3. Die Wahrheit

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"Ich bin wieder da, rief ich einmal quer durch die Wohnung, als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. "Bin im Schlafzimmer," hörte ich Marks Stimme mir antworten. Grinsend ging ich schnurstracks in besagtes Zimmer, nachdem ich meine nasse Jacke und Schuhe abgelegt hatte. Doch mein Grinsen verging mir, als ich sah, was mein Freund im Schlafzimmer tat.
"Du packst?," fragte ich ängstlich mit Blick auf die Reisetasche auf dem Bett. "Keine Angst kleiner, ich fahr nur ein paar Tage meine Eltern besuchen. Meiner Mutter geht es in letzter Zeit nicht so gut," ich wusste, dass er log. Ich konnte ihn nach bereits fünf Jahren Beziehung lesen, wie ein Buch und wusste somit auch, dass er, wenn er log, immer auf der Unterlippe kaute. Aber ich wusste auch, wo er wirklich hin fuhr. Er würde ins Krankenhaus fahren und danach in seine Wohnung, die er nicht gekündigt hatte, wie er es mir erzählt hatte. Ich natürlich gekränkt, dass er mir nicht die Wahrheit sagte und mir seinen Gesundheitszustand verschwieg, aber ich wusste auch, dass er nicht darüber reden wollte und respektierte dies. Stattdessen spielten wir uns beide eine heile Welt vor, die es schon seit Jahren nicht mehr gab.
Als er sich von mir verabschiedet hatte und gegangen war, ging es mir schlecht, wie jedes mal, wenn er mit irgendeinem beliebigen Vorwand, gefahren war. Warum erzählte er mir nicht die Wahrheit? Warum wollte er nicht zugeben, dass es ihm schlecht ging? Schließlich hatte ich auch ein Anrecht darauf es zu erfahren.
Die nächsten Tage verbrachte ich damit in Selbstmitleid zu baden, bis ich es irgendwie nicht mehr aushielt. Ich spürte doch, dass es Mark schlecht ging. Ich schnappte mir meine Autoschlüssel und machte mich auf den Weg zu Marks "alter" Wohnung.
Dort angekommen zögerte ich kurz, bevor ich entschlossen und energisch auf die Klingel drückte, bis der Summer mir den Eintritt ins Treppenhaus gewährte. Ich sprintete die Treppe hoch zur Wohnungstür und vor mir stand ein verwunderter und schwach wirkender Mark. Seine braunen Haare waren zerstrubbelt und wirkten matt, sein Gesicht war blass und eingefallen und seine Augen wirkten farblos, nur dieses glänzen, dass er immer bekam, wenn er mich sah, war er geblieben. Es fiel ihm sichtlich schwer sich auf den Beinen zu halten, denn er krallte sich förmlich an der Tür fest. Mit wenigen Schritten war ich bei ihm und zog ihn in meine Arme. Er ließ sich fallen und seine starke, gefasste Fassade fiel. Er klammerte sich mit aller Kraft an mir fest, als würde sein Leben davon abhängen und doch spürte ich so wenig Druck von ihm ausgehend. Seine kalten und schwitzigen Finger krallten sich in den Stoff meines Pullovers. "Woher weißt du es?," seine Stimme war ungewohnt schwach und kratzig, sodass es mir das Herz brach, seine sonst so wundervolle und liebliche Stimme zu hören. "Das ist nicht wichtig. Ich will nur, dass wir endlich ehrlich zueinander sind," flüsterte ich, während ich ihn mit mir aufs Sofa zog und uns zudeckte, da Mark trotz einer unglaublichen Hitze, die, wie ich vermutete, von seinen voll aufgedrehten Heizungen, aus ging, eiskalt war und zitterte. Er nahm sein Gesicht aus meiner Halsbeuge und sah mich mit tränengefüllten Augen an. "Ich bin krank... sehr krank und ich habe Angst Jenson," seine Stimme war nur ein Hauch, doch ich verstand trotzdem jedes Wort. Einzelne Tränen rannen über seine Wangen und bahnten sich ihren Weg. "Ich weiß, aber du schaffst das. Wir schaffen das!," sagte ich entschlossen. "Ich liebe dich," flüsterte er. "Ich liebe dich auch," sanft küsste ich seine Schläfe.
Seit dem Tag war ich immer an Marks Seite geblieben und hatte ihm immer beigestanden. Ich war nie von ihm gewichen, bis er seinen letzten Atemzug tat.

Formel 1 One Shots (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt