Kapitel 3

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Nachdem Emily gegangen war, setzte ich mich zu meinen Eltern an den Küchentisch. Meine Mutter wollte mir gerade etwas von der Lasagne auf den Teller machen, doch ich lehnte dankend ab. Ich konnte gerade nichts essen. Wieder machte sich dieses flaue Gefühl in meinen Magen breit, wenn ich an die kommende Nacht dachte. Ich wollte nicht schon wieder diesen Traum erleben. Diesmal wollte ich wachbleiben. Egal wie.

Nach dem Essen half ich meiner Mutter beim Abräumen. Als ich sie ansah, sah ich wie müde sie aussah. ich nahm ihr den Teller aus der Hand, den sie gerade in die Spüle legen wollte. "Ich mach das schon. Leg dich etwas hin. Du siehst müde aus.", sagte ich sanft. Sie lächelte mich müde an und ging nach oben. Meine Mutter hatte Krebs im Endstadium. Die Ärzte gaben ihr noch maximal ein halbes Jahr. Es machte mich traurig, dass wir uns nicht so gut verstanden, obwohl wir beide wussten, dass sie nicht  mehr lange zu leben hatte. Traurig sah ich aus dem Fenster.
Unser Haus stand in einer Siedlung auf einem kleinen Hügel von dem aus man einen ganz guten Blick über die anderen Häuser hatten. Hinter den Häusern war der Wald zu sehen und ich konnte sehen wie die Sonne gerade hinter den Bäumen unterging. Man konnte noch einzelne Strahlen durch die Baumkronen spitzen sehen. In diesem Licht sah der Wald so friedlich aus.
Während ich den Wald betrachtete spülte ich die Teller ab. Unsere Spülmaschine war kaputt und da mein Vater so beschäftigt war, brachte er es einfach nicht auf die Reihe einen Reparateur anzurufen. Also blieb uns nichts anderes übrig als das schmutzige Geschirr mit der Hand zu waschen.

Ich runzelte die Stirn. Da war doch gerade etwas am Waldrand. Ich war der Meinung etwas oder jemanden dort rennen gesehen zu haben. Nein. Ich bin mir sicher. Da war es wieder! Es oder...er? Er blieb stehen und schaute in meine Richtung, zumindest bildete ich mir das ein.
Mein Herzschlag verschnellert sich. Ich ließ den Spüllappen fallen und rannte aus der Küche. Ich rannte in mein Zimmer und schnappte mir mein Handy. Ich musste ihn fotografieren um es genauer erkennen zu können, außerdem würde mir das sonst niemand glauben.
Ich rannte wieder nach unten und richtete mein Handy zum Fenster. Ich wollte gerade ein Foto machen aber da war nichts mehr. Keine Gestalt am Waldrand, nur die letzten Sonnenstrahlen die Schatten auf den Boden warfen. Hatte ich mir das doch nur eingebildet?
Langsam steckte ich mein Handy wieder weg und scannte mit meinen Augen noch einmal den Waldrand bevor ich mich wieder den Tellern in der Spüle widmete.

Ich lag in meinem Bett und starrte an die Decke. Es war 3 Uhr nachts. Ich wollte nicht schlafen. Krampfhaft versuchte ich meine Augen offenzuhalten, doch nach und nach wurden meine Augenlider immer schwerer und fielen schlussendlich doch zu. Der Tag war einfach viel zu aufregend und kräftezehrend gewesen.

Ich rannte so schnell ich konnte. Die Bäume huschten an mir vorbei. Meine Sicht wurde von den Tränen die in meinen Augen brannten vernebelt. Ich konnte deutlich die Schritte hinter mir hören. Jetzt waren sie rechts von mir und plötzlich prallte ich gegen etwas hartes. Ich viel zu Boden und stieß mir meinen Kopf. Schmerzhaft verzog ich das Gesicht. "Hat das der kleinen Prinzessin etwa weh getan?", vernahm ich seine Stimme "Du solltest wissen, dass man vor mir nicht wegrennt." Das letzte was ich sah waren seine strahlend blauen Augen, bevor er mir seine Zähne in den Hals rammte und alles schwarz wurde.

Ich schreckte auf. Schon wieder dieser Traum. Doch irgendwas war dieses Mal anders. Es war so kalt in meinem Zimmer, dass ich schon leicht zitterte und eine Gänsehaut bekam. Ich schaute zu meinem Fenster. Es war offen. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich es geöffnet hatte bevor ich schlafen gegangen bin.
Kurz sah ich mich in meinem Zimmer um bevor ich aufstand und zu meinem Fenster ging. Sicher war es nur meine Mutter gewesen die das Fenster geöffnet hatte.
Ein klarer Luftzug strich über meine Haut und ich zickte zusammen. Ich hatte das Gefühl nicht alleine zu sein doch noch immer konnte ich weder jemanden in meinem Zimmer noch im Garten oder auf der Straße vor unserem Haus erkennen.
Ich schloss das Fenster und ging zu meinem Nachttisch und schaltete meine kleine Lampe dort an, doch auch mit Licht konnte ich niemanden in meinem Zimmer ausmachen.

Ich krabbelte zurück unter meine Bettdecke, doch konnte nicht wieder einschlafen. Mir war unheimlich zumute. Ich wurde dieses Gefühl nicht los, dass irgendwer in meinem Zimmer war. Also stand ich auf und ging aus meinem Zimmer. Leise tapste ich durch den Flur zum Zimmer meiner Eltern. Ich weiß, dass ich mir 16 eigentlich zu alt bin um bei meinen Eltern zu schlafen. Aber das war mir gerade egal. Ich öffnete die Tür und spitzte hinein. Mein Vater stand gerade auf um zur Arbeit zu gehen. "Lyra? Was machst du denn hier?", fragte er verdutzt, als er mich bemerkte. "Darf ich bei euch schlafen? Ich hatte einen Albtraum", antwortete ich leise, um meine Mutter nicht zu wecken. "Ehm... Natürlich. Ich muss jetzt eh zur Arbeit. Du kannst auf meiner Seite schlafen" , antwortete er und sah mich dabei aber immer noch etwas verwirrt an.

Bevor er aus dem Zimmer ging drückte er mir noch einen Kuss auf die Stirn. Ich lächelte. Nachdem er gegangen war, kuschelte ich mich in die Decke. Sie roch so gut. So nach Zuhause. Ich hatte mich schon immer bei meinem Vater am wohlsten gefühlt. Als ich kleiner war, hat er mich immer getröstet, wenn ich mir weh getan hatte. Meistens sind wir dann zusammen in den Keller gegangen um uns ein Eis zu holen.
Doch dann wurde mein Vater befördert. Er war nur noch selten zuhause und ich zog mich immer mehr zurück. Ich verbrachte nicht mehr viel Zeit mit meiner Familie.
Ich seufzte leise und versuchte diese Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben.
Es dauerte nicht lange bis ich einschlief. Ich hatte mich schon auf den endlos wiederkehrenden Traum eingestellt der mich jedes Mal aufs Neue erwartete wenn ich einschlief, doch anders als zu erwarten, hatte ich dieses Mal einen traumlosen Schlaf.

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