3. Joana

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Müde lehne ich meinen Kopf gegen die Fensterscheibe unseres Mietwagens den wir gerade abgeholt haben. Ein kleiner, schwarzer Toyota. Vor uns erstreckt sich eine lange Landstraße. Es ist so weit, ich bin dazu verdammt den ganzen Sommer bei meiner Mutter zu verbringen, die Frau die mich und Dad vor zwölf Jahren im Stich lies. Dorthin, zu meiner Mutter gehe ich nun ins Exil und zwar mit Schrecken. Eine Gefühlswoge von Bitterkeit und Wut durchströmt mich, wie immer wenn ich an sie denke. Ich hatte während des gesamten Flugs kaum ein Wort mit Dad gesprochen. Er kennt mich und interpretiert mein schweigen richtig, ich will einfach meine Ruhe haben. Und er gibt sie mir, ich werde ihn schrecklich vermissen! Mein Dad und ich brauchten nie viele Worte um uns zu verstehen. Zwischen uns lag immer sowas wie gegenseitiges Verständnis.

Ich fische meine Kopfhörer aus meiner Hosentasche und versuche sie zu endknoten, was einen Großteil der Zeit einnimmt. Dass diese Dinger sich immer so schrecklich verheddern müssen!
Die Musik die durch meinen Körper fließt beruhigt mich. Ich schließe meine Augen und alles was ich wahrnehme ist die Bewegung des Autos und die Musik. Nachdem ich vor zwölf Jahren aufgehört habe zu spielen, ist die Musik trotz allem ein wichtiger Bestandteil meines Lebens geblieben, sie ist in der Lage meine Stimmung zu ändern, man fühlt sich irgendwie verstanden. Im Kopf singe ich die Songtexte der Lieder mit, während wir Kilometer für Kilometer der Hölle näher kommen...

***

Kurz bevor wir angekommen sind, hat mein Vater mich gebeten ihr wenigstens eine Chance zu geben und ehrlich gesagt hatte ich das echt vor, aber als er in der Einfahrt geparkt hatte und wir ausgestiegen sind, hat sich dieser Vorsatz wohl irgendwie verflüchtigt. Ich stehe nun also hier, neben meinem Vater, vor einem fremden Menschen, auf der Terrasse von demselben. Nach dem mein Vater mir einen warnenden Blick zugeworfen hatte, hab ich ein " Hallo " über mich gebracht. Nun stehen wir seit mittlerweile fünfzehn Minuten hier dumm rum und Dad erzählt mit ihr. " Können wir bitte einfach nach Hause gehen Dad? Bitte?? " flehe ich in Gedanken, doch natürlich hört er es nicht.

" Lasst uns doch erstmal hinsetzten und etwas trinken! Und ihr seid bestimmt auch hungrig von der Reise. Und danach laden wir deine Sachen aus und du kannst dir dein Zimmer angucken, du hast soagar ein eigenes Bad." sie schenkt mir ein warmes lächeln und zu meiner Verwunderung kaufe ich es ihr sogar ab. Ich nicke, auch wenn ich grad überall sein will, aber nicht hier.

" Ja das ist eine gute Idee. Hast du gebacken? " Carla wollte gerade auf Dad's Frage Antworten aber ich bekomme nicht mehr mit was sie sagt, weil ich schon vorraus gegangen bin, mit den Worten: " Muss mal zur Toilette. "

Das Haus ist nicht sonderlich groß, aber es reicht zum leben und es trifft ziehmlich genau meinen Geschmack, auch wenn ich das öffentlich nicht zugeben würde. Es ist weiß, mit einer dunkelbraunen Holzterrasse auf der zwei beige Bastsessel und ein kleiner Glastisch stehen, dessen Rand ebenfalls mit beigen Bast umzogen ist. Die Terrasse endet an einer Glaswand, die zur Wohnung führt. Auch die Wohnung ist einfach gehalten und besteht größtenteils aus den Farben beige, schwarz und weiß. Im hinteren Teil befindet sich ein großer, runder Tisch und eine Schrankwand, weiter vorne, bei der Glasfront stehen eine Couch und ein Sessel, davor ein kleiner Tisch und gegenüber befindet sich ein Fernsehr mit Boxen und toller Beleuchtung. Irgendwie Modern und gemütlich. Nach kurzer Zeit finde ich die Toilette.

Als ich zurückkomme sitzen Dad und Carla, meine Mutter auf der Terrasse. Sie hatten von irgendwo noch einen Bastsessel geholt und der Anblick frustriert mich ein wenig. Sie scheinen vergessen zu haben, dass wir schon lange nicht mehr diese tolle Familie sind, wir sind überhaupt keine Familie mehr! Warum also so tun als ob? Ich atme kurz tief durch und versuche meine aufkommende Wut zu verdrängen. Ich trete durch die Glasfront und erst jetzt fällt mir dieser unglaubliche Wasserblick auf. Das Haus ist nur wenige Meter vom Stand entfernt und erlaubt einen atemberaubenden Blick auf das Wasser, wie dann wohl erst Sonnenuntergänge hier sind? Für einen kurzen Moment verliere ich mich in meinen Gedanken. Erinnere mich dann aber wieder daran, wo ich bin. Ich setzte mich gezwungener Maßen in den noch freien Sessel. In der Mitte von den beiden. Ich seufze innerlich.

Summer of my lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt