Kapitel 11

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Natürlich hatten wir nicht so viel Glück.

Man rief in der Schule an und entschuldigte uns für diesen Tag, sodass ich den Rest des Vormittages im Bett verbrachte und versuchte, etwas Schlaf zu finden. Klappte nicht. Es waren einfach zu viele Gedanken, die mir durch den Kopf wirbelten und mein Gehirn zu einem nutzlosen Klumpen mutieren ließen.

Irgendwann warf ich meinen Laptop an und sah interessehalber die News durch.

Natürlich war der Überfall riesengroß drin und dramatisch beschrieben, nur hatten sie leider Gottes keine Fotos von den beiden Mädchen, mit denen Niall Horan und Harry Styles gefangen gehalten worden waren, erhaschen können.

Zufrieden sah ich mir die wenig aussagekräftigen Bilder an, die allesamt lediglich Polizisten, Absperrungen und den Laden mit dem Leichenwagen davor zeigten. Außer ...

Moment.

Ich erstarrte. Was war das? Das nervöse Kribbeln in meinen Fingerspitzen wurde unerträglich, während ich mich zurück nach oben scrollte, wo mir ein Bild ins Auge gestochen war.

Verdammt.

Einer dieser verdammten Fotografen hatte es tatsächlich doch geschafft, einen Schnappschuss zu machen. Als wir uns geküsst hatten. Glücklicherweise war es in meinem Rücken gemacht worden, sodass man nur ein dunkelhaariges Mädchen in T-Shirt und heller Jeans erkennen konnte, doch Niall ... Niall war unverkennbar. Komisch, zu diesem Zeitpunkt waren noch gar keine Fotografen anwesend gewesen. Vielleicht einer der Rettungskräfte? Nein, das war lächerlich, wieso sollten sie?

Unter dem Bild stand in riesigen Buchstaben: HAT ER SEINE ERSEHNTE PRINZESSIN ENDLICH GEFUNDEN? Auf einer anderen Website nur: WHO IS SHE?! mit mehr Ausrufe-und Fragezeichen als für eine Tastatur gut sein konnte.

Auf Instagram machte das Bild auch schon seine Runden. Entsetzt scrollte ich mich durch die unendlich vielen Kommentare, die Unglauben, Eifersucht und Aufregung zum Ausdruck brachten. Einige davon waren waren so gehässig, dass es mir einen Stich versetzte, doch ich wusste, dass ich darüber nicht bestürzt sein durfte. So lief es eben. Ich würde mich wohl oder übel mit Hatern abfinden müssen. Als ich den Laptop niedergeschlagen weglegte und mich müde auf die andere Seite drehen wollte, knisterte etwas in meiner Hosentasche.

Der Zettel von Niall. Ich hatte es nicht gewagt, ihn sofort zu entfalten und dann hatte ich ihn (ich schäme mich wirklich dafür!!) wahrscheinlich vergessen. Ich gab mir einen Ruck und faltete ihn auf. Stirnrunzelnd musterte ich die Anreihung von Zahlen, bis mir aufging, dass das seine Handynummer sein musste.

Niall Horan hatte mir seine private Handynummer gegeben. Grundgütiger!

Ohne zu zögern speicherte ich sie in meinen Kontakten, traute mich aber nicht, ihm sofort eine Nachricht zu schreiben. Ich wollte nicht wirken wie ein aufdringliches unreifes Mädchen, das es keine vierzundzwanzig Stunden ohne seinen Freund aushalten kann.

Seufzend schaltete ich das Radio an, in der Hoffnung auf gute Musik, doch selbst da war es schon in aller Munde.

Weder Niall Horan noch Harry Styles äußern sich zu dem erschreckenden Vorfall, der sich diese Nacht ereignet hat ...

Nächster Sender.

... ist bis jetzt in der Öffentlichkeit nicht bekannt, wer die beiden Mädchen sind und warum ...

Radio aus.

Nici war unerreichbar; vermutlich hatte ihre Schwester ihr das Handy abgenommen, damit sie sich auch wirklich ausruhte, also beschloss ich kurzerhand, sie einfach zu besuchen – sofern mich ihre bereits erwähnte Schwester reinließ. Meine Mutter hatte wahrscheinlich noch nicht mal gemerkt, dass mir überhaupt etwas zugestoßen war. Wie lange würde es für sie wohl dauern, es zu realisieren, wenn ich mal so für ein paar Wochen abhauen würde? Darüber wollte ich gar nicht nachdenken.

Nici erwartete mich schon wie auf heißen Kohlen. Als ich das Grundstück betrat, stand sie, als ob sie gewusst hätte, dass ich kam, schon ungeduldig in der Haustür und zerrte mich in die Wohnung, bevor ihre Schwester von meiner Anwesenheit Wind bekam.

„Ich wusste, dass du früher oder später kommst", sagte sie schlicht, während sie die Tür ihres Zimmers hinter sich schloss und sich neben mir auf ihrem unberührten Bett niederließ.

„Du bist also Niall Horans Freundin".

Ich sagte nichts. Das hatte sie ja wohl gesehen, oder?

Nici grinste. „Ich wusste, dass es irgendwann so kommt".

„Wie bitte?". Geschockt starrte ich sie an.

„Dass du diese Jungs irgendwann einmal mögen wirst".

„Ich kenne bis jetzt nur Niall und Harry". Ich warf einen Blick auf die One Direction-Poster an der Wand, an der Decke, das Ticket auf dem Schreibtisch ... überall lachte mir Nialls strahlendes Gesicht entgegen und steigerte meine Sehnsucht nach ihm ins Unerträgliche. „Ich bin gespannt auf das Konzert".

„Ich auch". Nici zappelte ein wenig. „Ich kann es immer noch nicht glauben. Wir haben Niall Horan und Harry Styles persönlich kennengelernt. Unglaublich. Weißt du, wie viele Mädchen dafür töten würden?".

Ich zuckte die Schultern. Natürlich hätte ich Niall ohne den Überfall nie und nimmer kennengelernt, aber die Umstände waren schon sehr ... einschneidend gewesen. Ich bezweifelte, dass man allzu viele solcher Mädchen finden würde.

Aber war es mir das alles wert? Die Antwort war klar: Natürlich.

„Tja, Al". Nici tätschelte mir wie einem Hund den Kopf. „Und ich werde mich damit abfinden müssen, dass meine beste Freundin bald berühmt ist".

Ich warf ihr einen weinerlichen Blick zu. „Das ist mein nächster Punkt. Wie soll ich das nur anstellen? Ich bin kein Weltstar".

„Waren 1D davor auch nicht. Die waren ganz normale Jugendliche wie du und ich. Und Schwups!  Siehe da! Jetzt nicht mehr", erklärte Nici vergnügt.

„Du bist eine ganz miserable beste Freundin", grinste ich und versetzte ihr einen Stoß. „Du wirst auch nicht verschont bleiben. Früher oder später kommt eh raus, wer die mysteriösen Mädchen sind".

„Boah, dann kriegen wir ganz viele Follower auf Instagram", scherzte Nici weiter, wurde dann jedoch wieder ernst. „Wir werden das schon irgendwie hinkriegen. Irgendwann verstummt der Trubel um diese Sache wieder und wir haben unsere Ruhe".

Ich nickte gedankenverloren. „Soll ich ihm schreiben?".

Nici machte große Augen. „Du ... du hast seine Handynummer".

Ich nickte, wobei ich mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen konnte.

„Mann Mann Mann, der muss dich ja wirklich mögen. Schreib ihm was!". Aufgeregt sprang sie auf und begann, im Zimmer hin und her zu wandern.

„Was denn?". Nervös drehte ich an einem der Knöpfe an Nicis Bettdecke. „Was soll ich ihm schreiben? Ich kann ja wohl kaum nur 'Hi' oder 'Wmd' schreiben!".

Nici verdrehte die Augen, als ob ich ein hoffnungsloser Fall wäre. „Schreib ihm doch einfach ... dass du dich auf das Konzert freust".

„Ich freu mich aber nicht auf das Konzert. Ich freu mich auf ihn".

„Himmel, Mädchen!", Nici warf die Arme in die Luft. „Tu's doch einfach".

Ich brummte eine widerwillige Antwort, befolgte aber ihren Rat. Nachdem ich die Nachricht noch tausendmal durchgelesen hatte, drückte ich mit aller Überwindungskraft auf Senden und ließ die aufgestaute Luft mit einem Zischen aus meinen Lungen entweichen. „Wahrscheinlich hält er mich jetzt für total bescheuert".

Das konnte ja heiter werden.


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Nach einer längeren Pause Kapitel 11 :)

Hier ein riesengroßes DANKE an Aylin für das wunderbare Cover! Es ist richtig richtig toll und es war total nett von dir, es für mich zu erstellen! <3

Bis zum nächsten Kapitel! :)


Night Of Captivity (1D-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt