44. Kapitel- Vielleicht hat dich der Krieg geprägt oder einfach verändert

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44. Kapitel 

Vielleicht hat dich der Krieg geprägt oder einfach verändert

Ich sehe Krone, sie liegt in ihrem Lieblings Korb und schnurrt. Nein, sie schreit! Sie schreit schrill und hysterisch nach Soléy. Nicht wirklich wie eine Katze. Die Decke die in ihrem Korb liegt fängt an Wellen zu schlagen und bäumt sich in mächtigen Wogen auf. Das geblühmte Muster mit den Rosen verwandelt sich in eine abgrundtiefe Schwärze. Fast habe ich das Gefühl darin zu versinken, wie schon so oft. Ich bin schon zu oft im dunklen gefangen gewesen...
"Snow, was machst du denn in meiner Suppe?"  Dampf wandert durch die Luft. Er versucht mich zu ersticken. 
"Snow, ich habe Hunger und du versaust mir den Appetit!" Lillian steht vor mir, seine Hände in die Seite gestützt und funkelt mich aus roten stechenden Augen an.
"Lass meine selbst gekochte Suppe in Ruhe!" seine Stimme ist hysterisch und hoch. Es ist nicht seine Stimme, sie ist von jemanden anderen. Auf einmal verformt sich Lillians Gesicht zu Soleys raubtierartigen Gesicht. Und ihre Fingernägel, sie sind so lang.
Und dann kommt das Feuer. Es verbrennt alles was es noch gibt, alles schöne. Die Bäume fallen krachend um und ihre Wurzeln werden dem Erdboden entrissen. Die Elfenwelt bebt. Sie hat zu viel von ihrer Kraft verloren. Das Feuer lodert, lodert und verschlingt alles was sich ihm in den weg stellt. Bald, denke ich, bald wird alles weg sein. Dann ist das Leiden vorbei...  
...Das Feuer erfasst mich. Ich bin nicht einmal überrascht. Und es ist so heiß. So unglaublich heiß. Als erstes merke ich wie meine Wunde Feuer fängt. Der Schmerz ist nicht allzu unbekannt, er brennt und entzieht mir alles, alles außer den Schmerz.

Der Schmerz ist nicht weg. Er geht auch nicht. Er wird auch nicht schwächer. Es ist meine Wunde, die genauso wie in meinem Alptraum brennt. Feuer gefangen hat. 
Ich bin so mit dem Schmerz konfrontiert das es mich eine Weile kostet, bis ich merke wo ich hier gerade bin.
"Snow..." Carter beugt sich über mich und nimmt mich in seine Arme. Er guckt mich an. Ich habe kurz das Gefühl das ich glücklich bin, aber dann purzelt auch die restliche realität wieder zu mir zurück. 
"Wo ist Gentian?" Carters Umarmung ist fest, gleichzeitig dient sie dazu mich fest zu halten. Ich bäume mich auf um ihm zu entkommen. 
"Ruhig, ruhig, er lebt noch. Ihm geht es gut" Carter beißt die Zähne zusammen. Ich kann nicht erkennen was er denkt. 
"Ist irgendwas? Du guckst so-" 
"Es ist gar nichts, mach dir keine Sorgen"
"Wieso, was ist-"
"Es ist nur, du hast dich so verändert" 
Schweigen. 
Er hat irgendetwas um uns gelegt, was uns von den anderen fern hält. Ich merke es an der plötzlichen Stille. Aber was meint er damit? Was meint er mit verändert? 
"Was meinst du?" Ich gucke ihn gerade heraus an. Mein Blick ist aufeinmal eisern. 
"Du hast dich verändert. Damit meine ich das du wie jemand anderes bist. Du wirkst Erwachsener nicht mehr so lustig und... Ich weiß nicht vielleicht hat dich der Krieg geprägt oder einfach verändert. Ich habe das Gefühl als wärst du jemand anderes, als würde ich dich nicht kennen:" 

Es ist ein kalter Blitz. Er fährt in mich wie das Feuer in meinem Traum. Vielleicht ist er das Feuer in meinem Traum. Nicht alle Träume sind nur Träume. Vielleicht war dieser Traum kein Traum sondern die Zukunft, die Zukunft die ich von mir und Carter so anders geplant hatte. Die ich mir so anders ausgemalt hatte. Doch nur diese paar Worte scheinen alles zu zerstören. Oder nicht nur scheinen, sie zerstören. 

"Jeder weiß das man sich durch einen Krieg verändert." Ich drehe mich um, ich kann ihn nicht mehr anblicken. Es ist vorbei. Ich sehe Gentian, renne zu ihm. Es ist ein reines Schlachtfeld. Mehrere Elfen haben den Weg zu uns gefunden. Krieg. Krieg. Krieg. Verdammter Krieg. Aber ich kann nicht weinen. Ich kann nur alles in mir aufsammeln zusammen sparen und zusammen quetschen. Ein Schwert schlittert auf dem Boden entlang. Ich ergreife meine Chance und nehme es an mich, hoffentlich hat es keiner Elfe gehört. Gentian scheint keine Zeit für mich zu haben, jedenfalls sieht er mich nicht und kämpft. Alles um mich herum kämpft. Doch nirgendswo erkenne ich jemanden; nicht Sóley, nicht Lorenz und auch nicht mehr Carter. Er ist wie vom Erdboden verschwunden. Nur Gentian ist in meinem Blickfeld, doch auch er scheint unendlich weit weg zu sein. Ich suche die Ecken ab. Gucke überall wo er sein könnte. Doch Lorenz ist nirgendswo. Meine Wunde brennt, meine Ohren tuen mir vom ganzen Lärm weh. Niemand scheint mich zu bemerken. Ich frage mich wie man so schnell vergessen kann das ich die Prinzessin war. Sobald man um sein Leben kämpfen muss ist die Prinzessin unwichtig, klar. Wie konnte ich nur denken das es anders sein würde? Das alle für mich kämpfen würden, und mich beschützen. Aber vielleicht dachte ich das auch gar nicht.

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