3. Jeder Anfang und jedes Ende ist schwer

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3. Jeder Anfang und jedes Ende ist schwer

Auf Erics Weg zum Speisesaal kam ihm Rina entgegen, sie hatte heute die Amite verarztet. Sie schaute ihn wie immer mit ihrem aufreizendsten Blick an und lies ihre Hüften im Gehen kreisen. Eigentlich hatte er heute keine Lust auf diese Spielchen, aber man konnte viel Spaß mit ihr haben, wenn man sie zum Schweigen brachte. Er zog sie ihm Vorbeigehen schnell zur Seite und flüsterte ihr leise etwas ins Ohr. Er hatte heute Abend sowieso nichts besseres vor.

Mila saß neben Liz an einem der äußeren Tische mit den anderen Fraktionswechslern, sie hatte ihn sofort gesehen, nachdem er durch die Tür getreten war. Sein eiskalter Blick wanderte über die Reihen der Ferox und blieb dann an einem Tisch relativ in der Mitte hängen. Dort saßen einige der älteren Ferox, von denen die meisten gehobener und finsterer erschienen, als alle anderen. Sie begrüßten Eric mit einem Nicken, nachdem er sich zu ihnen gesetzt hatte. "Das sind diejenigen, die die Macht bei den Ferox haben. Eigentlich essen sie nicht hier mit allen Ferox, aber hin und wieder kommen sie doch, vor allem wenn die Initianden zum ersten Mal da sind." Sie drehte sich um und sah Jason an, er stand hinter ihr und hatte sich zum reden etwas heruntergebeugt. Mila lächelte ihn an. Er zog sich von irgendwo einen Stuhl her und quetschte sich zwischen Mila und Liz. "Hey! Das ist meine neue Freundin!", protestierte Liz mit gespielter Verärgerung. Auch wenn Mila kaum mehr als ein paar Sätze mit ihr gesprochen hatte, hatte sie nichts dagegen ihre neue Freundin zu sein. Sie mochte Liz ab dem ersten Moment. Jason hatte sich inzwischen schon selbst bei Liz vorgestellt und sich förmlich für sein Aufdrängen entschuldigt, was alle drei zum lachen brachte. "Also, nachdem ich es schon zweimal versucht habe, versuche ich es noch ein drittes Mal... Wie heißt du eigentlich?!" Er klang etwas empört und Mila musste lachen. "Mila." Er grinste sie an und hielt ihr dann die Hand hin. "Es ist mir eine Freude dich kennenzulernen." Sie ergriff lächelnd seine Hand und schüttelte sie kurz.

Mila hatte aus dem Augenwinkel gesehen, wie Eric aufgestanden war und dann beobachtet, wie er mit festen Schritten den Saal wieder verlassen hatte und kurz darauf war die dämlich Blondine, die sie verarztet hatte, auch auf den Füßen und eilten mit wackelndem Hintern ebenfalls auf die Tür zu. "Sie rennt schon ewig Eric hinterher, doch er nutzt sie nur aus. Anscheinend ist sie aber zu verliebt, um das einzusehen.", erklärte Jason, nachdem er ihrem Blick gefolgt war. "Wie heißt sie?", fragte sie Jason. "Rina und sie ist wirklich so dumm wie sie aussieht.", antwortete er lachend. „Woher weißt du so viel über die beiden?", fragte Liz ihn jetzt skeptisch. Jason kratzte sich verlegen im Nacken. „Naja... ich will ja eigentlich nicht damit prahlen, aber der Rothaarige da vorne...", er deutete auf den Tisch der Ferox-Anführer. „Ist mein älterer Bruder und Erics bester Freund, Marek. Außerdem ist er der Leiter des Kontrollzentrums und somit einer der Anführer." Überrascht starrten die beiden ihn an. „So-So. Also haben wir mit dir sozusagen den besten Fang gemacht?", scherzte Liz. Jason rieb sich wieder verlegen den Nacken. Er sah wirklich niedlich aus, wenn er das machte.

Marek, der Anführer des Kontrollzentrums der Ferox, war ziemlich große, dünn und hatte auffallende, natürlich rote Haare. Er schien ganz anders als Eric, der den perfekten Ferox-Anführer verkörperte.

Sie unterhielten sich noch eine Weile über alles neu, aber dann musste Jason zurück zu den gebürtigen Ferox und Liz und Mila machten sich mit den anderen Fraktionswechslern auf den Weg in die Grube. Die Grube, war der Mittelpunkt des Ferox Gebäudes. Es war eine Art gigantisch großer Halle, die aussah als hätte man sie mit Hammer und Meißel in einen Berg hineingeschlagen. An den Wänden führten wackelige Leitern und Treppen immer weiter nach oben. Auf den unteren Ebenen waren einige Gemeindschaftsräume und Läden, wie Höhlen in einem Berg. Und genau in so eine zerrte Liz Mila gerade. Mila wollte kein Tattoo und auch kein Piercing, denn sie hatte einfach nicht das Gefühl, dass es richtig war. Der Laden wurde von neonblauen und neongrünen Lichtern beleuchtet und einfache trübe Glaswände grenzten die Räume von einander ab. Während Liv sich in einem der hinteren Teile des Ladens die Nase und die Ohren piercen ließ, ging Mila wieder aus dem Laden heraus. Vor jedem Raum und Laden befand sich eine Art Felsvorsprung, groß genug, dass man zu zweit drauf stehen konnte. Gedankenverloren schaute sie über das bunte Treiben im Hauptgebäude der Ferox. Es war schon nach sieben Uhr, was bedeutete, dass die meisten jetzt mit ihrer Arbeit fertig waren. Diejenigen, die in der Grube ihre Arbeit hatten, trafen sich jetzt wohl noch mit ihren Kollegen und Freunden, um den Abend ausklingen zu lassen. Es gab auch einige Läden, wo man etwas essen oder trinken konnte. Im Großen und Ganzen war es eine sehr entspannte, freundschaftliche Atmosphäre. Mila fühlte sich zwar noch kein bisschen, wie eine der Ferox, aber sie fühlte sich auch nicht unwohl. Trotz ihres eher schwierigen Starts... Sie war eher gespannt, was die Aufnahmephase noch alles so für sie bereit halten würde. Morgen würde das Training losgehen, sie würde lernen zu kämpfen und sich zu verteidigen. Liv hatte ihr erzählt, dass man ein Fraktionsloser wurde, wenn man am Ende einer der drei Phase auf einem der letzten drei Plätzen war und sie würde sich verdammt noch einmal anstrengen, um diesem Schicksal zu entgehen. Denn bei den Fraktionslosen war sie vielleicht anonym, aber sie war auch auf sich allein gestellt und sie hatte keinerlei Schutz. Und das war es, was sie brauchte, solange sie keinen anderen Weg gefunden hatte, mit ihrer Angst umzugehen: Schutz und Sicherheit.

Die letzte Stadt - Eric & MilaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt