Kapitel 1

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„Ach, Allie, bitte! Überleg's dir doch nochmal. Du hast dir die Musik von ihnen nicht ein einziges mal angehört, geschweige denn ein Auge auf sie selbst geworfen", versuchte mich meine beste Freundin Nicole von ihren Plänen zu überzeugen. Ja, IHRE Pläne. Seit diese One Direction-Typen bei X-Factor aufgetaucht waren, sabberte sie ihnen förmlich hinterher; Tag für Tag zog sie sich tausende von YouTube-Videos rein, trug T-Shirts, auf denen hinten in fetten Buchstaben HORAN oder TOMLINSON oder andere Namen draufstanden und drehte das Radio auf Höchstlautstärke, sobald sie auch nur einen Ton eines Songs von ihnen vernahm. Tut mir leid, aber ich habe mich nie so recht für diese fünf Jungs begeistern können. Na gut, ich muss zugeben: Schlecht sahen sie allemal nicht aus (ich hatte sehr wohl ein Auge auf sie geworfen, welches Mädchen hatte das nicht?) und sie waren nur ein ein paar Jahre älter als wir mit unseren 17 Jährchen. Die Musik war es, was mich störte, endlose Lovesongs waren einfach nicht mein Stil. Außerdem regte mich dieser ewige Trubel um sie auf. Die Reihen von Affären mit prominenten Frauen von dem Typen mit den lockigen Haaren (wie hieß er nochmal? Barry? Harry? Keine Ahnung), diese ewigen Larry, Niam, was-weiß-ich-was-es-noch-alles-gibt-Gerüchte, das Gehabe auf der Bühne ... eindeutig nicht mein Fall. Aber Mädchen wie Nicole fuhren voll drauf ab. In den letzten Jahren war es bestenfalls zweimal vorgekommen, dass ich mit meiner Freundin telefonieren konnte, ohne One Direction-Musik ins Ohr geplärrt zu bekommen.

Okay, ich sollte vielleicht nicht so rüde sein.

Und jetzt war Nicoles größter Traum – und mein gefürchtester Alptraum – Realität geworden: Sie hatte Karten für ein Konzert. Gewonnen beim Radio. Zwei Stück. An sich ja gar nicht so schlimm. Das Problem war nur: Sie wollte, dass ausgerechnet ICH mitkam. Ich kapierte ihre Logik nicht, sie wusste ganz genau, dass man mich mit diesen Jungs nicht haben konnte. Dennoch schien sie einfach nicht aufzugeben.

„Nici ... frag doch jemand anderes. An der Schule sind hunderte von Mädchen, die für eine solche Gelegenheit killen würden", brummte ich missmutig. Wie sollte ich mich aus dieser Klemme nur herauswinden? Ich konnte Nicole unmöglich enttäuschen (und ich WÜRDE sie zutiefst enttäuschen, wenn ich nicht mitging) und sie wusste das.

„Ich möchte aber dich dabeihaben. Du bist meine beste Freundin. Bei deinem Cro-Konzert letztes Jahr bin ich schließlich auch mitgegangen", jammerte Nici unter dramatischen Armbewegungen weiter, als ob sie einen Oskar für Schauspielerei zu gewinnen hätte. „Vielleicht findest du dann die Musik doch ganz toll und ...".

„Ganz bestimmt nicht", unterbrach ich sie, mein Ton eine Idee zu rüde.

Als Nicole eine verletzte Schnute zog und ihre Unterlippe zu zittern begann, seufzte ich. Mann. Wie schaffte es dieses Mädchen nur, mich zu allerhand zu zwingen, das ich beim besten Willen nicht wollte? Gut, das mit dem Cro-Konzert stimmte. Nici konnte mir nämlich genauso wenig etwas abschlagen wie ich ihr. Vielleicht hätte ich damals doch meinen langweiligen Bruder mitnehmen sollen ... „Okay okay! Verdammt, Nici, du bringst mich noch ins Grab! Wann ist das Konzert denn?". Damit ich mich geistig darauf einstellen und jetzt schon damit anfangen konnte, mit einem grauenhaften Gefühl darauf zuzufiebern.

Nicole juchzte so laut, dass sich alle Köpfe in der Cafeteria uns zuwandten und neugierig beobachteten, wie Nici mich über den Tisch hinweg umarmte. Die heiße Schokolade in den beiden Tassen, die darauf standen, schwappte bedenklich nahe an den Rand und drohte damit, sich über meine helle Jeans zu ergießen.

„Nici!", murmelte ich peinlich berührt von der Tatsache, dass irgenwo jemand kicherte. Aus den Augenwinklen sah ich, wie ein vielleicht zwölfjähriges Mädchen vom Nebentisch ihr Handy hervorzog und ein Foto von uns machte. Ihr Ernst?? Wahrscheinlich postete sie es dann auf Instagram mit dem Hashtag IrreLeuteRandalierenImCafé .

Night Of Captivity (1D-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt