4. Kapitel

454 25 4
                                    

Für Sarosh

.
„Danke Taddl.", er vergrub sein Gesicht in meinem Pullover.
„Dafür musst du dich nicht bedanken, das ist doch Selbstverständlich.", erwiderte ich. Bei unseren ersten Treffen hatte er sich noch so stark aufgeführt, hatte mich abgewiesen und die Situation überspielt. Und nun war die Mauer zwischen uns gebrochen und er zeigte mir sein wahres Ich. Doch plötzlich löste er sich aus der Umarmung und Und kniff die Augen leicht zusammen, was mir signalisierte, dass er lächelte.

Ich spürte die ersten Regentropfen auf meiner Haut und zog mir somit meine Kapuze auf. Anscheinend würde es gleich wieder anfangen zu schütten, wie in den letzten Tagen. Der November hatte das nun mal so an sich. Für einen kurzen Moment beobachte ich noch wie die Regentropfen auf die Wasseroberfläche des kleinen Sees trafen, der sich gegenüber von der Bank befand. Doch ich wurde von Ardians Stimme aus meinen Gedanken geholt.
"Kommst du noch mit hoch in mein Zimmer?", Seine Stimme klang wieder fest und es lag etwas Euphorie drin.
„Gerne.", ich stand auf während ein Lächeln meine Lippen umspielte. Es freute mich, dass er noch Zeit mit mir verbringen wollte. Ich griff nach seiner Hand und wollte ihn zu mir hoch ziehen, doch das tat ich wohl mit etwas zu viel Schwung. Somit prallte er direkt gegen mich und ich ergriff ihn gerade noch rechtzeitig. Sonst würde er wahrscheinlich jetzt direkt neben mir auf dem Boden liegen. Ich wusste nicht ob ich lachen sollte und verkniff es mir daher, da wir eben noch über ein ziemlich ernstes Thema gesprochen hatten. Doch die Entscheidung nahm Ardian mir ab, indem er los prustete.
„Junge, pass doch auf!", lachte er mich an. Es war das Erste Mal, dass ich Ardian Lachen sah, hörte, auch wenn ich seinen Mund wegen des Mundschutzes nicht sehen konnte. Nur wegen den Lachfalten unter seinen Augen konnte ich dieses als Lachen entziffern. Ich konnte mir zu gut vorstellen wie wunderschön sein Lächeln sein musste. Ich selber musste ebenfalls lächeln.
Er legte seinen Arm auf meine Schulter und wollte mir damit wohl sagen, dass er zurück wollte, also ließ ich mit meinen Augen von ihm ab. Zusammen gingen wir ins Gebäude, während sein Arm immer noch auf meiner Schulter ruhte. Mittlerweile hatte es schon begonnen ziemlich stark zu regnen. Also probierte ich so schnellst wie möglich in den Eingangsbereich zu kommen. Als wir diesen betraten und ich den Schalter für den Aufzug betätigen wollte wurde ich durch ein lautes Geschrei unterbrochen. Felix.
„Ey, Taddl!", schrie dieser und sobald ich mich versah stand eben genannter neben mir.
„Wo warst du heute beim Mittagessen? Hab dich gar nicht gesehen?", sagte er und legte dabei seine Stirn in Falten.
„Oh, sorry ganz vergessen. Hab heute mit Ardian gegessen." Felix blick galt nun Ardian, wessen Arm immer noch auf meiner Schulter lag.
„Hey", sagte dieser und probierte sich dabei seine nassen Haare aus dem Gesicht zu streichen.
„Ach", zwinkerte Felix mir zu. Ich legte einen Finger an meine Lippen um ihm zu signalisieren, dass er nichts mehr sagen sollte, da ich echt nicht vor hatte, dass Ardian erfuhr wie ich probiert hatte Felix nach ihm auszuquetschen. Ich wollte nicht, dass er mich für Aufdringlich oder sonstiges hielt.
„Dann lass mal morgen zu dritt zu Mittag essen, nicht das ich wieder alleine ohne meinen geliebten Taddl essen muss.", lachte Felix.
„Yo, mal schauen.", lächelte ich Felix entgegen, da ich nicht wusste ob Ardian Lust auf Felix oder überhaupt mich hatte. Doch Ardian nickte.
„Gut, dann bis morgen. Und euch noch viel Spaß.", lächelte Felix neckisch. Ich sagte nichts und verabschiedete mich von Felix mit einem kurzen Handklatscher, da der Aufzug gerade kam.

In Ardians Zimmer angekommen schloss ich die Tür hinter uns und setzte mich neben ihn aufs Bett.
„Wieso trägst du eigentlich den Mundschutz? Hört sich jetzt wahrscheinlich dumm an, aber erst dachte ich das der irgendwas mit deiner Krankheit zu tun hat." Er lachte auf. Ich liebte sein Lachen jetzt schon.
„Ne damit hat es nichts zu tun.", lachte er.
„Also. Kennst du Nok? Das ist ein Musiker und die Leute in seinen Musikvideos tragen die auch immer. Ich fand das cool und hab mir auch welche geholt.", sagte er stolz.
„Achso. Nein, den kenne ich nicht. Aber, dann weiß ich ja was ich heut Abend google.", lachte ich...
"Ja warte... das musst du mir jetzt aber erklären... wie weißt du, dass er einen Mundschutz in seinen Videos trägst, naja... wenn du nichts sehen kannst?", als ich die Frage ausgesprochen hatte, fing er an zu lachen. Wo war verdammt nochmal der Ardian von vor 2 Stunden geblieben?! Dieser zerbrechliche, ruhige und naja nicht wirklich fröhliche Junge, der einem... okay, mir zuerst die kalte Schulter gezeigt hatte.
Plötzlich wurde er wieder Ernst und setzte an, um auf meine Frage zu Antworten:
"Ich bin doch nicht mein ganzes Leben lang blind gewesen. Das ist eine Entzündung, die aber Blindheit oder schlechtes sehen hervorruft... ich hab das erst etwa nen halbes Jahr... und ist ja auch hoffentlich bald geschafft...bis ich wieder was sehen kann.", zum Ende hin wurde er wieder leiser. Wie er vorhin gesagt hatte... er hatte Angst. Also schloss ich ihn nochmal in meine Arme. Leicht lehnte er sich gegen mich.
"Du schaffst das.", versuchte ich ihn aufzumuntern. Beiläufig schaute ich auf mein Uhr...
"Ardian... ich muss langsam mal los...", sagte ich. Er löste sich aus unserer Umarmung..."Wie lange bist du eigentlich noch hier?"
"Also die Ärzte meinten diesen mal kann es etwas länger dauern, weil es die letzte Therapie ist... ich weiß es nicht, aber auf jeden Fall noch 3 Tage..."
"Ok, ich komm Übermorgen nochmal, Ja? Da bin ich sowieso hier...", langsam stand ich auf.
Ich ging aus dem Krankenhausgebäude raus, in die dusteren Straßen Köllns. Das war also jetzt Ardians letzte Therapie und danach könne er wieder etwas sehen... Plötzlich stach mich ein Gedanke...

Wie wird er reagieren, wenn er mich sieht?

________________

Liebe macht blind ~TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt