versteht, dann kann ich doch wieder zurück ins Bett gehen, oder?", fragte Louis, doch Jay schüttelte beschämt den Kopf. „Harry, es tut mir wirklich leid. Louis ist gerade erst aufgestanden und...", versuchte sie das Verhalten ihres Sohnes zu rechtfertigen, doch sie wusste leider nicht wie sie den Satz beenden sollte. Ihr fiel absolut keine Ausrede für Louis' unhöfliches Verhalten ein. „Keine Sorge, das ist nur ein kleiner Scherz zwischen uns. Er hat es nicht so gemeint", log Harry. Wäre Louis nicht so sprachlos gewesen, hätte er jetzt gesagt, dass Harry nur log, aber so blieb er einfach stumm. Mit einem letzten Lächeln, das an Harry gerichtet war, verließ Jay das Zimmer und ließ Harry und Louis allein.

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