Finn
Als ich aufwachte, war es 2 Uhr morgens. Da ich wusste, dass ich nicht mehr schlafen können würde, ging ich an den Strand und tauchte meine Füße in das erfrischende Wasser. Der Mond spiegelte sich hell und klar im Meer. Ich sah die Sterne an dem Himmel funkeln und schloss wohlig meine Augen. Der Moment war perfekt. Jedoch fehlte mir Nora. Ich war in Gedanken versunken, als ich plötzlich ein Geräusch im Gebüsch hinter mir hörte. Ich drehte mich um, lauschte, suchte die Umgebung ab. Nichts, nur das Rauschen des Meeres. „Das war bestimmt nur ein Vogel", sagte ich zu mir selbst. Ich ließ mich von dem Meer beruhigen, doch da hörte ich ein Sirren. Instinktiv warf ich mich auf den Boden und entkam nur knapp dem kleinen Stein. Ich hörte jemanden zu mir rennen und wollte nachsehen wer es war, aber da setzte sich die Person auf meinen Rücken und mein Kopf wurde in den Sand gedrückt. Ich wehrte mich mit aller Kraft dagegen und nach einigen Sekunden ließ der Druck nach und sie rannte weiter. Sobald ich kein Gewicht mehr meinen Kopf nach unten drückte, riss ich ihn hoch.....und schaute in die Augen von einem wunderschönen Mädchen. Ich kannte diese Augen, deren eisiges Blau sie so kalt wirken ließ, wie die Arktis. Doch dieser Eindruck täuschte, denn sie waren stets voller Liebe und Frohsinn. Es waren die Augen von Nora. „Nora?", fragte ich verwundert. Sie stand mit dem Rücken zu den Klippen und blickte mir tief in die Augen. Eine einzelne Träne lief ihr über die Wange. „Es tut mir unendlich leid. Ich würde dir alles erklären, doch ich kann nicht." Mit diesen Worten drehte sie sich um und stürzte ins Meer. Ich sprang auf und wollte sie aufhalten, doch ich kam zu spät. Die Wellen schlugen gnadenlos über ihr zusammen und sie tauchte nicht mehr auf. Ohne weiter zu zögern riss ich mir das T-Shirt vom Leib und sprang ihr hinterher. Im Wasser suchte ich verzweifelt nach ihr, doch sie war verschwunden. Ratlos dachte ich nach, wo sie sein könnte, da erregte eine Bewegung meine Aufmerksamkeit. Ich sah im letzten Moment, wie etwas mit einer grün-schimmernden Schwanzflosse hinter einem Korallenriff verschwand. Schnell schwamm ich hin, doch als ich dort ankam, war dort nichts. Ich merkte, wie meine Luft knapp wurde und tauchte nach Luft schnappend auf. Erneut tauchte ich unter und suchte weiter nach Nora. Nach endlosem, erfolglosem Suchen, musste ich jedoch aufhören und aus dem eiskalten Wasser raus. Meine Haut war bereits blau und taub. Ich schwamm an Land, zog mein T-Shirt an und ging zurück Richtung Haus.
Nach einer halben Stunde saß ich auf dem Sofa und trank heißen Tee. Ich zerbrach mir den Kopf über Nora und was aus ihr geworden sein mochte. Die Vorstellung, dass ich sie für immer verloren hatte tat furchtbar weh. Wieso war Nora auf dieser Insel? Ich hatte niemanden von ihr erzählt. So sehr in Gedanken vertieft, merkte ich nicht, wie Rose die Treppe hinunter kam. Erschrocken zuckte ich zusammen, als sie fragte: „Schon auf Master Finn? Wollen sie frühstücken?" Ich seufzte. „Ja, ich habe nur schlecht geschlafen. Würden sie mir den Gefallen tun und mit mir essen?" Ich bemerkte mit Belustigung, wie sie erstarrte und rot wurde. „Aber natürlich Master Finn, alles was sie wünschen." Als unser Dienstmädchen, war sie es nicht gewohnt Zuneigung zu bekommen, also fasste ich sie am Arm und ging mit ihr in die Küche. Ich wollte nicht mit ihr reden, aber es tat gut einfach jemanden bei sich zu haben. Nach dem ich fertig gegessen hatte, verabschiedete ich mich mit einer freundlichen Geste bei Rose, ging in mein Zimmer und schnappte mir Papier und Stift. Ich versuchte mich zu konzentrieren und das Meer zu zeichnen, doch meine Gedanken schweiften die ganze Zeit zu Nora ab. Als ich den Stift hinlegte, hatte ich ein perfektes Abbild von ihr gezeichnet. Es sah so aus, als wäre es lebendig. Ihre Haare waren wir Schlangen auf dem Blatt verstreut und ihre Augen schauten mich eindringlich und verzweifelt ein. Ich glaubte darin eine Entschuldigung zu lesen. Ich legte das Bild unter mein Kopfkissen und schaute hinaus auf das Meer. Die sanften Wellen, die Vögel, der Strand.... Moment! Dort lag jemand. Ich schnappte mir meinen Rucksack und rannte Richtung Meer. Ein paar Meter davon entfernt stolperte ich und fiel ins dichte Gras. Ich schaute auf die Person und bemerkte erst jetzt, dass sie einen Fischschwanz hatte. Er glitzerte leicht grün im Sonnen licht, genau, wie der, den ich hinter dem Korallenriff gesehen hatte. Ich wollte schon aufstehen, doch da wendete sich die Frau in meine Richtung um. Nora? Ich war zu verwirrt um etwas zu sagen, doch das war noch nicht alles. Vor meinen Augen trennte sich ihre Schwanzflosse und wurde zu zwei Beinen. Als die Verwandlung fertig war, war sie wieder die Nora, die ich kannte. Ich löste mich aus meiner Starre und statt dem Impuls wegzurennen nachzugehen, ging ich direkt auf sie zu. „Schon wieder du?" Sie fuhr herum und starrte mich aus stürmisch blauen Augen an. Ich hätte über den Trotz gelacht, den ich in ihnen erkannte, wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre. „Erklärs mir. Renn nicht weg. Ich will dich verstehen." Sie drehte sich um und rannte Richtung Wasser. Verzweifelt rief ich: „Querida!" Abrupt blieb sie stehen. Ich nutzte die Chance und lief zu ihr. „Nora mein Engel, ich bitte dich." Bei diesen Worten schaute ich ihr tief in die Augen und bemerkte dort zum ersten Mal ihre tiefste Liebe zu mir. Ich konnte kaum weitersprechen, so glücklich war ich. „Bitte", wiederholte ich, „du weißt, dass du mir vertrauen kannst!" Sie stampfte in einer ratlosen Geste auf und blickte mich verzweifelt an. „ Ich weiß, dass du es niemandem verraten würdest, aber es dir zu erzählen ist nicht zu einfach. Es ist mit strengstens verboten einem Menschen unsere Geheimnisse zu erzählen und wenn 'sie' wüssten, dass du mich als Meerjungfrau gesehen hast, wären wir beide tot!" Sie rannte an mir vorbei ins Wasser. „Warte Nora! Wer sind 'sie'?" Sie blickte kurz über die Schulter zurück. „Etwas sehr mächtiges, dem du niemals begegnen willst!" Sie tauchte unter und war verschwunden. Wütend schlug ich ins Wasser, schnappte mir meinen Rucksack und stapfte in Richtung Haus. Wut, Enttäuschung und Hilflosigkeit waren neben der Angst die größten Gefühle. Ich konnte es nicht ertragen, dass sie in einer solchen Gefahr war. Wer waren nun genau 'sie'? Ich würde Nora das nächste Mal, wenn wir uns trafen, nochmals darauf ansprechen. Wenn es je ein nächstes Mal geben würde.
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Königin des Meeres
FantasyDer 18 jährige Finn Kostev hat sich in die bildhübsche Nora verliebt. Problem? Sie ist eine Meerjungfrau und nicht nur irgendeine, sondern eine ganz besondere. Bei dem Urlaub auf der Insel seiner reichen Eltern erfährt Finn, wie besonders sie ist...