Amateurfehler

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Als  ich das Plätschern des Wasserfalls höre, schaue ich von dem zettel auf  und sehe die bekannte Lichtung mit dem kleinen Wasserfall, der in einem  Teich endet. Ich gebe Soul das Zeichen zum stehen bleiben und steige  langsam ab. Mir fällt erst jetzt auf, dass ich nicht wie sonst den  kleinen Beutel mit meiner Beute dabei hatte. Den muss ich wohl bei der  Verfolgungsjagd verloren haben. Ich mache mir keine weiteren Gedanken  darüber, gehe zum Wasserfall und sehe das altbekannte Loch dahinter.  Ich  drücke mich an den Felsen und quetsche mich hinter dem Wasserfall  durch. Früher hatte ich das nie geschafft, doch jetzt habe ich Übung  damit. Ich drehe mich um und sehe meine kleine Höhle. Hier fühle ich  mich zu Hause. Ich schaue mich etwas um, vielleicht habe ich noch etwas  Essen hier, ich habe Hunger. Aber nein, nichts mehr da. Hier drin ist  es, dafür dass ich fast jeden Tag klaue, ziemlich leer. Die Leute in  meinem kleinen Dorf haben halt einfach nicht viel und das nehme ich  ihnen noch. Manchmal habe ich einen Anflug von schlechtem Gewissen, aber  was soll ich sonst tun, ich muss ja von irgendwas leben.

Ich  will nicht einsehen, dass hier nichts mehr essbares ist, Soul braucht  ja schließlich auch was zum Essen. Plötzlich erblicke ich in der Ecke  meinen Beutel. Wie kommt der denn hierher? Ich hatte ihn doch gestern  abend dabei und ich war seit dem nicht hier. Ich gehe etwas näher und  sehe, dass Rabenfedern daneben liegen. Schon das zweite mal, dass ich  was mit Raben zu tun habe... So langsam wirds komisch... Na ja, auf  jeden Fall ist der Beutel wieder da. Ich mache ihn auf und schaue rein.  Da, ein Apfel und ein Brötchen. Die beste Ausbeute war das ja nicht...  Aber immerhin habe ich jetzt was zu essen für Soul und mich. Ich nehme  beides raus und quetsche mich wieder nach draußen und laufe zu meinem  treuen Pferd, das inzwischen angefangen hat zu trinken. Ich setze mich  neben ihn und halte ihm den Apfel hin. Soul schaut mich dankbar an und  isst den Apfel in einem Stück. Er hatte ja auch schon seit Tagen nichts  mehr zu essen. Ich beiße genüsslich in mein Brötchen, auch wenn es nicht  gerade das frischste ist, es ist wenigstens etwas Essen.

Nachdem  ich fertig war, dämmerte es schon wieder, gute Zeit, um sich so langsam  auf den Weg zu meinem nächsten Raubzug zu machen. Soul war inzwischen  eingeschlafen und ich wollte ihn eigentlich nicht wecken, aber nochmal  ohne ihn, endet es wieder so wie letztes mal...
Also gehe ich zu ihm  und streichle ihn sanft "Aufwachen mein lieber, wir müssen mal wieder  los" sage ich liebevoll zu ihm. Sofort öffnet er langsam die Augen und  schaut mich an. So tief kann er nicht geschlafen haben, wenn er so  leicht wach wird. Er rappelt sich auf und bleibt stehen, damit ich  aufsteigen kann. Von alleine macht er sich auf den Weg zum Dorf. Die  Bäume rasen an uns vorbei und ich überlege, wo ich diesmal hingehen  soll. Ich war schon in fast allen Häusern und viel haben die dort alle  nicht, was ich gebrauchen könnte... Die einzige Möglichkeit wäre...  Villa Heathstone. Ich hatte mich nie getraut, dort einzubrechen, weil  sie überall Wachen haben. Aber sie sind wohlhabend und ich bräuchte  etwas, um meine Vorräte aufzustocken, so kann ich nicht mehr lange  überleben.

Soul  bleibt stehen und ich erkenne, dass wir da sind. Wir müssen uns immer  etwas außerhalb des Dorfes aufhalten, damit uns niemand bemerkt. "Zur  Villa Heathstone" sage ich zu ihm. Er bleibt kurz stehen, dreht seinen  Kopf so weit er kann und schaut mich unsicher an. Ich nicke  entschlossen "Wir müssen!" Er bleibt noch kurz stehen, doch dann setzt  er sich langsam und leise in Bewegung. Na ja so leise wie ein Pferd eben  laufen kann.

In Sicherheitsabstand der Villa bleibt Soul stehen und ich steige ab. Im Schutz der Büsche schleiche ich mich weiter. Schon erblicke ich den hohen Holzzaun. Ich schleiche mich etwas weiter und sehe ein kleines Loch im Zaun, gerade groß genug für mich. Ich krieche hindurch und kauere mich gleich in den nächsten Busch. Von dort aus kann ich gut alle Wachen sehen. Bis jetzt hat mich noch keine bemerkt und im Haus sind alle Lichter aus, also scheinen die Besitzer zu schlafen. Im unteren Geschoss war ein Fenster offen, was ich heute für ein Glück habe... Ich krieche weiter durch die Büsche, bis ich direkt gegenüber von dem Fenster sitze und schaue mich erneut um. Bemerkt hat mich immernoch keiner. Also husche ich schnell zum Fenster und springe rein. Volltreffer! Speisesaal! Auf dem Tisch steht erstmal eine volle Obstschüssel, das kann ich gerade so erkennen. Ich Husche hin und schütte schnell alles in meinen Beutel. Ich schaue mich weiter um und erblicke eine Vitrine, voll mit edelem Porzellan. Langsam schleiche ich hin und knacke das kleine Schloss mit Leichtigkeit. Vorsichtig lege ich ein paar Teller in meinen Beutel, die kann ich super verkaufen!
Plötzlich höre ich hinter mir ein rascheln und ich drehe mich ruckartig um. Mein Beutel knallt mit voller Wucht gegen die Vitrine, sodass sie umkippt. Erstmal verstehe ich nicht was passiert ist. Als ich mit meinen Gedanken wieder bei mir bin, renne ich voller Panik auf das Fenster zu und springe raus. Ich lande so, dass ich gerade so nicht umkippe. Ich ärgere mich so über mich selbst, was ein Amateurfehler...

RabenkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt