1. Prolog (Joana)

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In manchen Nächten bin ich aufgewacht und ein erschreckend starkes und vertrautes Gefühl der Hilflosigkeit, Angst und Hoffnungskosigkeit umschloss mich wie eine unsichtbare Hand die mir die Luft zum Atmen raubte und hinterließ ein Gefühl von grausamer Leere in mir. Ich bin mir nicht sicher ob ich noch wusste was es heißt glücklich zu sein, unbeschwert, frei. Was es heißt zu lächeln weil man glücklich ist und nicht weil es die Welt von einem erwartet.
In jenen Nächten wuchs eine stetige Sehnsucht in mir, eine Sehnsucht nach etwas unbekannten, etwas das ich nicht kenne. Irgendetwas das in der Lage ist diese Leere zu vertreiben.
Als ich mich in den Nächten, im Schutz der Dunkelheit leise über den Dachboden aufs Dach geschlichen habe stiegen unzählig viele Erinnerungen in mir auf, an die vergangenen Monate als meine Mum für immer nach Italien ging und niemand mir das warum erklären konnte. Sie hat mich und Dad im Stich gelassen, sie war mein Halt gewesen, sie war immer für mich da und dann war sie weg und vielleicht werde ich nie erfahren warum sie gegangen ist, alle sagen bloß immer dass es das beste war. Ich wusste ja noch nicht mal wo Italien überhaupt ist!
Kalte November Nachtluft umspielte meinen kleinen Körper als ich hinaus auf das Dach stieg, der Ort der mir jedesmal ein Stück Hoffnung schenkt. Fest hatte ich meinen Teddy und besten Freund an meine Brust gedrückt und mein Blick wanderte über die Stadt, überall waren blinkende Lichter und die Menschen schienen rastlos. Der Wind frischte auf und meine langen schwarzen Haare tanzten aufgebracht um mein kindliches Gesicht. Schier endlose Minuten vergingen in denen ich auf meinem Gipfel stand, mein Blick ruhte auf der Stadt doch meine Gedanken galten einzig und allein meinen Tagträumen, der Art von Welt wo alles komplett scheint, irgendwie perfekt. Und noch während ich darüber nachdachte ob diese Welt je meiner Realität Ähnlich sein wird landete etwas kleines, kaltes auf meiner Nasenspitze und kitzelte mich. Als ich meinen Blick gen Himmel hob verlor ich mich in einem winzigen Moment, unsagbarer Schönheit. Ich lehnte meinen Kopf nach hinten und streckte meine kleinen Hände nach oben. Nur für einen ganz kleinen Augenblick schloss ich meine Augen und ein lächeln schlich sich auf mein Gesicht, ein echtes lächeln.

Ich war damals fünf und habe die Welt nur verschwommen wahr genommen, was ich wusste war, dass meine Mutter gegangen ist, von Heute auf morgen, scheinbar grundlos. Heute, zwölf Jahre später hat sich vieles geändert, vor allem mein Blickwinkel auf bestimmte Dinge. Den Grund weshalb sie ging kenne ich nicht aber ich denke das ist nicht mehr entscheidend. Mein Leben hat sich verändert. Grundlegend. Mehrmals. Ich habe es geschafft die Leere in mir zu vertreiben und wieder lachen zu können, einfach weil ich glücklich bin. Ich hätte nie, auch nur Ansatzweise erahnen können was das Leben für mich bereit hält. Manche Menschen denken sie hätten Einfluss auf ihr Schicksal und vielleicht haben wir das auch zu einem gewissen Teil. Ich glaube an das Schicksal, daran dass alles im Leben vorbestimmt ist, wann wir sterben und wie, welche Wege wir gehen und welche Leute diese Wege kreuzen oder mit uns gehen. Mein Name ist Joana Clark Und dies ist meine Geschichte, die Geschichte vom Sommer meines Lebens.


Summer of my lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt