Halluzinationen und Krieg [Mackenzie]

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[überarbeitet]

Wir schreiben das Jahr 1943. 

Der Krieg tobt an jedem Fleck der Erde.
Onkel Howard ist mit der 107. und Colonel Phillips irgendwo als Maschineningenieur unterwegs; in seinem letzten Brief hat er etwas von Italien geschrieben. 

Noch leicht verträumt schlürfe ich in die Küche und erblicke die trostlosen Wolken durch das Fenster. Es wäre genau das richtige Wetter, um in einer Werkstatt zu lungern und an irgendwelchen Lösungen zu tüfteln.

Schwer stoße ich die Luft aus und lehnte mich mit dem Rücken an das Fensterbrett. Ich vermisse es mit Onkel Howard in seiner Werkstatt zu basteln. Das letzte Mal als ich ihn gesehen habe, war bei der Stark Expo 1942.

Damals haben wir versucht, Wochen, Monate davor, die Repulsoren für Howards Masterplan, ein fliegendes Auto, auch nur annähernd vorzeigetauglich zu machen.

Ich möchte nicht sagen, dass der große Howard Stark ins Schwitzen gekommen war. Jedoch kann ich nicht verleugnen einen der ersten Prototypen auf die Expo geschickt zu haben, der schlussendlich zu wenig ausgereift war.

Ich steuerte den Herd an und stellte etwas Wasser für einen Tee auf. 

Eine Woche nach der Expo, war Onkel Howard von der Army  eingezogen worden, gegen seinen Willen versteht sich. Was ein Maschineningenieur mit einer Waffe in der Hand soll, verstehe ich bis heute noch nicht, doch der Krieg scheint so jeden in sich hineinzusaugen, der am liebsten nichts mit ihm zutun haben will. Schließlich hängen gefühlt an jeden Block noch immer die Plakate für die Rekrutierung junger Männer, da Amerika sie brauchen würde.

Nun hatte ich also niemanden mehr, mit dem ich stundenlang über Mechanik reden kann. Ich bin keine Frau, die mit Klatsch und Tratsch und Kleidergesprächen glücklich wird. 

Als Maschinenbauingenieurin setzt man eben Prioritäten, was die Interessen angeht.

Um euch mal etwas von meinem Leben zu erzählen, während ich mit mit dem bereits aufgebrühten Tee in das Wohnzimmer wandere.

Ich war so begeistert von der Arbeit, die Onkel Howard vollbrachte, da hab ich ihn gleich gefragt ob er mich als Lehrling einstellen würde. Er hat mich mehrere Minuten komisch angesehen, jedoch gleich gemerkt, wie ernst ich es mit dieser Frage meinte. 

Stark Industries war immer eine Firma gewesen, die den anderen so einige Schritte voraus war; warum auch nicht die erste Frau in ganz Amerika zur Ingenieurin ausbilden.

Sicher stieß diese Neuerfindung auf wenig Lob und Anerkennung. Nicht nur, dass ich die einzige junge Frau in der technischen Abteilung war und manchmal Unterschlupf bei den Sekretärinnen suchte, es scheint für diese Zeit einfach zu modern zu sein. 

Der Standard einer Frau war es, selbst solange Geld zu verdienen, bis man einen Partner gefunden, geheiratet und eine Familie gegründet hat.

Nun habe ich meine Lehrjahre hinter mir, zwei Jahre Arbeitserfahrung und kann mit meinen 22 diesen Standard bereits im Kopf verpuffen lassen.

In den letzten Jahren hat sich etwas in meinem Körper entwickelt, was man weniger mit der Transformation zum erwachsen werden verknüpfen kann. Er beginnt sich langsam von innen selbst zu vergiften.

Mein Alltag ist geprägt von wirren Halluzinationen und Fallsucht, die sich durch Bewusstlosigkeit bemerkbar macht.

Alles hat damit angefangen, seit ich den ersten Ohnmachtsanfall in der Werkstatt hatte. Das war ein Monat nachdem Onkel Howard in den Dienst getreten ist. Meine Kollegen dachten es sei Überarbeitung und haben mich deswegen nach Hause geschickt. Später kamen Halluzinationen dazu und erschwerten es mir zu arbeiten. 

Doch als der nächste Anfall folgte, scheint es so als würde ich nicht mehr aufwachen. 
Ich war alleine zuhause und wollte mir gerade etwas zu essen besorgen, als ich mit dem Wasserglas in der Hand in der Küche zusammenbrach. Als ich wieder wach wurde, war das Glas zersprungen, die Wasserflecken auf meinen Kleid bereits getrocknet, eine Kruste in schwarz-violettem Schimmer auf meinem Handrücken und die Sonne blitzte durch das Fenster. 
Ich war ganze zehn Stunden bewusstlos gewesen.

Schlussendlich besuchte ich das Krankenhaus und wurde nur um ein Rätsel schlauer. Eine unbekannte nicht körpereigene Substanz war in hohen Mengen in meinem Blut vorhanden. 

Nachdem ich die Arbeit gekündigt habe, konnte ich über das Jahr mit ansehen, wie sich mein Körper veränderte.  

Meine Augen vermischten sich von ihrem blaugrün zu einer helleren Version von sich selbst. Ein hellvioletter Fleck in der rechten Iris konnte man als Markenzeichen sehen.

Meine Haare sind von ihrer dunklen Farbe immer wieder zu blond und strawberryblond gewechselt. Sie wurden immer brüchiger, bis ich sie kurz schneiden musste. Mit der Zeit bemerkte ich auch, dass sie an kalten Tagen lichtblond bis weiß und an warmen strawberryblond bis tiefst rötlich wurden. 

Laut den Ärzten habe ich nur noch ein Jahr zu leben, welches ich zuhause verbringen werde. Ich traue mich kaum mehr nach draußen zu gehen, da ich mich selbst fast wie ein geflohenes Monster aus einem Labor fühle. Eher beschäftige ich mich damit, wie ich überhaupt zu so etwas werden konnte, doch eine Antwort habe noch nicht gefunden.

Schon lange spiele ich mit dem Gedanken, an Onkel Howard zu schreiben, konnte mich aber noch nie überwinden. Mutter war bereits seit zwei Stunden weg und Vater kommt nie mehr nachhause; unnötig zu erwähnen weswegen.

Ich stelle die Tasse zur Seite und lege mir eine Platte auf, worauf ein wenig später Musik sanft in der kleinen Wohnung im fünften Stockwerk des Wohnblocks in Brooklyn in der Montague Street erklang. Mein Kopf versuchte sich einen Text einfallen zu lassen, den ich auf das Papier bringen konnte, entschloss mich aber, mir einfach von der Seele zu schreiben.

Lieber Onkel Howard!

Wie geht es dir, so wo auch immer du bist. Ich weiß ja immer noch nicht, ob du es überhaupt mitbekommen hast, aber ich arbeite nicht mehr in deiner Firma. In meinem Körper gehen eigenartige Dinge vor, die mir kein Arzt erklären kann und deswegen bin ich arbeitsunfähig.

Ich würde mich freuen dich wieder mal zu sehen, da ich mit Mutter schlecht über Maschinenbau reden kann. 

Vielleicht bringst du auch interessante neue Erfindungen aus dem Krieg mit, wer weiß.

Ich wünsche dir das beste und pass auf dich und den Alkohol auf.

Mit den mechanischten Grüße
Mackenzie

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