War das vielleicht ein beschissener Tag. Erst mal die ganze Nacht nicht geschlafen, dann morgens mit Bauchschmerzen und Übelkeit in die Schule. Da dann als erstes angemotzt werden – aber was kann ich denn dafür, wenn die U-Bahn einfach nicht weiterfährt?!
Am Platz zischt Maja mir zu: „Na, kommt Fräulein auch mal wieder zur Schule? Oder gehst du gleich wieder, weil das Baby Luna nicht ohne Mami sein kann und immer geärgert wird?" Und dann guckt sie erst ganz unschuldig und lächelt ihr biestiges Tussenlächeln.
Während des Unterrichts kritzele ich wie eigentlich immer nur auf meinem Hefter herum. Seit langem kann ich mich schon nicht mehr auf den Stoff konzentrieren. Zu sehr schmerzen die gehässigen Kommentare und Blicke mich, als dass ich noch an Schule denken kann. Ich schirme mich ab. Baue in Gedanken eine hohe, graue Mauer um mich herum auf. Keine Türen, keine Fenster.
Ich schlage auf Matratze, Kissen, Plüschtiere und Bett ein. Meine Fingerknöchel bluten, Haut ist abgeschabt als ich heftig gegen den Bettrahmen boxte. Ich schreie und heule.
Nach dem Unterricht warte ich auf meine Bahn. Aus der Ferne sehe ich eine Gruppe Jungen näher kommen. ‚Nicht schon wieder!', denke ich. Ich drehe mich um, zeige ihnen den Rücken. Sie rufen, lachen mich aus. Einer nimmt meine Tasche und trägt sie weg. Zwei andere halten mich fest. Es sind fünf oder sechs. Sie gehen in meine Klasse.
Ich werde ruhig. Ich denke nicht darüber nach, als meine Hand die Schublade aufzieht und den kleinen Schraubenzieher und den Spitzer herausnimmt. Auch nicht, als dieselbe Hand die Schraube herausdreht und die Klinge hält. Auch nicht, als die Finger eine freie Stelle auf meinem Oberschenkel suchen und finden.
Sie johlen, als mir die Tränen kommen. Sie lachen und verhöhnen mich. Sie zerreißen mein neues T-Shirt und treten auf meine Lieblingsschuhe. Sie spucken mich an. Sie drohen mir. Ich laufe weg. Keiner folgt mir.
Ansetzen, drücken, ziehen. Noch einmal und noch einmal. Viele rote Linien. Nicht alle werden Narben hinterlassen. Nicht körperlich zumindest.
Als ich wiederkomme, sind sie weg. Meine Tasche finde ich in einer Pfütze auf der Straße. Meine Bücher und Hefte sind nass und dreckig, meine Stifte fehlen. Ich hebe die Tasche auf und stopfe mein Zeug hinein. Kopfhörer in die Ohren, Musik laut, Kapuze auf. Mit gesenktem Kopf laufe ich nach Hause – meine Bahn ist jetzt auch weg.
Rot tropft das Blut in meine Kniekehlen. Meine Sicht verschwimmt. Ich lasse mich fallen. Niemand fängt mich.--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Jou mal eine Sicht vor Berlin. Im nächsten Kapitel gehts dann wieder normal weiter.
Lg. Luisa:)
DU LIEST GERADE
Wo ich bin ist Lila !
FanfictionJoa das ist die Fortsetzung von " Wär ich ein Mädchen, würd ich jetzt kichern" Wer dies noch nicht gelesen hat empfehl ich es erst den 1. teil zu Lesen und dann das hier. Viel Spaß mit der Fortsetzung.