Kapitel 6

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"There is never a time or place for true love. It happens accidentally, in a heartbeat, in a single flashing, throbbing moment." - Sarah Dessen

***

Marco wusste nicht, wann er das letzte Mal so früh wach war. Er war kein Langschläfer der bis in die Mittagsstunden schlafen konnte, doch es kam eigentlich nie vor, dass er Stunden bevor sein Wecker klingelte die Augen aufschlug und hellwach war. Als er auf die Zeitanzeige seines Weckers sah, zeigte dieser kurz nach 5:00 Uhr an.
Er überlegte kurz ob er liegen bleiben und darauf warten sollte wieder einzuschlafen, doch nach wenigen Minuten merkte er, dass es sinnlos war, also schälte er sich aus dem Bett und schlurfte in die Küche, um sich einen Smoothie zu machen.
Als er an seinem Esstisch saß, beide Hände um das kühle Glas des Smoothie's gelegt, dachte er über gestern Abend nach und bekam ein wenig Panik. Er hatte damit geprahlt ein besser als Koch als Mario zu sein, ohne dabei zu wissen ob das überhaupt stimmte. Was ist, wenn er sich vollkommen zum Affen machte? Er wollte auf keinen Fall das Mario sich über ihn lustig machte oder das der Abend ein Desaster wurde. Immerhin hatte er ja auch einen Hintergedanken bei der ganzen Sache gehabt. Er machte eine Notiz an sich selbst seine Mutter im laufe des Tages anzurufen und sie um Rat zu bitten. Gott sei Dank hatte er noch den ganzen Tag Zeit sich deswegen verrückt zu machen.
Als er seinen Smoothie ausgetrunken hatte, spülte er das Glas mit der Hand ab und sah wieder auf die Uhr: es waren gerade einmal 20 Minuten vergangen und er musste erst um 10:00 Uhr auf dem Trainingsgelände erscheinen. Er seufzte, denn er wusste nichts mit sich anzufangen. Was soll man denn auch um 20 nach 5 Uhr morgens machen? Vielleicht hätte er einfach noch eine Weile länger liegenbleiben sollen. Vielleicht wäre er doch irgendwann wieder eingeschlafen.
Er lief ins Wohnzimmer ohne das Licht anzumachen und stellte sich an die großzügige Fensterfront, die ihm einen unglaublichen Blick über den Phoenix-See gewährte. Diese Aussicht war damals der ausschlaggebende Punkt gewesen, wieso er sich für diese Wohnung entschieden hatte. Es hatte ihn fasziniert wie die Sonne jeden Morgen auf dem ruhigen Wasser glitzerte und sich immer mehr Menschen um den See versammelten und ihren Beschäftigungen nachgingen. Es hatte ihm von Anfang an ein gutes Gefühl gegeben und er hatte sich sofort zu Hause gefühlt.
Er machte die Glastür auf die zum großen Balkon führte und trat hinaus in die frische Morgenluft. Er atmete ein paar mal tief ein und aus und erinnerte sich daran, wie oft er hier schon mit Mario gestanden hatte. Mario war von Anfang an ein wenig neidisch wegen des Ausblicks gewesen und das erste was er tat wenn er Marco besuchte war, auf diesen Balkon zu gehen und sich - aus Marcos Sicht - den schönsten Fleck Dortmunds von oben anzusehen.
Er fragte sich, ob Mario wohl immer noch schlief und beschloss wieder rein zugehen und ihm eine Whatsapp-Nachricht zu schreiben.
Er sah auf die Zeitanzeige seines Handys und realisierte, dass mittlerweile eine Stunde vergangen war - es war kurz vor halb 7.

Hey Mario. Bist du schon wach? [6:27 Uhr]

Zugegebenermaßen ein wenig lahm, aber er wusste nicht was er sonst schreiben sollte. Er glaubte sowieso nicht das Mario ihm zurückschrieb, und damit sollte er erst einmal recht behalten.
Als er nach 20 Minuten noch immer keine Nachricht von ihm erhalten hatte, gab er es auf und beschloss zu duschen. Eigentlich reine Wasserverschwendung da er nach dem Training sowieso duschen würde, aber ihm war einfach danach. Und das lag natürlich nicht daran, dass er in Marios Gegenwart gut riechen wollte.
Nach mehr als 30 Minuten stieg er mit schrumpeligen, aufgeweichten Fingern aus der dusche, trocknete sich ab, zog sich an, föhnte sich die Haare und brachte sie mit Haargel in die richtige Form.
Also er seine dreckige Wäsche ins Bad gebracht hatte und zurück ins Schlafzimmer lief, leuchtete sein Display auf und zeigte an, dass er eine neue Nachricht hatte. Sofort setzte sein Herz ein paar Takte aus und fing dann so schnell an zu rasen das er befürchtete es würde ihm gleich aus der Brust springen. Er hoffte so sehr, dass es er war. Und Marco wurde nicht enttäuscht.

Jetzt ja. Sag mir nicht du bist schon seit halb 7 wach? [8:18 Uhr]

Marco musste grinsen. Er wusste das Mario absolut kein Morgenmensch war und im Gegensatz zu ihm bis in den späten Nachmittag schlafen konnte, wenn es ihm denn möglich war. Halb 7 Uhr morgens war für Mario ungefähr das gleiche wie 2 Uhr Nachts. Wer ihm morgens auf die Nerven ging musste sich warm anziehen.

Um genau zu sein bin ich seit 5:00 Uhr wach. Frag nicht. [8:19 Uhr]

Während er auf Marios Antwort wartete, packte er seine Trainingstasche und kochte sich einen Tee. Er konnte es kaum erwarten endlich Mario wiederzusehen, auch wenn er ihn gestern erst gesehen und gesprochen hatte.

Seit 5:00 Uhr???? Sag mal, kannst du mich von zu Hause abholen und mit zum Training nehmen? [8:26 Uhr]

***

Pünktlich um viertel vor 10 parkte Marco seinen Aston Martin vor Marios Haus. Gerade als er nach seinem Handy griff um Mario bescheid zu geben das er da war, öffnete sich die Haustür und sein grinsender bester Freund kam mit einem Brötchen zwischen den Zähnen und seiner Sporttasche in der Hand zum Vorschein. Ehe Marco darüber nachdenken konnte winkte er ihm - um Mario winkte -mit einem noch viel breiterem grinsen im Gesicht- zurück.
Die Beifahrertür öffnete sich und Mario schlüpfte ins innere des teuren Sportwagens.
>>Fsory, mpfein-e Mttr hft dfauf geftandfen<<.
Marco starrte Mario ein paar Sekunden an. Er hatte keine Ahnung was Mario gerade gesagt hatte, da der jüngere immer noch das Brötchen im Mund hatte. Er kicherte, griff nach dem Brötchen und zog es vorsichtig zwischen Marios Zähnen hervor.
>>Bitte was? Tut mir leid aber ich hab kein Wort verstanden<<.
Mario grinste ihn peinlich berührt an und Marco konnte schwören, dass er ein wenig rot wurde.
>>Ich hab gesagt: Sorry, meine Mutter hat drauf bestanden<<. Er deutete auf das Brötchen in Marcos Hand und lachte. >>Ich hoffe es ist okay für dich das ich in deinem Auto esse und du bringst mich nicht um falls ich hier alles vollkrümele<<.
Marco gab ihm das das Brötchen wieder und Mario schnallte sich an.
>>Nein, ist schon okay. Ich will ja nicht das du während des Trainings umkippst weil du nichts gegessen hast. Es ist gut das deine Mutter drauf bestanden hat<<.
Marco lächelte den jüngeren an und dieser erwiderte ein paar Sekunden lang sein lächeln, bis er sich räusperte und das Radio lauter stellte.
>>Ich hasse dieses Lied<< grummelte Marco während er den Wagen zurück auf die Straße lenkte. Mario lachte und stellte das Radio noch lauter, um seinen besten Freund in den Wahnsinn zu treiben.

***

»Hey! Ich hab dir zwar erlaubt im Auto zu essen, aber knall gefälligst nicht so die Tür zu, du tust ihr weh«!
Mario konnte nicht fassen was Marco da gerade gesagt hatte. Mit hochgezogener Augenbraue sah er seinem besten Freund dabei zu, wie er die Tür und den Rahmen nach Spuren von Mario's "Brutalität" suchte.
»Marco, dass ist doch nicht dein ernst, oder? Das ist ein Auto, kein Lebewesen. Es besteht aus Metall. Und Plastik. Und der dämliche Name dem du dem Auto gegeben hast macht es auch nicht Lebendiger«.
Als Marco sich zu Mario umdrehte, grinste er sein dämliches grinsen. Mario rollte mit den Augen.
»Ich mach doch nur Spaß kleiner, denkst du wirklich ich wäre so verrückt«?
»Bei dir weiß man ja nie, Reus«.
Marco sah Mario gespielt beleidigt an und zog die Unterlippe vor. Mario starrte unbeirrt zurück, bis er sich wegdrehte und lachte.
»Okay sorry, war nicht so gemeint. Wie kommst du eigentlich auf die Idee das dein Auto eine sie ist«?

This Is How Galaxies Collide (german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt