New York

6.6K 244 23
                                    


~ Drei Jahre später ~

Warum ich so einen Zeitsprung in meiner Erzählung mache? Ganz einfach, in den letzten drei Jahren ist nicht viel passiert.

Nachdem ich von Zuhause abgehauen bin, bin ich tatsächlich zu Tante Carolin nach New York gefahren. Allerdings habe ich sie erst angerufen, als ich schon in New York war, damit sie ja nicht auf die Idee kommt, mich wieder nach Hause zu schicken.

So kam es, dass sie mich bei sich aufgenommen hat und ich von da an bei ihr wohnte. Sie hat nicht einmal nachgefragt, was vorgefallen war, sie war einfach in den ersten Stunden schon eine bessere Mum als meine. Traurig aber wahr.

In New York habe ich dann irgendwie das letzte Schuljahr überstanden und einen halbwegs passablen Abschluss gemacht, um dann vor einer planlosen Zukunft zu stehen. Letztendlich war es Carolin die mir im ersten Jahr nach der Schule einen Parktikumsplatz besorgt hat, in einem Tattoostudio in Brooklyn.

Joe, ein 72-jähriger, voll tätowierter sechsfach Opa und Besitzer des Tattoostudios, der einen ein wenig an Hulk Hogan erinnert, war anscheint so begeistert von meiner Arbeit, dass er mir nach dem Praktikum gleich einen Job in seinem Laden anbot. Man verdient zwar kein Vermögen damit, aber es reicht definitiv zum Leben.

Zu meiner Tante habe ich immer noch regelmäßig Kontakt, auch wenn ich seit einem guten Jahr in Brooklyn meine eigene kleine Wohnung habe.
Wir telefonieren jede Woche und treffen uns ab und zu, je nachdem wie es ihre Schichten im Krankenhaus erlauben. Als Chefärztin der Kinderklinik ist sie so gut wie im Dauereinsatz. Ich glaube sie hat nicht einmal von Zuhause angerufen wenn wir telefoniert haben.

Zu der Frage, warum wir irgendwann nicht mehr zu ihr gefahren sind, bin ich allerdings bis heute noch nicht gekommen.

Als ich zu Carolin kam, fiel es mir zuerst ziemlich schwer irgendwo Anschluss zu finden. In der Schule war ich oft verschlossen, wurde zickig und verbissen wenn mich jemand angesprochen hat. Ich wollte einfach nur meinen Abschluss machen und gut ist. Die anderen haben mich auch in Ruhe gelassen.
Nur zwei nicht. Daisy und Henry.

Daisy ist mittlerweile meine beste Freundin, weil sie ebenfalls seit einem halben Jahr bei uns im Laden arbeitet, Henry ist mehr oder weniger mein Freund.

Ja, ihr habt richtig gehört, ich hab tatsächlich Freund gesagt. Auch wenn es eher für Henry eine richtige Beziehung ist, ich bin noch längst nicht so weit. Die Sache mit Jayden und Scott hat mich einfach nicht losgelassen.
Wahrscheinlich habe ich mich auch nur darauf eingelassen, weil ich der Meinung war, so mit der Sache abschließen zu können.

Ich habe lange gebraucht um überhaupt mit irgendeinem Kerl reden zu können, ohne ihn sofort zu hassen, weil er mich an einen der beiden erinnert.

Doch mit der Zeit hab ich es einfach aufgegeben, hab versucht damit abzuschließen, wobei Henry und Daisy mir ziemlich bei geholfen haben. Irgendwann hat Henry mich dann gefragt, ob wir mal zusammen ausgehen, aus einem Date wurden zwei, und so ging es munter weiter, bis wir irgendwann quasi zusammen waren. Auch wenn ich noch nicht mit ihm geschlafen habe.

Dass er mich noch nicht dazu gedrängt hat, obwohl wir seit acht Monaten zusammen sind, zeigt mir, dass Henry echt ein guter Kerl ist. Er liest mir jeden Wunsch von den Augen ab, ist fürsorglich und liebenswert. Und doch erwische ich mich immer wieder dabei, dass ich ihn mit Jayden vergleiche.

Die beiden sind so unterschiedlich wie Feuer und Wasser. Jayden ist eben ein Bad Boy und verhält sich auch so. Henry ist das komplette Gegenteil. Er hält nicht viel von Fast Food und dem ganzen Kram, ist zudem Vegetarier, Umweltschützer und absoluter Anti Raucher.

No more feelings?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt