33. Kapitel- Der Spiegel zeigt eine Elfe

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33. Kapitel

Langsam streife ich mir, das schon wohlbekannte, braune Kleid über.  Irgendwie macht mich der Geruch des Kleides glücklich, ich habe das Gefühl das die kleine, braune Borte oben an dem Ausschnitt und die kleinen, dettaillierten Falten unten an dem Kleid zu mir gehören. Meine blauen Haare stecke ich zu einem lockeren Dutt zusammen. Kurz bevor ich nach unten gehen will bemerke ich das neben der Leiter ein Spiegel steht. Er ist so groß das ich mich bequem ganz darin betrachten könnte und hat am Rand ein fein Verzierten streifen. Ich gehe ein zwei Schritte näher um mir die Verziehrung genauer anzugucken. Überrascht erkenne ich einen Rextos der sich über eine Elfe beugt. Sein Gesicht wutverzerrt, ihres vor Angst geweitet. Die Elfe hat einen leichte lockige Haare die ihr bis zur Teile gehen. Bekleidet ist sie mit Blütenblättern, demnach muss es sich hier um eine Sage handeln. Keine normale Elfe würde Blütenblätter tragen. Mit der einen Hand hält der Rextos die Elfe auf dem Boden gedrückt und in der anderen Hand hält er etwas das aussieht wie ein zerknittertes Papier. Ich kneife meine Augen zusammen und gehe noch näher mit meinen Gesicht an den Spiegel heran. Erst jetzt erkenne ich das die Elfe Flügel hat, eher geagt einen Flügel. Der andere ist festgekrallt in der Hand des Rextos. Doch auch der andere Flügel ist nicht mehr ganz: an der einen Seite ist schon die rechte Spitze abgeknikt und in der Mitte ist er aufgerissen. Diese Verziehrung läuft ohne Frage auf die eine Sage hinaus. Die Elfe ist Vanilla und...

"Snow ist meine Schwester! Es ist klar das ich sie liebe. Auf eine andere Weise, das musst du doch verstehen, du hast auch Geschwister!" Gentians Stimme klingt aufgebracht, genervt. "Weißt du was? Es ist mir total egal ob du in sie verliebt bist, egal auf welche Weise." Bei den letzten Worten kippt die Stimme, die mit Gentian spricht. Bellis Stimme. "Du liebst deine zwei Brüder doch auch oder nicht?" fragt Gentian nun etwas sanfter als vorher. Als Bellis antwortet kann ich mir ausmalen wie ihr Gesicht dabei aussieht: Unsagbar wütend, verletzt und traurig zugleich. Doch wieso sie sich so aufregt kann ich mir eher schlechter vorstellen!

"Das sah sehr nach brüderlicher Liebe aus, als du sie oben in deinen Armen gewiegt hast. Du toller großer Bruder!... Sie ist nicht mal deine richtige Schwester, das bildest du dir ein, du versteckst dich selber vor deinen Gefühlen weil du Angst hast sie könnte es herausfinden wenn du es vor dir selber zugibst." Ich kann förmlich sehen wie Gentian sich erschrocken umguckt, doch Bellis fährt unsanft in der gleichen Lautstärke fort. "Eine Halbelfe als Halbschwester anzusehen ist lächerlich! Das gibt es vielleicht im Menschenreich, soweit ich mich errinnern kann hast du mir einmal davon erzählt, aber niemals hier!" Bei den Worten Halbschwester und Halbelfe zucke ich zusammen. Ich konnte Bellis aus irgendeinem Grund schon von Anfang an nicht austehen doch so etwas hätte ich ihr nicht zugetraut. Ich merke wie meine Augen anfangen zu brennen doch gewaltsam reiße ich mich zusammen . Snow, du kannst nicht immer anfangen zu weinen, so als wärst du ein kleines Baby!

"Ich bin auch ein Halbelf und deine Vorschriften von wegen Schwester oder nicht die sind mir total egal!" Seine Stimme klingt jetzt bedrohlich, so das ich mich selbst hier oben am liebsten in eine Ecke verkriechen würde. "Geh, ich befehle es dir!" Von unten dringt ein lauter Schluchzer, dann ist es totenstill.

Ich atme schnell und meine Brust hebt und senkt sich, meine Nasenflügel beben vor Erregung, Wut und verwirrt sein. Das was Bellis gerade gesagt hat bildet sie sich sicher nur ein. Doch ich merke schnell das ich mir das nicht glaube. Alleine wäre ich nie darauf gekommen das Gentian in mich verliebt sein könnte doch jetzt... Es wäre jedenfalls nicht unmöglich! Ich setzte mich so wie ich bin auf den Boden. Der Spiegel zeigt eine Elfe, eine Halbelfe! Die blauen Haare unordentlich, halb hochgesteckt. Das braune Kleid, etwas zerknittert aber dennoch sehr natürlich und hübsch. Es passt gut zu den indigoblauen Haaren. Die Haut der Elfe ist blass, so als hätte sie mehrere Tage in der Dunkelheit verbracht...

Plötzlich fängt mein Rücken an zu schmerzen. Ein unangenehmes Zieppen durchdringt mich, Flügel. Langsam kommen sie zum Vorschein, meine Flügel. Die Elfenversammlung kann noch nicht sein also muss Gentian?! Ein lautes Flattern am Fenster lässt mich aufspringen und in Richtung Fenster wirbeln. Die Monstertaube. Sie landet geschickt auf dem Fensterbrett und streckt vorsichtig ihren linken Fuß aus. An ihm ist eine kleine Hülse befestigt. Vorsichtig gehe ich auf die Taube zu, auch wenn Vanda sagt sie sei ungefährlich habe ich immer noch Respekt vor ihr. Nach kurzem Zögern löse ich die Hülse von ihrem Bein. Die Taube bleibt unbewegt sitzen und guckt mich mit ihren Kalten, blauen Augen an. Ich gehe zwei Schritte nach hinten, dann öffne ich die kleine Hülse. Ein zusammengeknüllter, dreckiger Zettel kommt zum Vorschein. Ich falte ihn vorsichtig auf und die ordentliche Schrift von Gentian wird sichtbar.

Komm bitte, ich muss mit dir reden! Ich warte auf dich bei der kleinen Lichtung, an Cin´s Grab.                                                Gentian  

Über was er mit mir reden will ist mir sofort klar. Wahrscheinlich will er mir ein Liebesgeständnis machen oder ähnliches. Allerdings habe ich darauf wenig Lust, denn ich habe keine Ahnung ob ich etwas für Gentian empfinde. Wenn ich ihm sagen würde das ich ihn nicht genauso liebe würde ich vielleicht unsere ganze Freundschaft, oder wie auch immer man das nennen soll, zerstören. Würde ich ihm sagen das ich ihn liebe würde ich ihn betrügen...         

... Nach einer geschlagenen Viertelstunde des hin und her Überlegens entschließe ich mich trotztem zu gehen. Zu fliegen! Obwohl es mir nicht besonders gut geht bei dem Gedanken Cinjas Grab zu besuchen. Ich habe keine Lust nach unten zu laufen, ich schwinge mich aus dem Fenster und fange an kräftig mit den Flügeln zu schlagen. Ein kurzes Glücksgefühl überströmt mich das aber gleich wieder verschwindet als ich die Rauchsäulen am Himmel sehe die am Horizont aufsteigen. Ich beschleunige meinen Flug denn die Feuer machen mir Angst. Ich verschließe mich vor dem Verlangen so schnell wie möglich zurück zu fliegen, vielleicht hat Gentian diese Feuer, oder besser gesagt ihren Rauch nicht gesehen, dann müsste ich ihn warnen. Dort müssen Wesen sein, die Feuer sind viel zu klein um Waldbrände zu sein. 

Erleichtert entdecke ich die Lichtung, und lande. Gentian sitzt auf dem einem Flachen Stein und guckt in den kleinen Bach. Kurz denke ich Cinjas Leiche in dem Wasser schwimmen zu sehen doch diesen Gedanken fege ich mit einer energischen Kopfbewegung weg. Ich gehe ein, zwei Schritte auf Gentian zu. Sein Körper schüttelt sich immer wieder und mit entsetzen merke ich das er weint. Ich unterdrücke das Verlangen einfach wieder wegzufliegen, ich bleibe einfach stehen ohne einen Wort zu sagen oder ein Geräusch zu machen. Kurz hebt sich sein Kopf und ich folge seinem Blick. Er führt zwischen den zwei kleinen Sträuchern nahe am Fluß vorbei. Und der Anblick der sich mir jetzt offenbart schlägt mich wie eine eiserne Faust. Ich sacke zusammen, so leise das Gentian mich nicht bemerkt. Eisig, kalte Tränen strömen über meine Wangen. Die unendliche Trauer drückt mir wie ein Seil die Kehle zu. Cinjas Grab. Ein kleines, geschnitztes Holzkreuz steht vor einem Stein der ungefähr so groß sein muss wie ein achtjähriges Kind. Er ist mit Blumen verziert, rote Blumen. Das rot hebt sich von dem ungewöhnlich dunklem Stein ab und erweckt so das Gefühl es seien blutende Blumen. Auf dem Stein ist der Name Cinja eingraviert. Und das schlimmste ist, statt einem Hügel ist in dem Grab ein rießige Loch, Cinja ist weg. Oder eher ihr Körper... Ich kann keinen Ton von mir geben, ich liege nur da und krümme mich von den heftigen Schluchzern die mich zu zerbrechen drohen. In diesem Moment denke ich an nichts, mein Gehirn scheint wie ausgelöscht zu sein. Langsam wird alles dunkel vor meinen Augen und ich habe kurz die Hoffnung erlöst zu sein, erlöst von dem ganzen Leid der Welt... Du hast sie umgebracht. Du hast sie mit umgebracht, wenn du sie nicht berührt hättest hätte sie vielleicht noch überlebt!

Etwas zieht mich ruckartig hoch. "Wie lange bist du schon hier, Snow, antworte mir!" In Gentians Stimme liegt etwas befehlendes, so als ob er mir befehlen würde die Augen auf zu machen. Nur wiederwillig schaue ich ihm ins Gesicht. Seine Augen sind gerötet doch etwas entschlossenes liegt darin. Er zieht mich nun vollends auf die Beine und geht ohne Rücksicht auf mich zu nehmen wieder zu dem Stein am Bach zurück. Er bedeutet mir mit seiner Hand zu ihm zu kommen. Er strahlt etwas herrisches aus, etwas das mir gar nicht gefällt! Doch ich setzte mich in Bewegung und komme in innerhalb von ein paar Sekunden bei Gentian an. Er guckt mich nicht an, bedeutet mir aber das ich mich neben ihn setzten soll. Dann wendet er seinen Kopf und guckt mir direkt in die Augen. Sein Gesicht ist verzerrt, vor Hass. "Du warst es."

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